Die jüngsten Wirtschaftsdaten machen der US-Notenbank ihre geld-politische Arbeit nicht gerade leichter. Denn die wirtschaftliche Aktivität verlangsamt sich erheblich, wie das BIP-Wachstum im ersten Quartal zeigt: Mit einer annualisierten Rate von +1,1 Prozent gegenüber Vorquartal lag das Wirtschaftswachstum unter den Erwartungen. Gleichzeitig stieg jedoch die Kerninflationsrate überraschend weiter an. Sie erhöhte sich im ersten Quartal auf 4,9 Prozent gegenüber Vorjahr, nach 4,4 Prozent im Vorquartal und einem erwarteten Anstieg von 4,7 Prozent. Dieses Niveau ist nach wie vor weit vom Preisstabilitätsziel der Zentralbank entfernt und dürfte die Fed in ihrer Überzeugung bestärken, dass eine weitere Straffung der monetären Bedingungen erforderlich ist.
Nach den bislang 475 Basispunkten (Bp.) an Zinserhöhungen seit März 2022 erwarten wir eine weitere Anhebung um 25 Bp. während der nun anstehenden Fed-Sitzung am 2. und 3. Mai. Auch an den Märkten ist ein derartiger Schritt eingepreist. Weniger klar ist jedoch, was danach kommt.
Bei ihrer Einschätzung der künftigen Inflationsdynamik wird die Fed die Verschärfung der Kreditbedingungen infolge der Schwierigkeiten bei den US-Regionalbanken berücksichtigen müssen. Der Druck auf die regionalen Banken dürfte in den kommenden Monaten zu einem erheblichen Rückgang der Kreditversorgung der Wirtschaft führen. Daher könnte die Fed neben dem Zinsschritt eine Pause im Zinserhöhungskurs avisieren, um sich Zeit zu verschaffen, um die Auswirkungen einerseits der bisherigen Straffungsmaßnahmen auf die Nachfrage und andererseits insbesondere der Anspannungen im Bankensektor auf das Kreditangebot genauer zu bewerten.
Für die Märkte würde sich dann vor allem die Frage stellen, ob es sich um eine vorübergehende Pause handelt oder um einen richtigen Schwenk in der US-Geldpolitik im Sinne eines Endes des Zinserhöhungskurses. Angesichts der aufgeführten makroökonomischen Trends würden wir zu letzterem tendieren. Ein Zinsgipfel dürfte zwar nicht als solcher angekündigt werden, er läge dann aber bei 5,25 Prozent.
Die Erwartung eines bevorstehenden Zinsgipfels wäre eine gute Nachricht für die Bondmärkte. Anlagestrategien, die auf eine Versteilung der Zinsstrukturkurve in den USA abzielen, sollten hiervon profitieren.
von Franck Dixmier, Global CIO Fixed Income, Allianz Global Investors