Es besteht kein Zweifel daran, dass die Europäische Zentralbank (EZB) während der nächsten Sitzung am 13. Dezember den Abschluss ihres Anleihen-Kaufprogramms ankündigen wird, auch wenn die jüngsten Wirtschaftsdaten den Zeitpunkt dieser Ankündigung ungünstig erscheinen lassen. Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone hat sich im dritten Quartal auf lediglich 0,2 Prozent verlangsamt – die niedrigste Rate seit vier Jahren. Auch die Teuerungsrate hat sich abgeschwächt: Die Inflation betrug im November 2 Prozent und die Kerninflation lag bei 1 Prozent (nach 2,2 Prozent bzw. 1,1 Prozent im Oktober).
Trotz der schwächeren Daten gehen wir davon aus, dass die EZB ihren Kurs beibehalten und an der Beendigung der Anleihen-Käufe festhalten wird. Hierauf deuten sowohl die jüngsten Äußerungen von EZB-Präsident Mario Draghi vor dem Europäischen Parlament als auch das Protokoll der letzten EZB-Sitzung hin. Die Zentralbank betrachtet die jüngste Datenabschwächung eher als temporären Gegenwind denn als Trendwende. Darüber hinaus lässt das hohe Wachstum der Eurozone im Jahr 2017 die jüngsten Daten optisch schlechter erscheinen als sie sind.
Auch wenn wir keine überraschende Ankündigung am 13. Dezember erwarten, dürften die aktualisierten Wirtschaftsprognosen der EZB, die erstmals das Jahr 2021 umfassen werden, eine interessante Lektüre sein. Wir gehen davon aus, dass die offizielle Wachstumsprojektion trotz des jüngsten Ölpreisverfalls nur leicht nach unten korrigiert wird. Denn letztlich sollte billigeres Öl die Kaufkraft und damit die Kerninflation ankurbeln.
Dies alles spricht aus unserer Sicht für die Normalisierung der Geldpolitik in kleinen Schritten. Es wäre falsch zu glauben, dass das Ende des Anleihen-Kaufprogramms das Ende einer akkommodierenden Geldpolitik bedeutet. Drei Themen werden dabei im Jahr 2019 im Mittelpunkt stehen:
- Die Bedingungen der Reinvestitionspolitik der EZB. Während für 2019 mit einer Reinvestition von 212 Mrd. EUR an fälligen Schuldtiteln gerechnet wird, bleiben viele Unbekannte bestehen. Bisher hat sich die EZB weder zum Wiederanlagehorizont noch zur Laufzeit der neu erworbenen Anleihen oder zur Aufteilung der Käufe auf öffentliche und private Schulden geäußert.
- Der Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung. Während frühere EZB-Prognosen die Märkte veranlasst haben könnten, eine Zinserhöhung im Herbst nächsten Jahres zu erwarten, gehen die jüngsten Erwartungen davon aus, dass eine Zinserhöhung erst im Frühjahr 2020 stattfinden wird.
- Die Fähigkeit, neue langfristige Kredite anzubieten, um den Bedürfnissen der Banken gerecht zu werden. Die EZB würde dieses Instrument im Falle von Liquiditätsengpässen nutzen. Diese könnten etwa darauf zurückzuführen sein, dass viele Banken bestehende billige Kredite zurückzahlen müssen, die als Targeted Longer-Term Refinancing Operations (TLTROs) bekannt wurden.
Auch wenn dies zentrale Fragen sind, erwarten wir nicht, dass die EZB während ihrer nächsten Sitzung zu allen Punkten ausführlich – wenn überhaupt – Stellung nehmen wird. Denn der Bank wird daran gelegen sein, weiterhin flexibel auf Veränderungen in der Wirtschaft reagieren zu können.
Die Fortsetzung der akkommodierenden Geldpolitik der EZB dürfte jedoch eine gute Nachricht für die Anleger sein, die eine vorzeitige Straffung der Geldpolitik befürchtet haben. Die Sitzung am 13. Dezember sollte daher auch die Stimmung an den Anleihemärkten in der Eurozone nicht groß ändern, die derzeit mehr von einer starken Risikoaversion als von Fundamentaldaten getrieben werden.