Künstlich niedrig gehaltene Zinsen bringen kurzfristig Wirtschaftswachstum, mittel- bis langfristig erhöhen sie hingegen die Risiken für Investoren. Dies stellte der „RiskMonitor“ fest, eine erstmals weltweit durchgeführte Umfrage von Allianz Global Investors unter 390 institutionellen Anlegern, die insgesamt ein verwaltetes Vermögen von rund 50 Billionen USD repräsentieren. So bejahen zwar 59% der Befragten den positiven Wachstumseffekt, aber nahezu genauso viele sehen eine anziehende Inflation (57%), steigende systemische Risiken (55%) und Negativeffekte auf die Altersvorsorgesysteme (54%) als Kehrseite der Medaille. Ein noch größerer Anteil (68%) sieht aufgrund der niedrigen Zinsen die Gefahr der Bildung von “Blasen” im Markt für festverzinsliche Wertpapiere als das Risiko, das in den letzten fünf Jahren am stärksten gestiegen ist.
Gebot der Stunde ist es, intelligent Risiken einzugehen
Trotz dieser Schattenseiten der Niedrigzinsen werden in Europa steigende Zinsen wegen der damit einhergehenden Kursverluste für festverzinsliche Wertpapiere von 64% der Befragten als größtes Portfoliorisiko für die nächsten drei Jahre gesehen. In Deutschland fällt die Einschätzung noch deutlicher aus. Für 81% der deutschen Institutionellen sind steigende Zinsen die größte Gefahr für die Performance, immerhin 65% sehen sogar noch die Möglichkeit des Ausfalls von Staatsanleihen. Bei der Vorstellung des RiskMonitors in Frankfurt teilte James Dilworth, CEO von Allianz Global Investors Europe, die Einschätzung der Investoren, auch wenn er keinen abrupten Zinsanstieg vorhersieht: „Die Zentralbanken, allen voran die US Federal Reserve, wollen das Wachstum nicht abwürgen. Sie haben deshalb angekündigt, nur schrittweise und im Einklang mit einer anziehenden Wirtschaft aus der Politik des leichten Geldes aussteigen zu wollen. Damit werden zwar vermutlich große Sprünge vermieden, aber die Richtung der Zinsentwicklung ist klar: nach oben.“ Für Anleger, die überwiegend in festverzinslichen Wertpapieren investiert sind, werde dies deutliche Spuren in der Performance hinterlassen. Besonders institutionelle Investoren, die eine bestimmte Rendite erzielen müssen, um ihre Verbindlichkeiten zu bedienen, suchen deshalb nach Alternativen. Dilworth: „Es ist in diesem Umfeld alternativlos, Risiken einzugehen.“ Im Prinzip gibt der RiskMonitor hierbei auch schon eine Richtung vor: 60% der Befragten halten das Aktienkursrisiko für das Risiko, das in den nächsten drei Jahren den größten Ertrag verspricht. Mehr als 90% gehen von einer positiven Entwicklung aus, die Erwartungen pendeln um einen Wert von 6% jährlicher Rendite von globalen Aktien.
Für Dilworth sind aber Aktien nicht die einzige Alternative: „Interessant für institutionelle Anleger sind insbesondere Infrastrukturinvestments, die wegen ihrer langen Laufzeiten und festen Bindung einen Aufschlag gegenüber Anleihen zahlen.“ Weiterhin seien Schwellenländeranleihen aufgrund der meist deutlich niedrigeren Verschuldung und größeren wirtschaftlichen Dynamik im Vergleich zu entwickelten Ländern eine Renditequelle mit Potential. Für Dilworth steht aber nicht die Jagd nach der aussichtsreichsten Assetklasse im Vordergrund, sondern das intelligente Eingehen von Risiken: „Die Zeit der Wetten auf einzelne Assetklassen ist vorbei. Für viele institutionelle Anleger steht im Vordergrund, wie sie vorgegebene jährliche Auszahlungen leisten können. Sie brauchen eine bedarfsgerechte und umfassende Strukturierung des Vermögens.“ AllianzGI gründete vor zwei Jahren mit dem Geschäftsbereich ‚Global Solutions‘ eine Einheit, die einen holistischen Blick auf das Kundenportfolio hat. Sie konnte ihre sogenannten „Assets under Advice“ binnen Jahresfrist von 23 Mrd. EUR auf 37 Mrd. EUR steigern. Für Dilworth ein klarer Beleg für einen veränderten Kundenbedarf.
Tobias Pross, bei AllianzGI verantwortlich für das institutionelle Geschäft in Europa, bestätigt dies auch aus der Kundenperspektive: „Unsere Kunden überdenken ihre Asset Allocation Strategien komplett. Sie suchen Asset Manager, die mehr leisten können als das Management einer spezifischen Assetklasse im Vergleich zu einer Benchmark. Sie erwarten umfassende Expertise und Lösungen, die beispielsweise eine integrierte Steuerung ihrer Passivseite beinhalten. Für den Erfolg unserer Branche wird es künftig entscheidend sein, ob wir für die Kunden das Kapitalmarktrisiko auf intelligente Weise steuern können, und dabei die jeweiligen regulatorischen Beschränkungen im Auge behalten.“
Die Kosten der Regulierung
Pross stellt weiterhin die Ergebnisse des RiskMonitors zur Regulierung heraus. Obwohl die Befragten Notwendigkeit und Nutzen überwiegend anerkennen, sagen 73%, dass die regulatorischen Beschränkungen einen klaren Preis haben. Im Schnitt gehen die Befragten von einem Renditeverlust von 2,3% pro Jahr aus. 27% sagen aus, schon das heutige regulatorische Umfeld würde ihnen nicht erlauben, effektiv im Sinne des Kunden zu investieren. Über die Hälfte glaubt gar, dass sich die Situation weiter verschlechtern wird. In Deutschland erwarten dies sogar fast 80%. Für Pross ein Alarmzeichen: „In diesen Zeiten mit finanzieller Repression haben institutionelle Investoren ohnehin schon Probleme, eine auskömmliche Rendite zu erzielen. Bei allen angedachten regulatorischen Initiativen muss deshalb beachtet werden, dass weiterer Druck auf die Rendite letztlich den künftigen Pensionär oder Versicherungsnehmer belastet.“
Über den RiskMonitor
Mit dem ersten global durchgeführten RiskMonitor erweitert Allianz Global Investors den Umfang der bisherigen Umfrage unter institutionellen Investoren. Der RiskMonitor stellt dar, wie Entscheidungsträger der Branche in Europa, Nord- und Südamerika sowie Asien/Pazifik finanzielle und regulatorische Risiken einschätzen. Die Befragung wurde im Juli und August 2013 von Institutional Investor Research durchgeführt. Insgesamt 390 Entscheidungsträger aus 41 Ländern haben teilgenommen. Sie repräsentieren ein verwaltetes Vermögen von rund 50 Billionen USD. Die Ergebnisse sind als Download verfügbar unter: www.allianzgi.com/riskmonitor.