„Staatsanleihen von Schwellenländern lieferten 2021 negative Renditen - insbesondere in lokalen Währungen, die unter dem Doppelschlag von Währungsabwertung und höheren Zinsen litten. Unternehmensanleihen schnitten besser ab, ungeachtet spezieller sektoraler Probleme, wie der Immobilienbranche in China. Mehrere Faktoren, die 2021 für die schlechte Performance verantwortlich waren, werden sich 2022 eher nicht wiederholen. Einiges gibt es natürlich dennoch zu beachten.
Quelle: M&G, Bloomberg (31. Dezember 2021).
Inflation: die große Überraschung 2021. Eine Kombination aus nachfrageseitigem Aufschwung, fiskalischen Anreizen, angebotsseitigen Engpässen, Arbeitskräftemangel, Währungsabwertung in einigen Fällen und der sehr lockeren Geldpolitik der meisten Zentralbanken in der ersten Jahreshälfte führte zu Inflationsdruck. Asien schnitt ganz gut ab, die meisten anderen Länder nicht. Im Gegensatz zu den Industrieländern könnte der Inflationsschock in den Schwellenländern allerdings eher vorübergehend sein:
- Die Politik der Schwellenländer hat deutlich präventiver reagiert. Viele Zentralbanken haben ihre Geldpolitik seit Mitte des Jahres gestrafft.
- Der Spielraum für fiskalische Anreize ist sehr begrenzt, da der Schuldenstand seit 2020 in vielen Fällen rapide gestiegen ist. Weniger fiskalische Anreize entlasten die Geldpolitik bei der Inflationskontrolle.
- Viele Volkswirtschaften haben sich noch nicht vollständig von der Rezession 2020 erholt und weisen eine negative Produktionslücke auf.
- Basiseffekte werden die Inflationszahlen gegenüber dem Vorjahr tendenziell verringern. Es ist unwahrscheinlich, dass Rohstoffpreise wie Öl und bestimmte Lebensmittelpreise weiterhin mit der gleichen Geschwindigkeit steigen wie 2021.
- Die Währungen der Schwellenländer könnten sich 2022 besser entwickeln.
Die Erwartung einer strafferen Fed-Politik hat zur Outperformance des Dollars gegenüber Schwellenländerwährungen beigetragen. Tatsächlich werteten viele gegenüber dem USD ab, obwohl ihre Zentralbanken die Geldpolitik strafften und sich die Leistungsbilanzeinnahmen verbesserten, z. B. aufgrund höherer Rohstoffpreise. Es ist übrigens ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Schwellenländer-Anleihen schlecht abschneiden, wenn die Fed die Zinsen strafft. Tatsächlich neigen sie dazu, im Vorfeld an Wert zu verlieren, so dass sie sich zu dem Zeitpunkt, an dem die Fed agiert, relativ gut entwickeln. Außerdem sind die meisten Devisen der Schwellenländer heute grundsätzlich billiger und die Leistungsbilanzungleichgewichte weitaus geringer - in vielen Fällen weisen sie sogar einen Überschuss auf. Deshalb dürften die lokalen Märkte der Schwellenländer 2022 besser abschneiden, es sei denn, die Fed muss die Zinsen stärker anheben als vorgesehen.
Wir sind von einer Rezession wie 2020 trotz aller Entwicklungen aufgrund von Corona noch weit entfernt. Allerdings gibt es mehrere geopolitische Risiken: Russland gegen den Westen und die Ukraine sowie Spannungen zwischen den USA und China. Diese Ereignisse sind zwar unwahrscheinlich, hätten aber große Auswirkungen und sind nicht eingepreist. Auch einige wichtige Wahlen, wie die des chinesischen Parteikongresses sowie die Zwischenwahlen in den USA stehen an. Die aus Marktsicht wichtigste Wahl in den Schwellenländern wird im 4. Quartal in Brasilien stattfinden. In der Türkei ist unklar, ob Erdogan vor 2023 vorgezogene Neuwahlen ansetzen wird.
Während die Stimmung gegenüber Schwellenländeranleihen vor einem Jahr noch zu optimistisch war, hat sie sich nun deutlich verändert. Die Bewertungen haben sich verbessert, insbesondere bei lokalen Schuldtiteln und ausgewählten Hochzinsanleihen. Die Renditenaufschläge für Investment-Grade-Anleihen bleiben dagegen teuer. Bemerkenswert ist, dass der CEMBI-Index für Unternehmensanleihen trotz des starken Ausverkaufs 2021 eine positive Rendite verzeichnete, was seine gut diversifizierte Zusammensetzung in Bezug auf Länder und Sektoren und sein durchschnittliches Kreditrating mit Investment Grade widerspiegelt. Zu den Umstrukturierungen von Staatsschulden könnten Sri Lanka, El Salvador und Äthiopien gehören, aber keine ist systemisch genug, um eine Ansteckung zu verursachen.
Die Inflation macht uns weniger Sorgen und so sind wir selektiv optimistisch gegenüber Schwellenländerwährungen mit starken Auslandsbilanzen oder solchen, in denen die Inflation bald ihren Höhepunkt erreicht haben könnte. Hochzinsanleihen bevorzugen wir gegenüber Investment Grade. 2021 sahen wir Renditen von -30% für El Salvador und Äthiopien und sogar noch schlechtere Renditen im chinesischen Immobilienbereich. Aber notleidende Kredite können auch positiv überraschen, wie Sambia (+50%). Wir tendieren dazu, das Engagement vor Ort zu erhöhen und die High Yield-Komponente taktisch zu verwalten, indem wir eine Bottom-up-Länder- und Kreditauswahl vornehmen.“
Claudia Calich, Fondsmanagerin des M&G (Lux) Emerging Markets Bond Fund