James Dilworth, CEO AllianzGI Europa, sagte vor Journalisten in London: „Anleger benötigen Renditen, und traditionelle Portfolien werden ihnen diese nicht im erforderlichen Maß erwirtschaften können. Im Niedrigzinsumfeld generieren festverzinsliche Anlagen kaum eine positive reale Rendite, und das Risiko, wie sich eine Zinserhöhung auswirken könnte, scheint weitläufig unterschätzt zu werden. Gezielt oder smart Risiken einzugehen wird eine Notwendigkeit, keine Option. Das ist nicht nur ein Thema für Kapitalmarktakteure, sondern berührt die Grundlagen der Generationengerechtigkeit westlicher Staaten. Denken Sie nur daran, dass die Anzahl der Menschen, die in Rente gehen, in den kommenden Jahrzehnten ihren absoluten Höchststand erreichen wird. Und dabei wird sich die Zeit, die sie in Rente verbringen, im Vergleich zu vor 40 Jahren verdoppeln.“
Warum Anleger das neue Denken der Zentralbanken ernst nehmen sollten
Bei gleicher Gelegenheit erläuterte Andreas Utermann, Global Chief Investment Officer und Co-Head von Allianz Global Investors, den Paradigmenwechsel in den Zentralbanken der meisten OECD-Länder: „Die Bilanzen der Zentralbanken innerhalb der OECD sind seit 2008 explodiert. Gleichwohl scheint das Prinzip der Geldmengen- bzw. Inflationssteuerung Geschichte zu sein. Die einst hoch gepriesene Unabhängigkeit der Zentralbanken ist nun fast geräuschlos unterhöhlt worden, auch weil der Spielräume in der nationalen Fiskalpolitik der Regierungen zusehends geringer wird. Die alte Aufteilung zwischen geld- und fiskalpolitischen Organen beginnt zu verwischen. Dieser Wandel wird nicht nur offensichtlich durch den Ankauf von Staatsschulden durch die Zentralbanken, sondern auch in der größeren Offenheit der Zentralbanken, sich den Marktbewegungen entgegenzustellen. Gleichzeitig sind die maximalen Inflationsziele nach oben korrigiert und teilweise Mindestwerte für Inflation festgesetzt worden, wie das Beispiel Japan zeigt. Kurz, das neue Vorsichtsprinzip der Notenbanker scheint zu bedeuten, lieber zu spät als zu früh zu agieren.“
Schlussfolgerungen für Anleger
Utermann sagt: „Im aktuellen Umfeld sollten Investoren versuchen, das volle Potenzial von Risikoprämien, die Ihnen die Märkte bieten, auszuschöpfen und dabei so beweglich wie möglich bleiben. Ein flexibler Allokationsansatz, der das Aufwärtspotenzial verschiedener Anlageklassen (Beta) ebenso berücksichtigt wie Zusatzerträge (Alpha), ist jetzt wichtiger als je zuvor. Historisch betrachtet haben Aktien im Marktumfeld einer niedrigen, aber ansteigenden Inflation, wie wir es aktuell haben, sich meist besser entwickelt als Anleihen. Obwohl die Aktienmärkte in den vergangenen Monaten teilweise neue Höchststände markiert haben, sind Aktien noch immer günstig bewertet. Innerhalb des Anleihemarkts bieten Spread-Produkte, etwa hochverzinsliche oder Schwellenländer-Anleihen, nicht nur potenziell eine höhere Rendite, sondern im Gegensatz zu Staatsanleihen auch einen Risikopuffer im Falle einer Zinserhöhung. Die aggressiven quantitativen Lockerungsmaßnahmen haben die realen Wechselkurse fast aller OECD-Länder im Verhältnis zu Schwellenländerwährungen rasch (nach unten) angleichen lassen. Das ist Teil einer Neuausrichtung des weltwirtschaftlichen Gleichgewichts und dürft die die Aufwertung von Schwellenländerwährungen und insbesondere des chinesischen Renminbi in den kommenden Jahrzehnten weiterhin unterstützen.“
Warum Risiko smart ist
Wolfgang Mader, Head of Asset Allocation Strategies bei AllianzGI Global Solutions, erklärt: „Um das gewünschte Risiko- und Renditeprofil im Umfeld finanzieller Repression zu erzielen, müssen Anleger zunächst einmal mehr Risiken nehmen. Aber Investoren sollten dabei sehr wachsam sein, welche spezifischen Risiken sie eingehen. Zu viele Staatsanleihen im Portfolio zu halten, kann eine sehr risikoreiche Option sein und das gewünschte Rendite- und Risikoziele verfehlen. Um diese Renditelücke zu schließen, sollten auch risikoreichere Anlageklassen ins Portfolio genommen werden. Systematische Zusatzerträge (Alpha) als marktunabhängige Renditequelle sollten ebenfalls fester Bestandteil im Portfolio sein. Um das Risiko auf Zielniveau zu bringen, sollten Investoren eine globale und breite Diversifikation über sämtliche Risikofaktoren hinweg vornehmen und dynamische Risikomanagementstrategien einsetzen, um für volatile Märkte gewappnet zu sein.“
Leitmotiv Schwellenländer
Laut David Tan, Chief Investment Officer, Fixed Income Asia Pacific, bieten gerade asiatische Bonds Anlegern eine Möglichkeit, die strukturellen Problemen, die bei den Staatsanleihen entwickelter Länder zu erkennen sind, im Portfolio durch Diversifikation zu abzuschwächen. Denn die asiatischen Volkswirtschaften korrelieren noch nicht vollständig mit denen der entwickelten Länder: „Die asiatischen Volkswirtschaften weisen starke makroökonomische Fundamentaldaten auf, sodass sie in Krisenzeiten eigenständig gegensteuern können“, so Tan. „Außerdem haben asiatische Märkte im Vergleich zu den westlichen durchschnittlich niedrige Schulden im Vergleich zum jeweiligen BIP. All diese Faktoren bieten asiatischen Volkswirtschaften einen gewissen Puffer gegen externe Schocks. Im Durchschnitt ist auch der Zinsaufschlag, den asiatische Anleihen ihren Investoren bieten, attraktiv. Es ist irgendwie paradox, dass trotz der zu Grunde liegenden Stärke dieser Volkswirtschaften bei asiatischen Staatsanleihen durchschnittlich höhere Zinsaufschläge locken. Schließlich erhalten die meisten asiatischen Volkswirtschaften von den großen Rating-Agenturen ein Investment Grade-Rating. Auf längere Sicht kann die Währungsaufwertung ein Bestandteil einer möglichen Rendite werden, besonders da asiatische Währungen im Vergleich zu Währungen von entwickelten Ländern in einer Anzahl von Maßstäben unterbewertet sind. Asien hält mittlerweile mehr als 60% der weltweiten Währungsreserven, und wir glauben, dass dieser starke Zahlungsbilanzüberschuss die asiatischen Währungen weiter unterstützen wird.“
Warum gerade in chinesische Aktien investieren?
