Was die Verlautbarungen von der EZB-Sitzung im Juni betrifft, so erwarten wir vorsichtigere Töne. Die jüngsten Konjunkturindikatoren haben gezeigt, dass die Verlangsamung des Wachstumstempos im zweiten Quartal 2018 angehalten hat. Das laufende Quartal dürfte das schwächste in den letzten zwei Jahren sein.
Zwar stieg die Inflationsrate im Mai überraschend auf 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr (Kernrate 1,3 Prozent), dies war jedoch hauptsächlich auf einen starken Anstieg der Energiepreise zurückzuführen, die gegenüber dem Vorjahr um 6,1 Prozent zulegten. Letzteres dürfte den Teuerungsanstieg aus Sicht der Bank relativieren, deren Glaubwürdigkeit aufgrund strukturell niedriger Inflation in den letzten Jahren gelitten hat.
Vor diesem Hintergrund dürfte die EZB feststellen, dass die Abwärtsrisiken für ihre ökonomische Prognosen zugenommen haben. Dies gilt vor allem auch unter Berücksichtigung der protektionistischen Tendenzen in den USA und wieder aufflammender politischer Risiken in Italien.
Der EU steht hinsichtlich der Fiskaldisziplin und einer Einhaltung von EU-Regeln eine ernste Konfrontation mit der neuen italienischen Koalitionsregierung bevor. Zwar dürfte sich die EZB derzeit noch eines Kommentars enthalten. Gleichwohl werden die Finanzmärkte genau auf die Reaktion der Zentralbank auf Marktbewegungen beobachten, die die Finanzmarktstabilität gefährden könnten. Bislang ist dies jedoch noch nicht geschehen.
Angesichts all dieser Unsicherheiten ist es voraussichtlich aus Sicht der EZB noch zu früh, sich detaillierter zu ihrem Vorgehen bei einem Ausstieg aus der ultra-lockeren Geldpolitik zu äußern – auch wenn das Anleihenkaufprogramm im September dieses Jahres planmäßig ausläuft. In unserem Basisszenario erwarten wir, dass das QE-Programm langsamer – erst im Dezember 2018 – auslaufen wird. Zu einer ersten Zinserhöhung dürfte es im zweiten Halbjahr 2019 kommen.
Franck Dixmier, Global Head of Fixed Income, Allianz Global Investors