Die Fed-Sitzung vom 20. März dürfte wenig Überraschungen mit sich bringen. Vielmehr erwarten wir, dass die US-Notenbank ihre neue, vorsichtige geldpolitische Ausrichtung bestätigen wird. Fed-Chef Jerome Powell hat diesen Ansatz unlängst während der populären TV-Nachrichtensendung „60 Minutes" eingehend erörtert. Während des Interviews machte Powell deutlich, dass er die aktuelle Zinspolitik angesichts des niedrigen US-Inflationsniveaus für angemessen hält und eine Zinsanpassung nicht für dringlich erachtet.
Tatsächlich hat die US-Notenbank ihre Ziele Vollbeschäftigung und Preisstabilität weitgehend erreicht:
- der Preisindex für die Konsumausgaben (PCE-Index) liegt aktuell bei 1,94%, dessen Kernrate (Core PCE, der bevorzugte Indikator der Fed) bei 1,9% und der Verbraucherpreisindex (CPI) bei 2,2%
- die Inflationserwartungen bleiben moderat, was durch die neu veröffentlichten dreijährigen Inflationserwartungen der Haushalte bestätigt wird; diese sind von 3,0% auf 2,8% gesunken, der niedrigste Stand seit 18 Monaten
- die Inflationserwartungen, die in zweijährigen inflationsindexierten Anleihen (Treasury Inflation-Protected Securities, TIPS) eingepreist sind, liegen bei 1,90% und damit unter dem Inflationsziel der Fed.
Insgesamt stützen diese Indikatoren voll und ganz eine Pause im Zinserhöhungskurs der Fed, auch wenn die Löhne mit einem Plus von 3,4% gegenüber Vorjahr den stärksten Anstieg seit 2009 aufweisen.
Seit geraumer Zeit bereits diskutiert die Fed jedoch eine neue Herangehensweise an das Thema Inflation. Dabei könnte sie die Geldpolitik nach einer durchschnittlichen Inflationsrate ausrichten und Zeiten tolerieren, in denen das 2%-Ziel vorübergehend überschritten wird, um Zeiten zu kompensieren, in denen es unterschritten wird. Eine derartige Strategieanpassung, die von Powell jedoch noch nicht bestätigt wurde, würde es der Fed ermöglichen, flexibler und pragmatischer zu handeln. Und sie würde vermutlich weniger Überraschungen für die Märkte mit sich bringen. Sie entspräche auch dem Wunsch der Fed, weniger in Zwänge einer „automatischen“ Zinssteuerung zu geraten. Dies wiederum würde es ihr erleichtern, gegebenenfalls „hinter der Kurve" zu bleiben – sprich: die Zinsen nicht in einem Tempo anzuheben, das mit der Inflation Schritt hält.
Die bevorstehende Fed-Sitzung wird aber aus anderen Gründen interessant sein:
- die Notenbank wird die Prognosen der Fed-Mitglieder für Wachstum, Inflation und kurzfristige Zinsen vorlegen
- die sogenannten „Fed Dots“ – ein Diagramm der Leitzinserwartungen der Fed-Mitglieder – werden Aufschluss über die geldpolitische Haltung der Zentralbanker geben; wir gehen davon aus, dass diese bis 2021 nur ein bis zwei, aber nicht mehr drei Zinserhöhungen andeuteten werden
- wir erwarten, dass die Fed in ihrer Stellungnahme nach der Sitzung wichtige Risiken für die US-Wirtschaft hervorheben wird: Handelskonflikte mit China und Europa sowie politische Risiken wie den Brexit
- der Abbau der Notenbankbilanz von aktuell 4 Billionen US-Dollar dürfte weiter voranschreiten; dieser Prozess hat 2017 begonnen, nach einem Höchststand von 4,5 Billionen US-Dollar im Jahr 2015.
Bezüglich des letzten Punktes zeigt das Protokoll der Januarsitzung, dass die Fed-Mitglieder einstimmig eine Aussetzung des sogenannten Quantitative Tightening – also einer Bilanzverkürzung durch Wertpapierverkäufe – im Jahr 2019 befürworteten, um eine Verschärfung der monetären Bedingungen zu vermeiden. Fed-Chef Powell hat dies im Februar in einer Rede vor dem Finanzausschuss des US-Kongresses bestätigt. Hiermit dürfte es der Notenbank einfacher fallen, die Liquiditätsreserven der Banken zu beeinflussen, um die kurzfristigen Zinsen in einem vordefinierten Bereich zu halten. Was dies für die Zusammensetzung der Bilanz bedeutet – insbesondere im Hinblick auf hypothekarisch besicherte Wertpapiere und Restlaufzeiten – ist jedoch offen.
Anleger können von der Fed erwarten, dass sie die kurzfristigen Zinsen vorerst auf dem aktuellen, neutralen Niveau hält. Diese stellen unserer Meinung nach einen starken Anker für die US-Zinsstrukturkurve und die längerfristigen US-Zinsen dar. Anleger sollten aber auch im Hinterkopf behalten, dass sich die Fed mittelfristig alle Optionen offen- und die Wirtschaftsdaten weiter genau im Blick behält. Das Wirtschaftswachstum bleibt nämlich robust und oberhalb der Potenzialrate, auch wenn die jüngsten Daten aufgrund des „Government Shutdown“ teilweise mit Unsicherheiten behaftet sind. Jüngsten Veröffentlichungen zufolge lag der Beschäftigungsanstieg im Dreimonatsmittel zuletzt bei 180.000. Diese Zahl mag zwar einige Marktbeobachter enttäuscht haben, sie deutet aber auf einen anhaltenden Lohnanstieg hin.
Während die Fed versucht, in ihrem geldpolitischen Kurs flexibler denn je zu sein, können wir eine Zinserhöhung Ende 2019 nicht ausschließen, wenn die Inflation steigt oder die Risiken zurückgehen. Dies ist unser Basisszenario. Die US-Anleihenmärkte scheinen insofern verwundbar, da die Marktteilnehmer in toto davon ausgehen, dass die Fed die Zinsen nicht weiter erhöhen, sondern im Jahr 2020 senken wird.
Franck Dixmier, Global Head of Fixed Income, Allianz Global Investors