Der Konjunkturausblick für den Euroraum hat sich verschlechtert. Für die Finanzmärkte ist daher die neue Lageeinschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) interessant. Wir gehen davon aus, dass die EZB Zinserhöhungen weiter hinauszögern und gleichzeitig ein neues Liquiditätsprogramm für Banken ankündigen wird.
Vor dem Hintergrund sich verschlechternder Konjunkturaussichten und sinkender Inflationserwartungen für die Eurozone erwarten die Finanzmärkte mit Spannung die EZB-Sitzung am 7. März. Während der vorhergehenden Sitzung im Januar hatten die Notenbanker zwar eine konjunkturelle Verlangsamung zur Kenntnis genommen, deren Dauer und mittelfristige Bedeutung jedoch in Frage gestellt. Das Protokoll zur Sitzung zeigte darüber hinaus, dass es den EZB-Mitgliedern schwer fiel, zu einer einigermaßen sicheren Einschätzung zu gelangen. Zur März-Sitzung dürften nun jedoch die offiziellen Wachstums- und Inflationsprognosen angepasst werden.
Dabei wird die Zentralbank genauer analysieren, welche Auswirkungen die Wachstumsverlangsamung auf den mittelfristigen Wirtschaftsausblick für den Euroraum hat und wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer Erholung in der zweiten Jahreshälfte ist. Von Interesse wird auch sein, ob die Zentralbank die Ursachen primär auf einzelne europäische Länder und/oder Sektoren zurückführt oder auf generell gestiegene globale Unsicherheiten.
Ein weiteres wichtiges Thema der Sitzung am 7. März dürfte die Frage der Neuauflage eines Liquiditätsprogramms sein. Im Juni 2020 werden rund 380 Mrd. Euro an gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (Targeted Longer-Term Refinancing Operations, TLTROs) fällig – zinsgünstige Kredite also, die die EZB an Banken verliehen hat.
Im Januar noch schien es die EZB nicht eilig zu haben, über ein mögliches neues Liquiditätsprogramm zu diskutieren. Jüngste Äußerungen der Direktoriumsmitglieder Benoît Cœuré und Peter Praet deuten nun jedoch darauf hin, dass Bewegung in die Sache kommen könnte. Ohne ein neues Liquiditätsprogramm würden sich die TLTRO-Rückzahlungen im Jahr 2020 negativ auf die Bilanz der EZB auswirken und zu einer deutlichen Straffung der monetären Bedingungen führen. Im aktuellen Umfeld einer Konjunkturabschwächung wäre dies nicht angemessen. Wir erwarten daher für die bevorstehende Sitzung die Ankündigung eines neuen Programms. Technische Details dazu dürften allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben werden.
Angesichts der Abwärtskorrektur der Wachstumsaussichten für die Eurozone sollten sich Anleger darauf einstellen, dass eine erste Zinserhöhung erst im Jahr 2020 erfolgt. Die Märkte preisen dies ein und das Protokoll zur Januarsitzung zeigt, dass die EZB mit diesen Erwartungen recht zufrieden zu sein scheint. Die Ankündigung einer neuen Liquiditätsfazilität sollte sich darüber hinaus positiv auf die Zinsaufschläge für festverzinsliche Wertpapiere in peripheren Ländern, insbesondere Italien und Spanien, auswirken.