„Oberflächlich betrachtet ist die Einigung über den EU-Wiederaufbaufonds eine bemerkenswerte Leistung. Die Einigung der Staats- und Regierungschefs der EU auf ein 750 Milliarden Euro-Programm, das die gemeinsame Kreditaufnahme auf der Ebene der Europäischen Kommission mit der Bereitstellung von Zuschüssen kombiniert, ging sicherlich über das hinaus, was die meisten Beobachter noch vor ein paar Monaten für möglich gehalten hatten.
Es ist jedoch zweifelhaft, dass wir den bahnbrechenden „Hamilton-Moment“ in Europa erlebt haben. Der schmerzlich lange Verhandlungsmarathon macht deutlich, wie gespalten die EU in Bezug auf die fiskalische Integration ist. Die „Sparsamen Vier“ – Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark – waren erst bereit, den Vorschlag zu akzeptieren, nachdem ihre jeweiligen EU-Haushaltsrabatte erhöht worden waren. Diese Tatsache ist wichtig, da sie zeigt, dass der Kompromiss – zumindest teilweise – auf einem einmaligen Anreiz für bestimmte Länder beruht, der nicht so oft wiederholt werden kann, wie man möchte. Darüber hinaus sollten wir nicht vergessen, dass Bundeskanzlerin Merkel eine der treibenden Kräfte hinter dem EU-Wiederaufbaufonds war und den Vorschlag nicht zuletzt vor Kritikern innerhalb ihrer eigenen Partei und Regierung geschützt hat. Die Chancen stehen gut, dass ihr Nachfolger, wer auch immer es sein wird, sich als deutlich weniger unterstützend erweist und Deutschland näher an die Sparsamen Vier heranrücken könnte, so dass weitere Schritte in Richtung einer fiskalischen Integration in der EU in Zukunft sehr schwierig sein werden.“
Dr. Wolfgang Bauer, Manager des M&G (Lux) Absolute Return Bond Fund, M&G Investments