AllianzGI HV-Report: Vergütung und Klimastrategie bleiben im Rampenlicht

Allianz Global Investors | 28.02.2024 10:53 Uhr
Matt Christensen, Global Head of Sustainable and Impact Investing bei Allianz Global Investors und Antje Stobbe, Head of Stewardship bei Allianz Global Investors / © e-fundresearch.com / Allianz Global Investors
Matt Christensen, Global Head of Sustainable and Impact Investing bei Allianz Global Investors und Antje Stobbe, Head of Stewardship bei Allianz Global Investors / © e-fundresearch.com / Allianz Global Investors

  • HV-Saison 2023: Vergütungssysteme bleiben weltweit der häufigste Grund für Gegenstimmen 
  • In Deutschland steht zudem die Aufsichtsratswahl im Fokus der Ablehnungen 
  • Für 2024 schärft AllianzGI die internen Stimmrechtsrichtlinien in Bezug auf Vergütung, Geschlechtervielfalt und Klima

Allianz Global Investors (AllianzGI) hat heute seine jährliche Analyse der Stimmabgabe auf Hauptversammlungen veröffentlicht. Die Analyse basiert auf der Teilnahme an weltweit 9.137 Hauptversammlungen (2022: 10.205) und der Abstimmung über 95.512 Aktionärs- und Managementvorschläge. AllianzGI stimmte bei 71% (2022: 69%) aller Versammlungen weltweit gegen mindestens einen Tagesordnungspunkt, enthielt sich oder nahm nicht an der Stimmangabe teil. Insgesamt lehnte AllianzGI 18% aller kapitalbezogenen Anträge, 24% der Wahlen von Aufsichtsräten und 41% aller vergütungsbezogenen Anträge ab, was die hohen Erwartungen an die Governance-Standards der Unternehmen widerspiegelt. In Deutschland stimmte AllianzGI im Jahr 2023 gegen rund 19% aller Beschlüsse (22% im Jahr 2022) und enthielt sich bei weiteren 4%.

Bedenken gegenüber Vergütungspolitik

In Europa sorgt bei AllianzGI weiterhin die Vorstandsvergütung für Bedenken: Sofern Abstimmungen hierzu auf der Tagesordnung standen, wurden die meisten Vergütungssysteme in Belgien (61%), Italien (55%) und Deutschland (48%) abgelehnt. Hierzulande war das Thema Vergütung damit der strittigste Tagesordnungspunkt. Grund hierfür war vor allem ein anhaltender Mangel an Transparenz der Vergütungsberichte , insbesondere wenn es darum geht, den Zusammenhang zwischen Leistung und gezahlter Vergütung klar offenzulegen. Im zweiten Jahr der Abstimmungen zu Vergütungsberichten hat AllianzGI mehr als die Hälfte dieser abgelehnt. Hohe Pensionsrückstellungen sowie diskretionäre Bestandteile, die nicht durch Leistung gestützt werden, waren ein weiterer Grund für Stimmen gegen die Vergütungssysteme. Einige Fortschritte sind dennoch ersichtlich: Mittlerweile bezieht die überwiegende Mehrheit der europäischen Großunternehmen ESG-Leistungskennziffern in ihre Vergütungspolitik ein – hierfür setzt sich AllianzGI bereits seit mehreren Jahren ein. Noch häufiger als in europäischen Ländern wurden allerdings zur Abstimmung gestellte Vergütungssysteme in den USA und Taiwan abgelehnt (70% bzw. 65%).

Anzahl der Aktionärsanträge steigt

Das Jahr 2023 verzeichnete eine Rekordzahl von Aktionärsanträgen, wies dabei jedoch eine niedrigere durchschnittliche Zustimmungsquote auf. Diese sank von einem Höchststand im Jahr 2021 von 33% auf nunmehr 22%. In den USA stimmte AllianzGI bei insgesamt 629 Anträgen ab, darunter 60 zur Corporate Governance, 62 zur Vergütung, 211 zu verschiedenen sozialen Themen und der Rest zu umweltbezogenen Anträgen oder einer Mischung aus verschiedenen Bereichen. Dabei unterstützte AllianzGI 86% aller klimabezogenen Aktionärsanträge, 91% der Anträge in Bezug auf eine größere Transparenz bei politischen Spenden und Lobbying sowie alle menschenrechtsbezogenen Anträge .

„Eine Vielzahl von Marktstudien zeigt, dass die Unterstützung der Aktionäre für wichtige ESG-Anträge in den USA im Jahr 2023 zurückging. Diesem Trend entgegen hat AllianzGI sein anhaltendes Engagement für wichtige ESG-Beschlüsse unter Beweis gestellt – im Einklang mit den stärkeren Nachhaltigkeits-überzeugungen europäischer Investoren. Wir werden unser Stimmrecht auch weiterhin nutzen, um eine nachhaltigere Zukunft für Unternehmen und Gesellschaften zu gestalten, an denen wir beteiligt sind.“ - Matt Christensen, Global Head of Sustainable and Impact Investing bei Allianz Global Investors

„Say on Climate“-Abstimmungen nehmen ab

Im Jahr 2023 war weltweit ein deutlicher Rückgang von Abstimmungen über ein „Say on Climate“ festzustellen. Mit einem „Say on Climate“ stellen Unternehmen ihre Klimastrategie auf der Hauptversammlung zur Abstimmung. Letztes Jahr hat AllianzGI nur über etwa 30 Anträge abgestimmt, verglichen mit rund 50 im Jahr 2022. In Europa wurden die meisten dieser Abstimmungen über die Klimastrategien der Unternehmen nach wie vor von Unternehmen in Frankreich und Großbritannien auf die Tagesordnung gesetzt; außerhalb von Europa sticht Australien besonders hervor.

