- HV-Saison 2022: Erneut sind Vergütungssysteme der häufigste Grund für Ablehnungen
- AllianzGI wird gegen Mitglieder der Aufsichtsorgane stimmen, wenn das Unternehmen keine glaubwürdigen Netto-Null-Ziele verfolgt.
Allianz Global Investors hat heute seine jährliche Analyse der Stimmabgabe auf Hauptversammlungen rund um den Globus veröffentlicht, die auf der Teilnahme an 10.205 (2021: 10.190) Aktionärsversammlungen und der Abstimmung über mehr als 100.000 Aktionärs- und Managementvorschlägen basiert.
AllianzGI stimmte bei 69% (2021: 68%) aller Versammlungen weltweit gegen mindestens einen Tagesordnungspunkt oder enthielt sich. Weltweit lehnte AllianzGI 16% der kapitalbezogenen Anträge, 23% der Anträge mit Bezug zu Aufsichtsräten, und 43% der vergütungsbezogenen Tagesordnungspunkte ab.
Matt Christensen, Global Head of Sustainable and Impact Investing bei Allianz Global Investors, sagte dazu: „Aus unserer Sicht als verantwortungsbewusster, langfristiger Investor stechen zwei Themen besonders hervor: eine größere Rechenschaftspflicht in Bezug auf glaubwürdige Klimaschutzziele und ein weiterhin sehr kritischer Blick auf die Vergütung. Auch im Jahr 2022 haben wir unsere Stimmrechte – eines der mächtigsten Instrumente, das wir haben, um Veränderungen zu bewirken – genutzt, um Einfluss auf Unternehmen auszuüben. Mit Blick auf das Jahr 2023 sind wir fest davon überzeugt, dass wir durch diesen Einfluss dazu beitragen können, eine nachhaltige Zukunft für die Unternehmen und die Gesellschaft im besten Interesse unserer Kunden zu gestalten.“
Die Vergütung des Vorstands war einmal mehr das Thema, das am häufigsten auf Ablehnung stieß. Insgesamt stimmte AllianzGI gegen 42,9% der vergütungsbezogenen Beschlüsse. In Deutschland lag die Ablehnungsquote mit 46,5% noch höher, zudem ist sie gegenüber dem Vorjahr (38%) nochmals gestiegen. Im Einklang mit regulatorischen Anforderungen stellten in Deutschland viele Unternehmen zum ersten Mal ihren Vergütungsbericht zu Abstimmung. Hier stimmte AllianzGI häufig dagegen.
Antje Stobbe, Leiterin des Bereichs Stewardship bei Allianz Global Investors, erläuterte: „Im Zusammenhang mit Vergütungssystemen hatten wir oft Bedenken hinsichtlich der Transparenz, insbesondere wenn es darum ging, den Zusammenhang zwischen Leistung und Entlohnung klar offenzulegen. Problematisch waren auch diskretionäre Vergütungsbestandteile, die nicht durch entsprechende Leistung untermauert waren, und hohe Pensionsrückstellungen.“
In Anbetracht der aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen, insbesondere der hohen Inflationsraten in vielen Ländern, wird AllianzGI auch künftig großzügige Gehaltspakete kritisch bewerten. Dabei wird weiterhin überprüft werden, in welchem Verhältnis die Vorstandsvergütung zu den Gehaltserhöhungen der breiten Belegschaft steht, und ob die Unternehmen erhebliche Entlassungen, Umstrukturierungen oder Dividendenkürzungen vorgenommen haben.
Stobbe ergänzte: „Ab 2023 haben wir unsere Abstimmungsrichtlinien in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte weiter verschärft: Wir erwarten von europäischen Large-Cap-Unternehmen, dass sie ökologische, soziale und Governance-Leistungskennzahlen in ihre Vergütung einbeziehen, und werden gegen die Vergütungspolitik stimmen, wenn dies nicht umgesetzt wird. Wir haben bereits im Jahr 2022 eine Reihe von Gesprächen zu diesem Thema mit Unternehmen geführt, bei denen wir Versäumnisse festgestellt haben.“
Nachhaltigkeit wichtiges Thema auf Hauptversammlungen
Der zweitgrößte Schwerpunkt im Jahr 2022 ist laut Antje Stobbe „Say on Climate“. Dies sieht eine Abstimmung der Aktionäre über die Klimastrategie der Unternehmen auf Hauptversammlungen vor, hat sich aber bisher nur in wenigen europäischen Ländern durchgesetzt, vor allem in Frankreich und dem Vereinigten Königreich: „2022 haben wir über 52 klimabezogene Vorschläge vom Management abgestimmt. Künftig erwarten wir insbesondere, dass Unternehmen mit hohen Emissionen eine Netto-Null-Strategie formulieren und diese mit ihren Eigentümern teilen. Investoren sollten ein Mitspracherecht in Sachen Klima haben!“
AllianzGI unterstützte letztes Jahr außerdem erneut viele Anträge von Aktionären, die sich mit Fragen des Klimawandels befassen. Stobbe: „Wir sind bereit, an der Seite unabhängiger Aktionäre, einschließlich Nichtregierungsorganisationen, abzustimmen, wenn dies der Sache dient. Es gibt für kein Unternehmen einen Ausstieg aus dem Klimawandel.“ AllianzGI unterstützte 70 von 87 Aktionärsanträgen zum Thema Klima.
Künftig wird AllianzGI Vorstände verstärkt in die Verantwortung nehmen, wenn das Unternehmen keine Netto-Null-Ziele und keine glaubwürdige Strategie zu deren Erreichung vorweisen kann. Ab 2024 wird AllianzGI, je nach Zusammensetzung des Boards, gegen den Vorsitzenden des Nachhaltigkeitsausschusses, des Strategieausschusses oder den Vorsitzenden des Boards von Unternehmen mit hohen Emissionen stimmen, wenn keine Netto-Null-Ziele oder klimabezogene Finanzinformationen nach TCFD vorliegen.
Förderung von qualitativ hochwertigen Aufsichtsräten
AllianzGI legt weiterhin großen Wert auf die Zusammensetzung der Aufsichtsräte, da eine gute Unternehmensführung mit einer besseren finanziellen Leistung und hohen Nachhaltigkeitsstandards einhergeht. Neben der fachlichen Expertise geht es hier um die Unabhängigkeit der Mitglieder, ein Dauerbrenner insbesondere in Deutschland. Hierzulande stimmte AllianzGI gegen 37,5% der zur Wahl vorgeschlagenen Aufsichtsräte – die im weltweiten Vergleich höchste Ablehnungsquote. Stobbe: „Eine weitere große Sorge bleibt das Thema Mandatshäufung. Gerade in Zeiten von Krisen und hoher geopolitischer Risiken, wie wir sie derzeit erleben, erwarten wir, dass die Aufsichtsräte genügend Zeit haben, um ihre Aufgaben zu erfüllen.“ AllianzGI hat auch häufig gegen nicht-unabhängige Aufsichtsräte gestimmt, wenn sie in wichtigen Ausschüssen, insbesondere im Prüfungsausschuss, mitarbeiten.