Christina Chung, Senior Portfolio Manager Chinese Equities, sagt im Hinblick auf den chinesischen Aktienmarkt: „Obwohl sich das Wachstum in China in letzter Zeit abgeschwächt hat, sehen wir nach wir vor großes Potenzial. Es ist zu erwarten, dass die geplanten wirtschaftliche Reformen eine strukturelle Veränderung hin zu einem ausbalancierteren Wachstum mit einem stärkeren Gewicht der Binnennachfrage bewirken. Außerdem dürfte die Gewichtung chinesischer Aktien in globalen Benchmark-Indizes zukünftig wachsen. Das chinesische BIP pro Kopf ist auf gleichem Niveau wie das in Korea in den 80er Jahren oder in Japan in den 60ern. Sollte China sein BIP bis 2020 verdoppeln, was wir für möglich halten, wird es ein ähnliches Level wie das in Korea in den 90ern oder Japan in den 80er Jahren erreichen. Das vermittelt einen guten Eindruck über die gewaltigen Ausmaße von Chinas potentieller Binnennachfrage, die zum Entstehen einer dominierenden Mittelschicht führen dürfte.“ Laut Christina Chung ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um in chinesische Aktien zu investieren: „Wir glauben, dass die zyklische Talsohle schon erreicht wurde, sodass die Erträge in der Industrie nun schon wieder im Erholungsmodus sind. Die Bewertungen sind attraktiv und rangieren im unteren Bereich der historischen Durchschnittswerte, und die Reformen eröffnen ebenfalls Aufwärtspotenzial.“
Und Europa?
„Erträge und Wachstum aus Schwellenländern sind ein klar wahrnehmbares Muster bei den Aktien, die sich in unseren europäischen Wachstumsfonds befinden“, sagt Thorsten Winkelmann, Senior Portfolio Manager European Equities. „1997 wurden im Durchschnitt 12% der Gewinne europäischer Unternehmen in Schwellenländern erzielt. 2012 liegt dieser Anteil bei 33%. Es gibt viele Beispiele von Konsumgüterherstellern mit sehr starken Marken, Preissetzungsmacht und hohen Cashflows, die sehr stark - und zumeist organisch - in Asien gewachsen sind. Allerdings ist es sehr wichtig, international agierende Unternehmen sehr sorgfältig auszuwählen, denn die geografische Expansion allein kann auch nur für eine höhere Wettbewerbsintensität auf weltweiter Ebene stehen. Wir suchen Unternehmen, die von globalen Wachstumstrends profitieren und durch hohe Eintrittsbarrieren mit einer starken Preissetzungsmacht ausgestattet sind. Mit unserer Anlagephilosophie fokussieren wir uns auf nachhaltiges (Gewinn-) Wachstum, die Qualität eines Unternehmens und dessen Bewertung. Wenn wir uns nicht sicher sind, ob ein Unternehmen das volle Wachstumspotenzial ausschöpfen kann, nutzen wir unser Grassroots SM Research Netzwerk, um die Annahmen der Unternehmensleitung und damit auch unser Investmentvorhaben einer Realitätskontrolle zu unterziehen. Als ‚Stockpicker‘ verfolgen wir einen Benchmark-unabhängigen Ansatz, die Performance unserer Portfolios ist von dem zu Grunde liegenden Wachstum der Unternehmen, in die wir investieren, getrieben.“
Nebenwerte international
Aktives Management, das mit globalen Ressourcen auf die Fundamentalrecherche gerichtet ist, stellt den Schlüssel dar, um die weltweit existierenden Anlagechancen bei gering kapitalisierten Aktien (Small Caps) zu nutzen, sagt Andrew Neville, Portfolio Manager eines globalen Small Cap Portfolios: „Small Caps können sich in wirtschaftlichen Hochphasen besonders gut entwickeln. In einer Ära finanzieller Repression haben sie gegenüber Large Caps den Vorteil, dass sie ihr Wachstum oft aus eigenen Mitteln finanzieren können und nicht durch die Kreditvergabe von Banken gebremst werden. Dabei weisen sie auch Diversifikationsvorteile auf, da sie risikoreicher und volatiler sind; das zusätzliche Risiko wird in der Regel jedoch durch die hohe Rendite überkompensiert.“