1. Werden die Wahlen einen großen Einfluss auf die Märkte haben?
Die Reaktion der Märkte viel bisher gedämpft aus. Ja, es wird eine neue Führung in der österreichischen Regierung geben, weil die Sozialdemokraten (SPÖ) des amtierenden Bundeskanzlers Christian Kern die Wahlen verloren haben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Sebastian Kurz von der konservativen ÖVP der nächste Bundeskanzler wird. Dieses Resultat ist keine Überraschung, weil es die meisten Prognosen vor den Wahlen so vorausgesagt haben.
2. Muss man sich Sorgen machen, weil Sebastian Kurz erst 31 Jahre alt ist und damit der jüngste Ministerpräsident der Welt wird?
Trotz seines jungen Alters ist Sebastian Kurz beim besten Willen kein politischer Newcomer. In der Tat amtiert er seit Dezember 2013 als österreichischer Außenminister. Zuvor war er seit 2011 Staatssekretär für Integration.
3. Was sind die breiteren Auswirkungen der österreichischen Wahlresultate?
Die Wahlen in Österreich waren auf der einen Seite ein Echo der Resultate der deutschen Wahlen vor drei Wochen. Es scheint in Teilen Europas eine generelle politische Stimmung in Richtung einer rechtskonservativen, nationalistischen Agenda zu geben. Die Rechtsaußen-Partei FPÖ hat fast sieben Prozentpunkte zugelegt. Aktuell sieht es so aus, dass die FPÖ auf den zweiten Platz kommen wird – noch vor der regierenden SPÖ. Noch wurden nicht alle Stimmen gezählt und es kann sich also noch ändern.
Trotzdem gewann nicht nur die FPÖ mehr Unterstützung mit ihrer politischen Agenda. Das starke Resultat der ÖVP (+7,4% zurzeit) kann als Teil der stark konservativen Position beim Thema Flüchtlinge/Migration erklärt werden. In seiner Kampagne nahm er eine strikte Haltung zur Immigration ein und präsentierte sich selber als einer der Schlüsselarchitekten der Grenzrestriktionen im Balkan. Dieses strikte Vorgehen half beim Schließen einer der wichtigsten Routen für Flüchtlinge und Migranten nach Westeuropa.
4. Wird die neue österreichische Regierung das Leben von Angela Merkel leichter oder schwerer machen?
Ich denke, dass Angela Merkel in der Tat eine der größten Verlierer dieser Wahlen ist. Ihre Partei (CDU) hat am Wochenende eine weitere Regionalwahl verloren, diesmal in Niedersachsen. Im August war die CDU bei den Meinungsprognosen immer noch 12 Prozentpunkte voraus, verlor aber seit den Wahlen vor drei Wochen an Unterstützung. Die Führung der CDU und ihrer bayerischen Schwesterpartei CSU wird den Ausgang in Österreich genau analysieren müssen, wo die Konservativen gerade einen überwältigenden Wahlsieg eingefahren haben. Das könnte Angela Merkel dazu verleiten, eine Seite von Sebastian Kurz’s Agenda und Position zu übernehmen. Dadurch würde die Partei weiter in Richtung des konservativen Flügels im politischen Spektrum gleiten. Das könnte zu einem delikaten Punkt werden, weil Angela Merkel für die Regierung in Deutschland eine neue Koalition inklusive der Grünen Partei zusammenstellen muss. Die Grünen nehmen eine weit stärkere Pro-Immigration-Haltung ein. Ein konservativerer CDU/CSU-Block würde die Koalitionsverhandlungen – und im Falle eines Erfolges auch die neue Regierung – äußerst schwierig gestalten.