Asien-Pazifik Aktien: FSSA-Fondsmanager Martin Lau im Interview

First Sentier Investors | 17.05.2024 12:48 Uhr
Martin Lau, geschäftsführender Partner und leitender Portfoliomanager für verschiedene FSSA-Strategien / © e-fundresearch.com / First Sentier Investors
Martin Lau, geschäftsführender Partner und leitender Portfoliomanager für verschiedene FSSA-Strategien / © e-fundresearch.com / First Sentier Investors

Als Reaktion auf die Fragen unserer Kunden in jüngster Zeit führten wir ein Gespräch mit Martin Lau, dem geschäftsführenden Partner und leitenden Portfoliomanager für verschiedene der FSSA-Strategien (Teil von First Sentier Investors), die Asien und China (Großraum) betreffen. 

Sehen Sie hier das Video-Interview oder lesen Sie weiter unten das Interview-Transkript.

Können qualitativ hochwertige Wachstumsaktien bei schwacher Verbraucherstimmung eine überdurchschnittliche Performance erzielen?

Martin Lau: Wir glauben weiterhin, dass qualitativ hochwertige Unternehmen sich häufig als die besten langfristigen Anlagen erweisen. Diese Meinung gewann in der Vergangenheit, als die Zinsen faktisch bei Null lagen (wie es bis vor zwei, drei Jahren der Fall war) zunehmend an Popularität. Viele Anleger zahlten überhöhte Preise für das Engagement in solche Unternehmen, insbesondere für Konsumgüterunternehmen in der Region Asien.

Mit der zunehmenden Verteuerung qualitativ hochwertiger Wachstumsunternehmen und den einsetzenden Zinsanhebungen sowie steigenden Rohstoff- und Ölpreisen erreichten Rohstoffaktien eine überdurchschnittliche Performance, während qualitativ hochwertige Unternehmen zurückfielen. Dieses Auseinanderdriften in der Performance bzw. die Mittelwertrückkehr sind typisch für die Börsenzyklen – und waren in den vergangenen Jahren mehrfach zu beobachten.

Je länger sich jedoch der Zeithorizont erstreckt, umso wichtiger werden die beteiligten Akteure, das spezifische Unternehmen und die Finanzdaten für das Anlageengagement. Zyklen, Zinssätze und Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) treten dagegen in den Hintergrund. Als langfristige Anleger suchen wir für unsere Portfolios nach qualitativ hochwertigen Wachstumsunternehmen, selbst wenn sich jene aufgrund der Marktkräfte oder negativer Stimmungen kurzfristig vielleicht weniger gut entwickeln.

Was denken Sie über das abflachende chinesische Wachstum?

Martin Lau: Nach den langen Jahren, in denen ich China und andere Märkte beobachtet habe, kann ich sagen, dass jeder Markt, jedes Land bzw. jede Wirtschaft Zyklen durchläuft. China befindet sich gerade in einem schwierigen Zyklus, da die Immobilienblase geplatzt und zudem die Stimmung, was die geopolitische Situation und die Regularien anbelangt, schlecht ist. Üblicherweise gibt es Anzeichen für die Euphorie, die den Höhepunkt von Zyklen markieren, und Anzeichen für Resignation, welche das Durchlaufen der Talsohle signalisieren. 

Wo stehen wir im Zyklus?

Statt uns mechanisch an den Zyklusphasen zu orientieren, konzentrieren wir uns auf Anlagen in qualitativ hochwertige Unternehmen. So verfügen z. B. fast alle Unternehmen in unserem Portfolio über eine Netto-Cash-Position in ihren Bilanzen, ein bewährtes Geschäftsmodell, Cashflow-Generierung und hohe Kapitalrenditen. All das befähigt sie dazu, sich in einem relativ schwierigen Konjunkturzyklus erfolgreich zu behaupten. Und im Falle sehr preisgünstiger bzw. hinreichend attraktiver Bewertungen möchten wir bei diesen Positionen einsteigen, wie wir das bereits im vergangenen Jahr getan haben.

