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M&G über fossile Brennstoffe: "Das Ende ist besiegelt"
Anhand der jüngsten strategischen Entscheidungen Saudi Arabiens und des Rockefeller Family Funds nimmt M&G Fondsmanager Wolfgang Bauer das Schicksal fossiler Brennstoffe unter die Lupe.
M&G Investments
| 29.04.2016 14:00 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Ohne Frage hat die Ölbranche schon bessere Zeiten gesehen. Abgesehen vom gegenwärtigen Kummer über Preise zwischen 30 und 40 US-Dollar pro Barrel stellen sich Fragen zur langfristigen Überlebensfähigkeit des branchenspezifischen Geschäftsmodells insgesamt. Man nehme nur die Rockefeller-Dynastie und Saudi Arabien – zwei Synonyme für riesige, mit Öl geschaffene Vermögen. Der Rockefeller Family Fund hat gerade verlautet, sich aus Exxon Mobil, einem direkten Nachfolger von D. Rockefellers Standard Oil, und anderen Unternehmen im Bereich fossiler Brennstoffe zurückzuziehen. Als Grund wurde angegeben, dass es „wenig Sinn macht, weder finanziell noch ethisch, an diesen Unternehmen beteiligt zu sein“. Saudi Arabien hat währenddessen seine Pläne angekündigt, einen Investmentfonds mit einem Volumen von 2 Billionen US-Dollar aufzulegen, um die Post-Öl-Ära für das Land einzuläuten. Zugeben, dies sind mehr anekdotische Beweise für die gegenwärtig schwierige Lage der Branche, doch könnte es durchaus wirklich der Fall sein, dass die Zeichen der Zeit eine deutliche Sprache sprechen.
Um ehrlich zu sein, hat es mich als gelernter Chemiker immer überrascht, wieso fossile Brennstoffe auf der globalen Energiebühne solch eine dominante Rolle übernehmen konnten. Genau betrachtet sind sie keine so offensichtliche Wahl. Im Grunde ist die Verbrennung fossiler Brennstoffe lediglich eine umständliche und wenig effiziente Methode, Kernenergie zu nutzen (siehe die Abbildung unten).
Als Nebenprodukt der Kernfusionsprozesse in der Sonne wird elektromagnetische Strahlung (d.h. Sonnenlicht) freigesetzt. Auf der Erde wandeln Pflanzen die Sonnenenergie in chemische Verbindungen, um komplexe Kohlenwasserstoffe zu schaffen, die dann von Tieren metabolisiert (d.h. gegessen) und in weitere Biomoleküle konvertiert werden. Wenn Pflanzen und Tiere sterben, wird ihre organische Materie unter bestimmten Umständen dann über Millionen von Jahren in fossile Brennstoffe umgewandelt. In diesem Sinne sind fossile Brennstoffe erneuerbare Energieträger, wenn auch auf extrem lange Sicht. Wir graben diese fossilen Brennstoffe aus, verarbeiten sie und verbrennen sie letztendlich, um die in ihren chemischen Verbindungen gespeicherte Energie in mechanische Energie oder Hitze zu konvertieren. Der gesamte Prozess ist hoffnungslos ineffizient, da bei jedem Schritt in der Konversion Energie „verlorengeht“ (sie geht nicht tatsächlich verloren, sie wird vielmehr in nutzlose Energieformen wie Abfallwärme verwandelt). Der letzte Schritt ist besonders irritierend, da die Effizienz von Verbrennungsmotoren weit unter 50% liegt. Dies ist aber leider kein Problem, das sich mit ein wenig Ingenieurswissen beseitigen lässt, denn es handelt sich um eine notwendige Konsequenz, die sich direkt aus den Gesetzen der Thermodynamik ergibt. Wir belassen es dabei…
Öl hat aber noch weitere Nachteile, z.B.:
Endliche Verfügbarkeit, da die Geschwindigkeit des Verbrauchs deutlich höher ist als die der Reproduktion
Auswirkungen auf die Umwelt durch die Förderung und den Abbau, Transport und die Verbrennung von Öl (Lecks, Boden- und Meeresverschmutzung, CO2-Emissionen etc.)
Komplexe Infrastrukturen (Pipelines, Öltanker, Raffinerien, Tankstellen etc.), deren Aufbau und Wartung kostspielig ist
Und nicht zu vergessen die Opportunitätskosten. Sollten wir angesichts unserer Bereitschaft, all diese Nachteile zu akzeptieren, nicht zumindest das Beste aus der Situation zu machen? Die Verwendung komplexer Mischungen aus organischen Molekülen als biologische Vorstufe in komplexen Polymersynthesen macht aus Sicht eines Chemikers Sinn. Petrochemische Rohstoffe machen allerdings lediglich einen sehr geringen Teil (ca. 2%) aller Produkte aus, die aus Öl gewonnen werden (siehe die Abbildung unten). Mehr als 80% der Produkte (Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin) werden schlichtweg in Verbrennungsmotoren und Industrieöfen verbrannt. Offen gesagt eine ziemliche Verschwendung.
Warum aber spielen denn fossile Brennstoffe und insbesondere Öl eine so dominante Rolle? Warum werden fast alle Autos immer noch von Verbrennungsmotoren angetrieben und nicht von Elektromotoren? Das Schlüsselwort ist Energiespeicherung, der einzige Bereich, in dem fossile Brennstoffe das Maß aller Dinge sind. Dies hat tief greifende praktische Folgen, insbesondere in Bezug auf den Transport. Fahrzeuge mit auf Mineralöl basierenden Treibstoffen sind relativ leicht. Für jede beliebige Distanz müssen sie nur eine relativ geringe Menge an Kraftstoff bei sich tragen. Das ist genau das Problem, mit dem sich Elektromobilitätskonzepte im Augenblick konfrontiert sehen. Eine elektrische Batterie mit einem Gewicht von 1 kg kann nur einen kleinen Teil der Energie speichern, die in 1 kg Benzin, Diesel oder Kerosin enthalten ist. Solange sich Batterien während des Fahrens nicht selber aufladen (das ist noch Zukunftsmusik), müssen die Nutzer entweder eine begrenzte Reichweite in Kauf nehmen oder jede Menge Batterien mit sich führen, doch würde dies wiederum zu weniger Effizienz führen.
Gegenwärtig werden umfangreiche Ressourcen in das Research elektrischer Batterien investiert, und Batterien können in der Folge deutlich an Boden gut machen und ihre Aufholjagd auf fossile Brennstoffe beginnen (siehe Jims Blog). Gleichzeitig werden erneuerbare Energien und insbesondere Solarenergie zunehmend kosteneffizienter. Sobald der Abstand bei der Lagerung zwischen den einzelnen Technologien kleiner geworden ist, werden wir einen Umschlagpunkt erreichen, ab dem die Argumente für die Nutzung fossiler Brennstoffe an Gültigkeit verlieren. Wie schon bei anderen technologischen Umbrüchen in der Vergangenheit werden die Konsequenzen auch in vorliegendem Fall gravierend sein (siehe Abbildung unten).
Wolfgang Bauer, M&G Investments
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