"Im Kern geht es um eine Entmachtung der zweiten Parlamentskammer, die zu mehr politischer Stabilität führen soll. Sicher eine gute Idee, wenn man bedenkt, dass Matteo Renzi‘s Regierung die 65. seit dem Zweiten Weltkrieg ist und er selbst der 27. Ministerpräsident.
Letztlich wird aber auch über den Ministerpräsidenten abgestimmt. Renzi selbst hatte das Referendum personalisert, indem er für den Fall, dass die von seiner Regierung betriebene Reform beim Volk durchfällt, seinen Rücktritt angekündigt hat. Inzwischen bedauert er das nach eingener Aussage, aber wer weiß: Es kann durchaus zum Rücktritt und zu vorgezogenen Neuwahlen kommen. Das würde spannend, denn alle größeren Oppositionsparteien sind in der einen oder anderen Form EU-/Euro-kritisch. Die 5-Sterne-Bewegung liegt in manchen Umfragen vor Renzi‘s Partei.
Die italienische Wirtschaft stagniert. Kommt politische Unsicherheit hinzu, kann daraus leicht eine Rezession werden. Damit die EZB weiter italienische Staatsanleihen kaufen kann, braucht das Land ein Investment Grade-Rating von mindestens einer der vier Ratingagenturen, auf die die EZB achtet. Noch sind einige Ratingstufen (je nach Agentur zwischen einer und vier) an Sicherheitspuffer vorhanden, aber die können schnell aufgebraucht sein.
Gehen die Reformen beim Wähler durch, können Gesetze einfacher und schneller verabschiedet werden. Damit würden die politischen Voraussetzungen für eine günstigere Wirtschaftsentwicklung in Italien verbessert. Renzi würde damit auch international an Statur gewinnen und seine Agenda – Lockerung der Sparpolitik und expansivere Fiskalpolitik in Europa – gegenüber Brüssel und Berlin offensiver vertreten. Es wird nicht langweilig in Europa."