Des Weiteren interessiert uns, wie Unternehmen auf eine besonders schwierige wirtschaftliche Phase reagieren, um zum Beispiel mehr Geld an die Anteilseigner auszuschütten. Ich denke, dass es wichtiger ist, Einstellungen und Vorgehen der Unternehmensführung zu beobachten, als zu versuchen, das Handeln am Zeitpunkt der Talsohle im Zyklus auszurichten, deren Eintreten und Länge erst im Nachhinein klar werden.

Wie sehen Sie China im Vergleich zu Indien?

Martin Lau: Ich halte Indien für einen ausgesprochenen Sonderfall. Erstens gibt es hier viele Unternehmen, die auf eine geschichtlich lange Börsennotierung verweisen können, wie etwa HDFC Bank oder Godrej Consumer. Wir sind hier seit langem Anteilseigner und sehr beeindruckt von der Qualität des Managements.

Allgemein weisen die Unternehmen in Indien viele Qualitäten auf, die uns gefallen. Der Fokus chinesischer Unternehmen liegt stärker auf dem Wachstum, während indische Unternehmen sich mehr auf Renditen konzentrieren. Allerdings steht die Sorge im Raum, dass sich in Indien die Bewertungen verteuern, sodass die Aktien anfällig für Kurskorrekturen werden könnten.

Es gibt noch einen weiteren Unterschied gegenüber China – zum Beispiel liegt der Jahresumsatz von Godrej Consumer bei rund 1,5 Mrd. US-Dollar. Ziehen Sie hier den Vergleich mit chinesischen Konsumgüterunternehmen – so beläuft sich der Jahresumsatz für China Mengniu auf ca. 15 Mrd. US-Dollar, also den zehnfachen Wert.1

Die Sorge in Hinblick auf China liegt darin, dass die Wirtschaft sehr groß geworden ist und somit das Wachstum langsamer vonstattengeht. Angesichts der niedrigeren Bewertungen ist es fraglich, ob dieses niedrige Wachstum eingepreist wurde. Der Ausgangspunkt für eine Anlage in Indien ist das sehr niedrige Basisniveau, das mehr Potential für Wachstum verspricht, wobei jedoch der Wert für das Kurs-Gewinn-Verhältnis (Price-Earnings Ratio, PE) hoch liegt.

Wie beurteilen Sie die jüngste Volatilität der HDFC?

Martin Lau: Wir haben darüber gesprochen, dass uns qualitativ hochwertige Unternehmen mit einer starken Führungsriege gefallen, und die HDFC Bank fällt in diese Kategorie. Wir sind seit vielen Jahren Anteilseigner der HDFC Bank. Unter dem früheren CEO, Herrn Puri gelang der Aufstieg zur führenden Bank in Privatbesitz in Indien. Für die letzten 10 bis 15 Jahre kann sie auf eine phänomenale Erfolgsbilanz verweisen. 

Aktien neigen dazu, langfristig den Gewinnen zu folgen

Wir glauben, dass die Bank weiter wachsen wird. Jedoch handelt es nicht um ein kleines Institut und daher wird das zukünftige Wachstum im Vergleich zu früher schwächer ausfallen. Wir glauben, dass die Bank auch in Zukunft ein EPS-Wachstum von 10–15 % generieren kann. Doch in den letzten zwanzig Jahren lag es bei mehr als 20 %. Somit wird das Wachstum wahrscheinlich abflachen.

Eine weitere Sache von eher kurzfristiger Natur ist, dass, aufgrund der kürzlichen Integration mit der Muttergesellschaft HDFC Corp. die Notwendigkeit besteht, die Fremdkapitalquote in der Bilanz zu reduzieren, da die Bücher von HDFC Corp. auf der Wholesale-Hypothekenfinanzierung basierten. Jedoch ist in Indien Liquidität gegenwärtig beschränkt. Für eine Reduzierung der Fremdkapitalquote in der Bilanz müssten die HDFC um Einlagen konkurrieren, und ich glaube, dass im Markt eine gewisse Sorge in Hinblick darauf besteht, wie sich das auf das Wachstum auswirken könnte.

