Von der EZB-Sitzung am 3. Februar 2022 ist nicht viel an Neuigkeiten zu erwarten: Das Umfeld ist weiterhin geprägt von Wachstumsrisiken, anhaltend hohen geopolitischen Spannungen und einer Inflationsrate, deren Anstieg von der Notenbank nach wie vor als vorübergehend angesehen wird.
Angesichts der anhaltenden Covid-19-Pandemie und internationaler Lieferketten-Engpässe sind die Risiken für den Wachstumsausblick für den Euroraum eher abwärtsgerichtet. Der Internationale Währungsfonds hat seine Wachstumsprognose für die Region für 2022 um 0,4 Prozentpunkte auf 3,9 Prozent und für 2023 auf 2,5 Prozent gesenkt, was leicht über dem Potenzialwachstum liegt. Außerdem haben die geopolitischen Risiken zugenommen, insbesondere mit Blick auf den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland, was reale Auswirkungen auf Wachstum und Inflation haben könnte.
Darüber hinaus betrachtet die EZB die aktuell erhöhte Inflation weiterhin als vorübergehend. Wenngleich die Teuerung im Dezember mit 5 Prozent sogar leicht über den Erwartungen von 4,8 Prozent lag (vor allem aufgrund eines Anstiegs der Energiepreise um 26 Prozent) und die Kerninflation 2,6 Prozent betrug, ist davon auszugehen, dass sie bis zum Jahresende wieder unter die Zielmarke von 2 Prozent sinken wird. Dies deckt sich mit der im Dezember von EZB-Präsidentin Christine Lagarde und in jüngster Zeit von mehreren Zentralbankvertretern geäußerten Ansicht.
Die Pressekonferenz im Anschluss an die dieswöchige Sitzung gibt der EZB-Präsidentin die Gelegenheit, die Äußerungen einiger Mitglieder des EZB-Rates in den vergangenen Wochen aufzugreifen. Die Zentralbank wird voraussichtlich ihre Bereitschaft bekräftigen, ähnlich wie die US-Notenbank pragmatisch und flexibel zu agieren, sollte die Inflation über ihrem 2-Prozent-Ziel bleiben. Unter den Instrumenten, die der Notenbank zur Verfügung stehen, wäre das erste eine Einstellung der Wertpapierkäufe – wie bereits von EZB-Chefvolkswirt Philip Lane angesprochen. Erst nach einem Ende der Netto-Wertpapierkäufe dürfte eine Zinserhöhung in Betracht kommen.
Die zuletzt vergleichsweise „hawkishe“ Haltung der US-Notenbank Fed, die im Januar ihre Bereitschaft sowohl zu Zinserhöhungen als auch zu einer baldigen Reduzierung ihrer Bilanz bekundete, dürfte die Entscheidungsfindung der EZB aktuell nicht beeinflussen. Die Wirtschafts- und vor allem die Inflationsentwicklung in den USA und der Eurozone verlaufen nicht synchron. So gibt es in der Eurozone insbesondere keine Anzeichen einer Preis-Lohn-Spirale. Außerdem steht die EZB – abgesehen vielleicht von Deutschland – nicht unter öffentlichem Druck zu handeln. Und – was vielleicht am wichtigsten ist – sie hat bereits etwas getan, um die geldpolitischen Falken zu besänftigen: sie hat das Pandemie-Notfallankaufprogramm PEPP gestoppt.
Auch von Seiten der Finanzmärkte steht die EZB nicht unter Handlungsdruck. Die Märkte halten das Szenario eines lediglich vorübergehenden Inflationsanstiegs offenbar für glaubwürdig, wie der Rückgang der Inflationserwartungen zeigt: So ist die 10-Jahres Breakeven-Inflationsrate von 1,95 Prozent im Oktober auf 1,74 Prozent Ende Januar gefallen, die 5-Jahres-Rate sogar von 2,10 Prozent auf 1,81 Prozent, und dies, obwohl die Verbraucherpreise gleichzeitig gestiegen sind.
Alles in allem sollte die anstehende EZB-Sitzung daher keine gravierenden Auswirkungen auf die Finanzmärkte haben. Die eingepreiste Anhebung des Einlagensatzes um 10 Basispunkte auf -0,40 Prozent ab September 2022 erscheint hingegen verfrüht.
Franck Dixmier, Global CIO Fixed Income, Allianz Global Investors