- Trotz ermutigender Inflationsdaten erwarten wir, dass die Fed die Leitzinsen auf ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung beibehalten wird
- Robuste Daten zum Arbeitsmarkt dürften die Fed dazu veranlassen, wachsam zu bleiben und die Erwartungen der Anleger in Bezug auf Zinssenkungen zu bremsen
- Die Anpassung der Markterwartungen dürfte dazu beitragen, dass die US-Renditekurve auf ein höheres Niveau steigt.
Unserer Einschätzung nach hat die US-Notenbank Fed nach dem aggressivsten geldpolitischen Straffungszyklus seit 40 Jahren wahrscheinlich ihren Endpunkt erreicht. Die jüngsten Inflations- und Wachstumsdaten stützen diese Ansicht: In den letzten Monaten ist die Inflation weiter zurückgegangen. Der Preisindex für die persönlichen Konsumausgaben (PCE), das von der Fed bevorzugte Maß für die Inflation, stieg im September im Vergleich zum Vormonat nur um 0,16%, was einer annualisierten Rate von 2,5% in den letzten sechs Monaten entspricht. Dies liegt nahe an der von der Fed angestrebten Inflationsrate von 2%.
Auch wenn die Fed diese Zahl als positiv ansehen mag, sollte sie angesichts aktueller Beschäftigungsdaten dennoch wachsam bleiben. Der jüngste Arbeitsmarktbericht zeigt, wie robust die Entwicklung von Beschäftigung und Löhnen ist. Die Arbeitslosenquote von 3,7% ging trotz eines Anstiegs der Erwerbsquote zurück und die Lohnstückkosten – der Betrag, den ein Unternehmen seinen Arbeitnehmern für die Erzeugung einer Produktionseinheit zahlt – stiegen gegenüber dem Vormonat um 0,4%. Dieser Wert liegt damit über den Erwartungen (0,3%) und ist gegenüber November 2022 um 4% gestiegen.
Für die Fed könnte es also noch verfrüht sein, die Zinsen zu senken. Zweitrundeneffekte könnten die Inflation in den kommenden Monaten wieder etwas anheizen. Die Wiederherstellung eines Gleichgewichts auf den Arbeitsmärkten zu einem Zustand, bei dem es mehr Arbeitssuchende und weniger offene Stellen gibt, kommt zudem nur langsam in Fahrt. Die Fed wird also eine weitere Abkühlung der Arbeitsmarktdaten abwarten wollen, bevor sie mit Zinssenkungen beginnt. Auf ihrer zweitägigen Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) wird sie daher wahrscheinlich eine Botschaft der Geduld übermitteln.
Die Anleger haben in Teilen verstanden, vor welchen Herausforderungen die Fed steht. Sie haben daher ihre Zinssenkungserwartungen nach dem jüngsten Arbeitsmarktbericht revidiert. Einer ersten Zinssenkung im März, die zuvor zu 100% eingepreist war, wird gegenwärtig nur noch eine Wahrscheinlichkeit von 44% beigemessen. Unserer Ansicht nach erscheint aber auch dieses Niveau noch immer etwas optimistisch. Wir erwarten, dass die erste Senkung um 25 Basispunkte nicht vor Mitte 2024 erfolgt. Im Zuge der Neukalibrierung der Erwartungen an den Märkten dürfte sich die US-Renditekurve nach einer Rallye, die übertrieben erschien, auf ein höheres Niveau einstellen.
Von Franck Dixmier, Global CIO Fixed Income bei Allianz Global Investors