Angesichts der sich abschwächenden US-Wirtschaft und der niedrigen Kerninflation dürfte die Fed die Pause bei der Normalisierung ihrer Geldpolitik verlängern. In diesem Szenario rechnen wir erst 2020 mit Zinsanhebungen.
Die dynamischen Haushaltsausgaben dürften eine harte Landung der US-Wirtschaft trotz nachlassender fiskalischer Impulse und anhaltender Handelsspannungen verhindern. Auch die Inflation bleibt trotz Lohnerhöhungen stabil. Diese Anomalie führen wir auf eine höhere Produktivität und die Zurückhaltung der Unternehmen zurück, Preiserhöhungen in diesem Umfeld an die Verbraucher weiterzugeben.
Das Protokoll der letzten Sitzung des Federal Open Market Committees (FOMC) am 20. März spiegelt die Besorgnis über die niedrige Kerninflation und die historisch niedrigen Inflationserwartungen wider. Der Kernverbraucherpreisindex (CPI) und die Ausgaben für den privaten Konsum (PCE) sind seit Mitte 2018 rückläufig. Jedoch erscheinen die Argumente, die für eine Zinserhöhung oder Zinssenkung sprechen, nicht auszureichen.
Gegenargumente für eine Zinsanhebung
- Generell scheint sich die Fed dem Ansatz einer durchschnittlichen Inflationsrate anzunähern, bei der sie zeitweilig eine Über- oder Unterschreitung des 2%-Ziels toleriert. Diese zentrale Idee dürfte in die strategische Überprüfung der Geldpolitik inklusive der Instrumente und der Kommunikation unter der Leitung von Vizepräsident Richard Clarida einfließen. Auch wenn Ergebnisse nicht vor Ende des Jahres erwartet werden, sind solche Überlegungen seitens der FOMC-Mitglieder wahrscheinlich. Damit ließe sich erklären, dass die Fed leichte Inflationsüberschreitungen in einem starken Konjunkturumfeld ohne Zinserhöhung akzeptiert. Es steht auch im Einklang mit dem Ansatz, "hinter der Kurve" zu bleiben, da die Fed bewusst vermeidet, die Zinsen im Inflationstempo anzuheben.
- Die Beschleunigung der lohninduzierten Inflation in dieser Zyklusphase dürfte nicht von Dauer sein.
- Angesichts der mehrheitlichen Markterwartung einer Zinssenkung könnte eine isolierte Zinserhöhung schaden und als geldpolitischer Fehler wahrgenommen werden. Sie sollte Teil eines Zyklus sein, der im aktuellen Kontext allerdings schwer zu rechtfertigen ist.
Gegenargumente für eine Zinssenkung
- Nur unterdurchschnittliche Wachstumsraten, ein weniger dynamischer Arbeitsmarkt inklusive steigender Arbeitslosigkeit und rückläufigen neuen Arbeitsplätzen unter strafferen monetären Bedingungen würden aus unserer Sicht für eine geldpolitische Lockerung sprechen.
Die Fed hat daher unserer Meinung nach die richtige geldpolitische Balance zwischen der kalkulierbaren Verlangsamung der US-Wirtschaft und gleichzeitiger Rückkehr der Aktienmärkte auf das Niveau von Mitte 2018 gefunden, was einen positiven Vermögenseffekt zur Folge hat.
Wir bewerten die Forderungen von Präsident Donald Trump nach niedrigeren Zinsen oder die Benennung umstrittener Personalien als Einmischung in die Unabhängigkeit der Fed. Diese Bemühungen stehen der Glaubwürdigkeit der amerikanischen Notenbank entgegen, die sie sich über viele Jahre aufgebaut hat. Die Argumente der Zentralbanker sind unserer Ansicht nach überzeugend genug, um nicht an eine Unterbrechung der geldpolitischen Normalisierung aufgrund politischer Intervention zu glauben.