- Die Märkte erwarten von der BoE keine weiteren Zinserhöhungen in diesem Konjunkturzyklus – zukünftig aber auch keine umfangreichen Zinssenkungen.
- Die Konjunktur im Vereinigten Königreich scheint sich in vielerlei Hinsicht weiter verlangsamt zu haben, was für unveränderte Leitzinsen spricht.
- Die drastischen Zinserhöhungen des letzten Jahres dürften das Wirtschaftswachstum im Vereinigten Königreich stärker belasten als erwartet.
Nach der überraschenden (und knappen) Entscheidung der Bank of England (BoE), die Zinsen im September nicht zu erhöhen, sondern bei 5,25% zu belassen, wird am Markt keine weiter Zinserhöhung in diesem Konjunkturzyklus mehr erwartet.
Und in der Tat gab es seit der BoE-Entscheidung vom September kaum Anzeichen dafür, dass eines der Mitglieder, die für eine Beibehaltung der Zinssätze gestimmt hatten, nun doch für eine Anhebung stimmen würde. Die Konjunktur im Vereinigten Königreich scheint sich weiter verlangsamt zu haben, der Immobilienmarkt schwächelt, die Verbraucherausgaben sind rückläufig, und auch der Inflationsdruck lässt nach. Lediglich das Lohnwachstum fiel überraschend kräftig aus, was aber angesichts anderer Indikatoren für die Schwäche des Arbeitsmarktes kaum von Dauer sein dürfte.
Wir gehen daher davon aus, dass der Finanzmarkt recht behält und die Zinsen in diesem Monat unverändert bleiben werden. Sicherlich wird die BoE signalisieren, dass die Zinssätze immer noch erhöht werden können, wenn die Wirtschaftsdaten darauf hindeuten, dass dies notwendig ist. Swati Dhingra, externes Mitglied des Ausschusses, betonte jedoch, dass die langen Verzögerungen zwischen Änderungen in der Geldpolitik und ihren Auswirkungen auf die Wirtschaft dazu führen, dass bisher nur bis zu einem Viertel aller Zinserhöhungen der BoE in diesem Zyklus die britische Wirtschaft beeinträchtigt haben. Die BoE wird sich daher höchstwahrscheinlich alle Optionen offenhalten wollen, scheint aber abzuwarten und die Auswirkungen der bisherigen Zinserhöhungen zu beobachten, bevor sie die Zinssätze erneut in die eine oder andere Richtung ändert.
Auswirkungen auf den Gilt-Markt
Die Märkte erwarten in diesem Konjunkturzyklus keine weiteren Zinserhöhungen – zukünftig aber auch keine umfangreichen Zinssenkungen. Derzeit gehen die Märkte davon aus, dass die erste Senkung auf 5% im August 2024 erfolgen wird, gefolgt von moderaten weiteren Zinssenkungen in den darauffolgenden Jahren. Dabei fällt auf, dass der Markt im Wesentlichen davon ausgeht, dass die BoE die Zinsen nicht unter 4% senken wird.
Diese Annahme erscheint nur dann plausibel, wenn die Märkte eine anhaltend über 3% liegende Inflation im Vereinigten Königreich erwarten und/oder die britische Wirtschaft eine gravierende Rezession vermeiden kann. Die sehr energischen Zinserhöhungen des letzten Jahres dürften jedoch zu Überschusskapazitäten führen. Unseres Erachtens dürften die Auswirkungen auf das britische Wachstum daher weitaus höher ausfallen, als die Märkte derzeit annehmen, sodass der Inflationsdruck in diesem und vor allem im nächsten Jahr schnell nachlassen sollte.
Seit etwa Jahresmitte – und zum ersten Mal seit langer Zeit – sind wir positiv für britische Staatsanleihen gestimmt. Die Erwartungen an Zinserhöhungen im Vereinigten Königreich wurden seitdem zurückgeschraubt, was den Gilt-Renditen im Vergleich zu anderen Staatsanleihen zugutekam. Wir sind jedoch nach wie vor der Ansicht, dass die am Gilt-Markt eingepreisten Zinssätze angesichts der anhaltenden Verlangsamung, die wir sowohl für das britische als auch für das globale Wachstum und die Inflation im nächsten Jahr erwarten, deutlich zu hoch sind. Daher fühlen wir uns mit unserer ausgeprägten Gilt-Position in unseren Portfolios weiterhin wohl.