Trotzdem glauben wir, dass der beste Zeitpunkt für den Kauf eines qualitativ hochwertigen Unternehmens dann gekommen ist, wenn es wenig kostet und eine schwierige Phase durchläuft, wie das gegenwärtig bei der HDFC Bank der Fall ist. Für Anleger mit einem Horizont von 3 bis 5 Jahren oder länger handelt es sich unseres Erachtens hierbei um eine attraktive Anlage.

Inwieweit investieren Sie in künstliche Intelligenz (KI)?

Martin Lau: Statt uns auf unsichere Vorhersagen zur Entwicklung der allerneuesten Technologie zu stützen, gehen wir zumeist einen einfacheren Weg. Wir investieren seit vielen Jahren in Taiwan Semiconductor (TSMC), das als Produzent der leistungsfähigsten Chips, die von Nvidia, AMD, MediaTek und anderen entwickelt wurden, zu den unverzichtbaren Gliedern der KI-Lieferkette gehört. Damit ist es in unseren Augen ein leistungsstarkes Unternehmen mit einer starken Marktposition und einem Wettbewerbsvorsprung in einem sehr wichtigen Technologiebereich.

Zum Potential von KI ist die Debatte im vollen Gang. So habe ich kürzlich einen Bericht dazu gelesen, wie KI Banken helfen kann, Kosten zu sparen, durch ihre spezifischen Fähigkeiten die Entwicklung von Arzneimitteln erleichtern sowie im Fondsmanagement nützliche Dienste leisten wird, weil sie Ihnen zahlreiche Analysen abnehmen kann usw.

Meiner Meinung nach ist die Ausweitung ihrer Nutzung in Alltagsanwendungen notwendig. Uns gefallen Unternehmen wie MediaTek oder Samsung, weil es für eine nachhaltige KI-Nutzung mehr Anwendungen geben muss, die mithilfe von KI den Gewinn für Unternehmen steigern können, wie etwa Smartphones oder Automobile. Ich glaube, dass KI unsere Vernetzung vorantreiben, sich zum unverzichtbaren Bestandteil von Verbraucherschnittstellen entwickeln sowie in immer mehr Anwendungen eingesetzt werden wird.

Gerade im Bereich der allgemeinen Produktivität könnte sie zu einem bedeutenden Faktor werden. Wir engagieren uns in Automatisierungsunternehmen wie Keyence und Advantech. Vor dem Aufkommen der KI brachte die Einführung von 5G große Erleichterungen in der Kommunikation. Im Vergleich zu 3G und 4G vereinfachte sich dadurch die Steuerung von Robotern usw. Ich halte KI für einen weiteren Katalysator in der Automatisierung, wobei der zunehmende Arbeitskräftemangel dieser Entwicklung zusätzlichen Vorschub verleiht.

Wie bewerten Sie die japanischen Aktien im Kontext regionaler Portfolios.

Martin Lau: Wir investieren seit mehr als 10, 15 Jahren in Japan. Japan ist ein interessanter Fall, da die schlechte Wirtschaftslage nun so lange anhält. Für Unternehmen, die drei Jahrzehnte der Rezession und Deflation überlebt haben, spricht die Kompetenz ihrer Geschäftsführung sowie die Stärke ihrer Bilanzen.

Ein weiterer interessanter Aspekt in Bezug auf Japan sind die zahlreichen Nischenunternehmen, die sehr spezifische Produkte anbieten. So ist SMC ein Marktführer für Pneumatikkomponenten und ist ausschließlich darauf spezialisiert. In gleicher Weise gehörte zu unseren ersten Investitionen in Japan ein Unternehmen mit dem Namen Pigeon, das auf Nuckelflaschen und verwandte Produkte spezialisiert ist.

