Zusammenfassung:
- Wir gehen davon aus, dass die Bank of Japan (BOJ) ihre Politik auf der September-Sitzung unverändert belassen wird. Neue Prognosen der Zentralbank werden erst im Oktober veröffentlicht.
- Die jüngsten Inflationsdaten zeigen eine Plateaubildung auf hohem Niveau an, gleichzeitig verlangsamt sich der globale Inflationstrend. Hinzu kommt, dass die Lohn- und Wachstums-daten zunehmend uneinheitlich geworden sind. Zudem ist die BOJ noch dabei, die Auswirkungen der jüngsten Anpassung ihrer Politik der Zinsstrukturkurvenkontrolle zu bewerten.
- BOJ-Beobachter werden den Ausführungen während der Pressekonferenz große Aufmerksamkeit schenken. Im Gegensatz zu den jüngst eher ‚dovishen‘ Äußerungen seiner Stellvertreter hat Gouverneur Ueda in einem kürzlich erschienenen Interview die Datenabhängigkeit der BOJ ‚hawkisher‘ dargestellt. Es ist wichtig zu beobachten, ob er diese Botschaft im offiziellen Rahmen der geldpolitischen Sitzung wiederholt.
Das makroökonomische Umfeld bleibt für die Bank of Japan (BOJ) herausfordernd. Die Inflation hat sich auf einem hohen Niveau eingependelt (Verbraucherpreisindex ohne frische Lebensmittel und Energie im August: 4,3 Prozent), und es wird weithin eine Verlangsamung erwartet. Gleichzeitig bleiben die Lohndaten uneinheitlich. Während die vielbeachteten Shunto-Verhandlungen einen deutlichen planmäßigen Lohnanstieg von 3,58 Prozent ergaben, verlangsamte sich das Wachstum der durchschnittlichen monatlichen Verdienste im August auf 1,3 Prozent gegenüber Vorjahr (real -2,5 Prozent). Eine Preis-Lohn-Spirale ist somit noch nicht erkennbar. Zudem hat sich das Wirtschaftswachstum in letzter Zeit verlangsamt: Einerseits lässt der Impuls der Wiedereröffnung nach, andererseits dürfte die schwächere Auslandsnachfrage aus China bzw. Europa sowie eine mögliche Verlangsamung in den USA für Gegenwind sorgen.
Auf der bevorstehenden BOJ-Sitzung wird sich zeigen, ob Gouverneur Kazuo Ueda seinen ‚hawkishen‘ Tonfall aus einem jüngsten Presse-interview bestätigt. Die Absichten hinter seinen überraschenden Äußerungen sind nicht ganz klar: Handelte es sich um eine verbale Intervention zur Stützung des japanischen Yen, richtete er sich eher an die breite Öffentlichkeit, oder stellen die Äußerungen einen echten Sinnes-wandel der BOJ dar? Die Notenbank scheint zunehmend besorgt zu sein über negative Zweitrundeneffekte einer übermäßigen Yen-Schwäche. Diese ist auch aus politischer Sicht unpopulär, allerdings verfügt die BOJ diesbezüglich nur über begrenzte Instrumente.
Was die Positionierung anbelangt, so bleiben wir bei unserer vorsichtigen Haltung gegenüber japanischen Staatsanleihen (JGBs). Trotz des beträchtlichen Renditeanstiegs infolge der Anpassungen der BOJ- Zinsstrukturkurvenkontrolle (Yield Curve Control, YCC) sind die Käufe inländischer Anleger nach wie vor gering. Außerdem kauft die Bank weiterhin in großem Umfang Anleihen. Daher könnten die Renditen auf dem Weg zu einer eventuellen Normalisierung von ihren aktuellen Niveaus aus weiter steigen.
Mit Blick auf den japanischen Yen behalten wir unsere optimistische Einschätzung bei. Die langjährig niedrigen Wechselkurs-Niveaus in Verbindung mit der Markterwartung eines Zinsgipfels im internationalen Zinserhöhungszyklus bergen Aufwärtspotenzial für den Yen. Der Zinsnachteil für Japan ist allerdings nach wie vor beträchtlich, und für das Renditegefälle wird letztlich das Verhalten der Fed der wichtigere Faktor sein.
Von Gregor MA Hirt, Global CIO Multi Asset, AllianzGI