Nachdem die geldpolitische Ausrichtung von US-Notenbank (Fed) und Europäischer Zentralbank (EZB) seit Ausbruch der Coronapandemie stark gleichgerichtet war, ist für 2022 kein synchroner Kurs mehr zu erwarten. Denn die Zentralbanken agieren nun in einem geänderten Umfeld: Sowohl hinsichtlich der Inflations- und Wachstumsentwicklung als auch mit Blick auf die Coronakrise sitzen die Vereinigten Staaten und die Eurozone nicht mehr im gleichen Boot. Mit Blick auf die Geldpolitik bedeutet dies: Angesichts eines nicht mehr als nur vorübergehend angesehenen Inflationsanstiegs dürfte die Fed beschleunigt eine Normalisierung der Geldpolitik angehen. Bei der EZB hingegen dürfte dieser Prozess deutlich zaghafter verlaufen. Als Konsequenz werden sich die Leitzinsdifferenzen zwischen den beiden Regionen vergrößern.
Fed ändert ihren Kurs
- Die Fed dürfte auf ihrer FOMC-Sitzung am 14. und 15. Dezember ankündigen, das Tempo des Tapering zu beschleunigen. Die Wertpapierkaufprogramme dürften also schneller als zuvor avisiert beendet werden, nämlich nun voraussichtlich bereits im März 2022.
- Im Gefolge der Sitzung wird die Fed auch ihre neuen Wachstums- und Inflationsprognosen bekanntgeben, wobei letztere voraussichtlich nach oben korrigiert werden. Auch bei den Leitzinserwartungen der einzelnen Mitglieder des Offenmarktausschusses, den sogenannten „Fed Dots“, dürfte es eine Anpassung nach oben geben, entsprechend der aktuellen Markterwartung von je drei Zinserhöhungsschritten in den Jahren 2022 und 2023.
- Die Märkte sind auf eine restriktivere Haltung der Fed vorbereitet. Dies zeigen die Erwartung kurzfristiger Zinserhöhungsschritte und – in deren Gefolge – der deutliche Rückgang der langfristigen Inflationserwartungen. Gleichwohl sollten Anleger mit erhöhter Volatilität rechnen.
EZB bleibt auf Kurs, passt aber die Geldpolitik an
- Von Seiten der EZB erwarten wir eine Bestätigung, dass das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) bis Ende März 2022 auslaufen wird. Gleichzeitig – und als partielle Kompensation – dürfte es aber eine Aufwärtskalibrierung der monatlichen Käufe im Rahmen des Asset Purchase Programme (APP) geben.
- Im Unterschied zu den USA erwarten wir von der EZB jedoch keinerlei Äußerungen hinsichtlich etwaiger Zinsänderungen. Hierzu dürfte es solange nicht kommen, wie die EZB den Inflationsanstieg als vorläufig erachtet.
- Die Zinserwartungen der Anleger bleiben auf niedrigem Niveau gut verankert. Wenngleich die Volatilität der Zinsdifferenzen zunehmen dürfte, scheint Investoren Ruhe angeraten.
Franck Dixmier, Global CIO Fixed Income, Allianz Global Investors