Krieg in der Ukraine: AllianzGI-Stratege Hirt über Auswirkungen auf die Asset Allocation

Die eher zaghaften Sanktionen des Westens vermochten den russischen Präsidenten Putin offensichtlich nicht davor abzuschrecken, die Ukraine militärisch anzugreifen. Wir sehen uns mit der dramatischsten Sicherheitskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg konfrontiert. Allianz Global Investors | 24.02.2022 15:32 Uhr
Gregor Hirt, Global CIO Multi Asset, AllianzGI / © AllianzGI
Gregor Hirt, Global CIO Multi Asset, AllianzGI / © AllianzGI
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Die eher zaghaften Sanktionen des Westens vermochten den russischen Präsidenten Putin offensichtlich nicht davor abzuschrecken, die Ukraine militärisch anzugreifen. Wir sehen uns mit der dramatischsten Sicherheitskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg konfrontiert.

Die Ukraine ist zwar ein großes Land und verfügt über eine der 30 größten Armeen der Welt, aber es sollte kein Zweifel darüber bestehen, dass Russland seine primären militärischen Ziele vermutlich schnell erreichen wird. Die größere Frage ist, wie es danach weitergeht. Eine langfristige und als feindlich wahrgenommene Besetzung des Landes kann sich Moskau kaum leisten. Darüber hinaus muss man sich – auch aufgrund der wütenden Fernsehansprache von Putin – darüber im Klaren sein, dass im schlimmsten Fall russische Truppen oder deren Verbündete versehentlich in direkten Kontakt mit NATO-Truppen kommen könnten. Dies würde zweifellos das Risiko massiver Marktreaktionen bergen, von den möglichen militärischen Folgen ganz zu schweigen.

Interessanter war die offizielle Reaktion Chinas: Wie zuvor wurde bekräftigt, dass das Verhandlungsfenster noch nicht geschlossen sei. China befindet sich immer in einem Dilemma, wenn eine ausländische Macht eine abtrünnige Provinz anerkennt. Zudem ist wichtig zu differenzieren: China und Russland haben zwar strategische, aber keine militärischen Beziehungen. Daher spiegeln Kommentare wie „China stellt sich auf die Seite Russlands“ in unseren Augen nicht die Realität wider. China wird es immer vorziehen, sich nicht einzumischen. Dies zeigt sich auch darin, dass das Land die Krim nie anerkannt hat. 

Auswirkungen auf Wirtschaft und Finanzmärkte

Die Marktreaktionen heute früh waren wenig überraschend: starke Börseneinbrüche, während Öl und Gold zu den wichtigsten sicheren Häfen gehörten. Die Gaspreis-Futures sind ebenfalls in die Höhe geschnellt, was in vielen europäischen Ländern vor allem die untere Mittelschicht wirtschaftlich stark treffen und zu Wachstumseinbußen führen wird. Gleichzeitig können mögliche Stromausfälle zu einer Verlangsamung der Produktion führen könnten, was sich ebenfalls negativ auf das Wachstum auswirken würde. Natürlich hat all dies auch eine höhere Inflation zur Folge. Die EZB bringt dies in eine schwierige Lage, da die Inflationszahlen bereits ein unerwünscht hohes Niveau erreicht haben, was die Märkte zu Spekulationen über Zinserhöhungen noch in diesem Jahr veranlasst hat. Angesichts der gravierenden Wachstumsrisiken, vor allem in Europa, dürfte die EZB vorerst jedoch eher eine abwartende Haltung einnehmen. 

Auswirkungen auf die Asset Allocation

Mit Blick auf die Multi-Asset-Anlagestrategie hat AllianzGI bereits im letzten Quartal 2021 eine vorsichtige Haltung eingenommen und empfohlen, die Allokation in sichere Häfen wie US-Treasuries und Gold zu erhöhen. Nach der Anerkennung der Separatistenregionen durch Russland vor wenigen Tagen haben wir eine noch vorsichtigere Position gegenüber risikobehafteten Anlageklassen empfohlen. Diese Einschätzung halten wir ebenso aufrecht wie die positive zu Rohstoffen, auch wenn die OPEC ihre Produktion möglicherweise ausweiten könnte. 

Die Marktliquidität gilt es kritisch im Auge zu behalten, insbesondere bei russischen oder russlandbezogenen Wertpapieren, da diese mehr und mehr von den Sanktionen seitens der EU und den USA betroffen sein werden. So hat die EU gestern Abend beschlossen, den direkten oder indirekten Handel von Finanzinstrumenten zu verbieten, die von der russischen Regierung, der Zentralbank, staatlichen Stellen oder in deren Namen handelnden Personen ab dem 9. März ausgegeben werden.  Dies bedeutet, dass Russland nun von der Emission neuer Schulden sowie der Refinanzierung seiner Schulden ausgeschlossen ist. Dies könnte zu erheblichen Abflüssen aus allen damit verbundenen russischen Instrumenten führen, mit möglichen Ausstrahleffekten auf weit verbreitete Instrumente wie ETF oder Derivate. 

Alles in allem ist durchaus möglich, dass die aktuelle Krise Marktteilnehmer veranlasst, nach Jahren solider Performance ihre Engagements in Aktien bzw. risikobehafteten Vermögenswerten zu reduzieren. Wir raten daher weiter zu einer vorsichtigen Positionierung.

Gregor Hirt, Global CIO Multi Asset, AllianzGI

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