Wir finden diese sehr detailorientierte Mentalität und Kultur äußerst faszinierend. Zu den Schwerpunktbereichen für unser Anlageengagement gehört die Automatisierung. Aufgrund seiner Stärke bei den optischen Sensoren für den Automatisierungssektor stellte Keyence mehrere Jahre lang eine der größten Positionen in der Asien-Strategie von FSSA dar. Das Unternehmen kann auf eine erfolgreiche Entwicklung und überzeugende finanzielle Performance verweisen.

Wir schätzen zudem die Kreativität japanischer Unternehmen. So bin ich z.B. mit Mario Brothers von Nintendo aufgewachsen. Es gibt viele weitere solcher sympathischen Charaktere, die Immaterialgüter von Unternehmen in Japan sind. In meinen Augen hat das Land hier eine einzigartige Position. Weitere Beispiele sind hier Hello Kitty und Street Fighter von Capcom.

Meiner Ansicht nach spielt Japan in einem regionalen Portfolio eine komplementäre Rolle, denn, wenn man sich mit der Automatisierung in China beschäftigt, wird klar, dass die führenden Automatisierungsunternehmen aus Japan stammen und besser positioniert sind, wenn es darum geht, von diesem Trend zu profitieren. Parallel dazu könnten Sie TSMC, das in Taiwan ansässig ist, in Betracht ziehen, wenn Sie nach Marktführern im Bereich Hardware suchen. Wenn Sie nach einem Weltmarktführer bei Inhalten und Immaterialgütern suchen, sollten Sie Nintendo aus Japan in Erwägung ziehen. Was uns anbelangt, besitzen wir Sony Group, zu der Sony Music und Sony PlayStation-Spiele gehören und die führend bei den CMOS-Bildsensoren ist.

Woraus ergibt sich die besondere Position von FSSA unter den Anlagemanagern?

Martin Lau: Da wären die Unternehmenskultur, die unser Team auszeichnet, und sein fester Glaube in unsere Anlagephilosophie zu nennen. Viele Fondsmanager sagen von sich, dass sie in gute Unternehmen investieren und langfristige Anleger sein wollen, aber wir praktizieren diese Prinzipien wirklich. So weisen unsere Portfolios z.B. typischerweise eine sehr niedrige jährliche Fluktuation von z. B. 15–20 % auf. Zudem verbringe ich den Großteil meiner Zeit mit dem Suchen nach Unternehmen. Unser Bestreben, stets gute Unternehmen zu finden und in diese dauerhaft zu investieren, ist, soweit ich sehen kann, eher die Ausnahme.

Und schlussendlich engagieren wir uns aktiv in den Unternehmen, in die wir investieren, da unserer Überzeugung nach, langfristige Anteilseigner einer bestimmten Verantwortung gerecht werden müssen. Kurz vor diesem Meeting war ich dabei, einer Portfoliogesellschaft im Zusammenhang mit bestimmten Problemen zu schreiben. Wir delegieren also nicht einfach an andere Leute.

Warum sollten Kunden weiterhin in die Asien- und Chinastrategien von FSSA investieren?

Martin Lau: Im letzten Jahr war die relative Performance enttäuschend. Einige der qualitativ hochwertigen Unternehmen, die zu den langfristigen Positionen in unserem Portfolio gehören, wurden, wenn auch ausgehend von relativ hohen Niveaus, herabgestuft. Hingegen haben einige der Rohstoffaktien wie CNOOC und Petrochina (die allerdings auf der US-Sanktionsliste stehen) sehr gut abgeschnitten.

Dies ist keine wirkliche Entschuldigung, jedoch sollte dieser Kontext berücksichtigt werden. Wir glauben, dass unsere langfristige Performance nach wie vor solide ausfällt. Noch wichtiger ist vielleicht, dass wir unsere Anlagephilosophie bzw. unser Portfolio nicht verändert haben. Wir bedienen uns noch immer desselben Anlageprozesses und investieren in dieselben Unternehmen mit denselben Managementteams, die wir finanzieren wollen. Wir hoffen, dass unsere Kunden an unsere Philosophie und den langfristigen Erfolg dieser Unternehmen glauben.

1. Quelle: Unternehmensberichte, Factset basierend auf Daten aus dem Jahr 2022.  

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