Chinas langfristiger Wachstumskurs wurde in den letzten Monaten durch einen fast schon perfekten Sturm, bestehend aus mehreren simultan auftretenden Herausforderungen, ins Schlingern gebracht: wiederaufflammende geopolitische Spannungen mit dem Westen, regionale Lockdowns aufgrund der chinesischen Null-Covid-Politik, eine verschärfte Regulierung der eigenen Tech-Giganten, US-amerikanisches Vorgehen gegen in den USA gelistete chinesische Unternehmen. Vor einer Rückkehr zum alten Wachstumspfad müssen die Rückschläge überwunden werden, wozu jedoch die Reaktion der Regierung und die wirtschaftliche Stärke des Landes beitragen dürften. Dies ist eine wesentliche Erkenntnis der 13. Allianz Global Investors Asia Conference, die diese Woche virtuell stattfand.
Im Programmpunkt „China & die USA als konkurrierende Supermächte – Geopolitik im 21. Jahrhundert“ erläuterte Virginie Maisonneuve, Global CIO Equity, dass wir derzeit Zeitzeugen gravierender geopolitischer Verschiebungen sind, wobei es letztlich um einen „Wettlauf an die Spitze“ zwischen China und den USA geht. China befindet sich derzeit in Phase 3 seiner wirtschaftlichen Transformation und strebt über den wirtschaftlichen Supermachtstatus hinaus eine globale Führungsrolle an. Technologie und KI werden entscheidende Einflussfaktoren in diesem Wettstreit und einem Umfeld sein, das auch als „digitaler Darwinismus“ charakterisiert werden kann. Aus Anlegersicht ist aktuell wichtig, dass die Geldpolitik weltweit in einem Maße gestrafft wird, wie es in den letzten Jahrzehnten selten der Fall war. China hingegen schlägt einen anderen Weg ein: fiskal- und geldpolitische Stimulierungsmaßnahmen, die den dortigen Börsen ab der zweiten Jahreshälfte wieder Rückenwind verleihen dürften. Darüber hinaus ist aufgrund jüngerer Korrekturen die Bewertung der chinesischen Aktienmärkte vergleichsweise attraktiv. „In einer historischen Betrachtung boten Perioden extremer Aktienmarktvolatilität in China regelmäßig langfristige Kaufgelegenheiten. Unserer Einschätzung nach haben viele Aktien wieder Bewertungsniveaus erreicht, die nach vorne schauend ein gutes Rendite-Risiko-Potenzial aufweisen“, fasst Maisonneuve zusammen.¹
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen erläuterte Anthony Wong, China-Aktienfondsmanager, im Vortrag „Chinesische Aktien – Rückblick, Ausblick, Positionierung“, die Anpassungen, die in den letzten Monaten in China-A- und All-China-Portfolien von AllianzGI vorgenommen wurden. So wurde mit Blick auf die genannten Herausforderungen etwa das Exposure in Infrastruktur-bezogenen Unternehmen, bei Basiskonsumgütern und im IT-Sektor erhöht. Im Gegenzug wurde die Gewichtung zyklischer Konsumgüter, die unter der Wirtschaftsabkühlung infolge der Covid-19-Krise leiden, sowie des Gesundheitssektors reduziert, dessen Ausblick durch die Befürchtung einer stärkeren Regulierung belastet wird.
Eine alternative Vorgehensweise, in strukturelles Wachstum in China zu investieren, stellte Andreas Fruschki, Head of Thematic Equity, vor: thematische Aktieninvestments. Weltweit sind Fruschki zufolge vier langfristig gültige Megatrends zu beobachten – demographischer Wandel, Urbanisierung, Ressourcenknappheit sowie technologischer Fortschritt – die in Themen und Unterthemen heruntergebrochen und damit investierbar gemacht werden können. Umgesetzt wird dies seit mittlerweile mehr als fünf Jahren erfolgreich im Fonds Allianz Thematica. China ist von diesen Megatrends teilweise auf eigene Weise betroffen und bietet gleichzeitig ein hinreichend großes und diversifiziertes Anlageuniversum, um auch eine thematische Aktienstrategie explizit für dieses Land aufsetzen zu können. Fruschki bringt das Beispiel demografischer Wandel: „Während die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2100 schätzungsweise um ein gutes weiteres Drittel auf rund 11 Milliarden Menschen wachsen wird, dürfte die Bevölkerungszahl Chinas in den kommenden Jahrzehnten einen Höhepunkt erreichen und bis Ende des Jahrhunderts deutlich zurückgehen. Dies bringt ganz eigene Herausforderungen für das Land mit sich – und birgt entsprechende Investmentmöglichkeiten.“ 2021 hat AllianzGI den Fonds Allianz China Thematica aufgelegt, der über einen thematischen Ansatz im Land der Mitte investiert.
Analystin Shannon Zheng widmete sich in ihrem Vortrag Chinas Dekarbonisierungs-Strategie. Das Land hat sich verpflichtet, den Treibhausgasausstoß ab 2030 absolut zu verringern und bis 2060 klimaneutral zu werden. Zheng zufolge steht dieses Ziel im Einklang mit der langfristigen Wachstumsstrategie der Regierung und ist Teil der Staatsräson. Denn es ist Eckpfeiler der Ambition des Landes zur globalen Technologieführerschaft und eng verbunden mit strategischen Zielen wie Energiesicherheit, Wirtschaftswachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen. Im Vergleich zu Europa hinke China zwar noch hinterher bezüglich des Aufstellens von Klimaneutralitäts-Fahrplänen und des Setzens quantifizierbarer Klimaziele, gleichwohl zeigte sich Zheng überzeugt: „Schlüssel für die Dekarbonisierung ist eine landesweite Koordination. Anlegern eröffnen sich hierdurch Investmentmöglichkeiten in verschiedensten Sektoren, weit über die fast schon traditionell zu nennenden Bereiche Erneuerbare Energien und E-Mobilität hinaus.“
In einem letzten Programmpunkt wurde der Blick von China aus nach ganz Asien ausgeweitet. Sumit Bhandari, Portfolio Manager Asia Private Debt, zufolge trifft ein limitiertes Kreditangebot auf eine infolge der regionalen Wirtschaftsentwicklung signifikant steigende Nachfrage seitens wachstumsstarker Mittelstandsunternehmen. AllianzGI bietet institutionellen Anlegern eine Strategie für besicherte Kredite an derartige Unternehmen der Region an. Co-Investments der Allianz gewährleisten hierbei eine Interessengleichheit mit den Kunden.
13. AllianzGI Asia Conference beleuchtet aktuelle geopolitische und wirtschaftliche Herausforderungen sowie mittelfristige Wachstumstreiber für das Land der Mitte
¹ Details hierzu finden Sie auch im China-Teil des AllianzGI Ausblicks zur Jahresmitte: „China’s Path out of its Perfect Storm“.