- Die Bank of Japan (BOJ) dürfte ihre Geldpolitik während der nächstwöchigen Sitzung unverändert lassen. Jüngste Äußerungen von BOJ-Mitgliedern sind als Vorbereitung des Marktes auf eine eventuelle Änderung der Geldpolitik zu werten, nicht aber als unmittelbare bevorstehende Änderungen am monetären Kurs.
- Der Rückgang der Zinserwartungen weltweit sowie der Rückgang der japanischen Renditen und die Festigung des japanischen Yen haben zu nachlassendem Druck auf die Märkte geführt.
- Die Wirtschaftsdaten zu Wachstum und Haushaltseinkommen sind gemischt. Trotz vielversprechender Lohnforderungen müssen Umfang und Ausmaß der für das nächste Frühjahr geplanten Lohnsteigerungen noch bestätigt werden.
- In diesem Umfeld dürften für die BOJ die Kosten eines Abwartens weiterer Daten vergleichsweise gering sein. Dennoch hat sich ein die Fenster für monetäre Anpassungen mit begrenzten Marktstörungen geöffnet, so dass die Wahrscheinlichkeit für eine geldpolitische Anpassung steigt.
Die BOJ bereitet die Märkte auf eine Rücknahme ihrer Politik der Renditekurvensteuerung (Yield Curve Control, YCC) und einen möglichen Ausstieg aus der Negativzinspolitik (Negative Interest Rate Policy, NIRP) vor. In den letzten Wochen häuften sich Äußerungen von BOJ-Mitgliedern, darunter Gouverneur Ueda und der stellvertretende Gouverneur Himino, die auf geldpolitische Änderungen anspielten oder deren mögliche Auswirkungen in Betracht zogen. Dennoch deuteten jüngste Nachrichtenberichte, die sich auf „informierte Kreise“ bezogen, darauf hin, dass in diesem Monat noch kein Kurswechsel stattfinden wird. Unserer Einschätzung nach liegt ein echter Straffungszyklus noch in weiter Ferne, und jede Politik-Anpassung würde vermutlich zunächst mit einem „dovishen“ Ton begleitet.
Die Schlüsseldaten für die BOJ sind aktuell die Lohndaten und insbesondere eine aus BOJ-Sicht positive Lohn-Preis-Spirale – andernorts sind Lohn-Preis-Spiralen zumeist negativ konnotiert. Mittlerweile liegen mehr Daten über die Lohnforderungen im Frühjahr vor (einige Gewerkschaften haben ihre bislang höchsten jemals erhobenen Forderung veröffentlicht). Gouverneur Ueda äußerte jedoch Zweifel, dass die Lohnerhöhungen in ausreichender Breite erfolgen werden. Während sich die Inflation im Dienstleistungssektor gut hält, setzte der nationale Verbraucherpreisindex (Teuerung ohne frische Lebensmittel und Energie) im Oktober seinen Abwärtstrend fort (4,0% gegenüber Vorjahr, nach einem Spitzenwert im Juli/August von 4,3%).1
Global sanken die Anleiherenditen zuletzt, und auch die Renditen 10-jähriger JGBs entfernten sich von der Referenzmarke von 1%. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass geldpolitische Anpassungen ohne unmittelbare Marktverwerfungen durchgeführt werden können. Andererseits verringert sich dadurch aber auch der Druck auf die BOJ. In Anbetracht der entscheidenden Bedeutung der Lohnverhandlungen in den kommenden Monaten wird die BOJ geldpolitische Änderungen vermutlich zunächst weiter auf Eis legen. Darüber hinaus könnte die Bank angesichts der raschen Verschiebung der Zinserwartungen weltweit auf weitere Anzeichen einer Zinswende in anderen Regionen warten wollen.
Was die Positionierung angeht, so bleiben wir bei JGBs vorsichtig. In unserem Basisszenario gehen wir von einer möglichen Aufhebung der YCC und einem Anstieg der Renditen aus, und es scheint, dass wir uns einer derartigen Entwicklung nähern. Mit Blick auf den japanischen Yen bleiben wir hingegen moderat positiv gestimmt und sehen die Möglichkeit einer gewissen Erholung von seinem historisch unterbewerteten Niveau. Als Katalysator hierfür dürfte eine Verringerung der geldpolitischen Differenzen zwischen Japan und anderen Ländern dienen – insbesondere den USA, wo die Notenbank nächstes Jahr möglicherweise einen Zinssenkungszyklus startet.
Von Gregor MA Hirt, Global CIO Multi Asset, AllianzGI
1 Quellen: Ministry of Internal Affairs and Communications, Bloomberg