„Wir stellen fest, dass Unternehmen nicht immer auf ein schwaches Abstimmungsergebnis bei einem Say on Climate eingehen und auf die Bedenken der Investoren reagieren. Darüber hinaus beobachten wir, dass Änderungen an den Klimaplänen der Unternehmen, nachdem sie den Aktionären zur Abstimmung vorgelegt wurden, Investoren nicht erneut zur Billigung bei der Hauptversammlung vorgestellt werden. Wir erwarten von Unternehmen, dass sie auf die Bedenken der Anleger eingehen und erklären, wie sie ihre Klimastrategie künftig ambitionierter gestalten. Im Jahr 2023 haben wir daher gegen die Wahl von Direktoren gestimmt, wenn Unternehmen nicht auf unsere Bedenken reagiert haben.“ - Antje Stobbe, Head of Stewardship bei Allianz Global Investors

Kompetenz von Aufsichtsräten weiter wichtig

AllianzGI legt großen Wert auf die fachliche Eignung von Aufsichtsräten, da eine gute Unternehmensführung üblicherweise mit einer besseren finanziellen Performance und hohen Nachhaltigkeitsstandards einhergeht. Im Jahr 2023 stimmte AllianzGI global wie im Vorjahr bei rund einem Viertel der Wahlen gegen die vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitglieder. In Deutschland erfolgte dies in 32% der Fälle. Insbesondere wenn der Aufsichtsrat oder der Prüfungsausschuss für nicht ausreichend unabhängig gehalten wurde, etwa weil die Aufsichtsratsmitglieder eine lange Amtszeit aufwiesen oder weil sie Vertreter von Großaktionären waren, hat AllianzGI Direktoren nicht gewählt. Bei ihren Abstimmungsentscheidungen berücksichtigt AllianzGI zudem die weiteren Mandate von Aufsichtsratsmitgliedern, unter anderem im nicht-börsennotierten Mittelstand, um einer Ämterhäufung – dem sogenannten „Overboarding“ – entgegenzuwirken.

Antje Stobbe, kommentiert: „Wir erhöhen unsere Erwartungen in Bezug auf die Unabhängigkeit weiter und fordern Aufsichtsräte auf, ab 2024 einen unabhängigen Vorsitzenden des Prüfungs- und Vergütungsausschusses einzusetzen. Overboarding ist in vielen Märkten ein großes Problem. Da die Anforderungen an Aufsichtsräte in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und geopolitischer Risiken zunehmen, haben wir unsere Bedenken geäußert und in der Regel dagegen gestimmt, wenn Vorstandsmitglieder mehr als eine Aufsichtsratsposition innehaben oder wenn Direktoren zu viele Mandate in börsengelisteten sowie privaten Unternehmen übernehmen.“

Schärfung der Abstimmungsrichtlinien für 2024

Mit Blick auf die Stimmrechtsabgabe im laufenden Jahr hat AllianzGI seine Richtlinien im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte in dreierlei Hinsicht weiter geschärft:

  1. Vergütung: Derzeit stimmt AllianzGI gegen europäische Großunternehmen, die keine ESG-Leistungsindikatoren in ihrer Vergütungspolitik berücksichtigen. Für 2024 wird diese Anforderung über Europa hinaus sowie ab 2025 auf kleinere Unternehmen ausgeweitet.
  2. Geschlechtervielfalt: AllianzGI wird für ausgewählte Länder strengere Zielvorgaben für die Geschlechtervielfalt in Boards festlegen und den Schwellenwert hinsichtlich weiblicher Vorstandsmitglieder für größere britische, italienische und französische Unternehmen auf 40% anheben; für alle asiatischen börsennotierten Unternehmen erwartet AllianzGI mindestens ein weibliches Vorstandsmitglied. Das Engagement von AllianzGI für Gender Diversity war ein wesentlicher Treiber für die Mitgründung der 30%-Club-Investorengruppe in Deutschland 20231 sowie für die gemeinsame Leitung dieser Initiative in Frankreich und Deutschland.
  3. Klima: Im vergangenen Jahr war eine sinkende Anzahl von „Say on Climate“-Resolutionen zu beobachten. Da AllianzGI ambitionierten Klimastrategien der Unternehmen eine hohe Priorität beimisst, wird AllianzGI künftig häufiger gegen Direktoren stimmen, wenn ein Unternehmen keine glaubwürdige Netto-Null-Strategie verfolgt. Künftig wird AllianzGI seine Entscheidungen auf der Grundlage der von ihr entwickelten Net-Zero Alignment Share-Methode2 treffen, die es ermöglicht, die Fortschritte von Unternehmen über Sektoren und Märkte hinweg zu vergleichen.

Wie bereits im Jahr 2023 wird AllianzGI auch künftig ausgewählte Abstimmungsentscheidungen im Voraus öffentlich bekanntgeben. Die Vorankündigung von Abstimmungsentscheidungen spiegelt die Bereitschaft von AllianzGI wider, sich öffentlich zu wichtigen Nachhaltigkeits- und Governancethemen zu äußern und bei denen davon auszugehen ist, dass ein rein vertraulicher Unternehmensdialog wahrscheinlich nicht zu den gewünschten Ergebnissen führt.

1 Allianz Global Investors, 2023. https://de.allianzgi.com/de-de/ueber-uns/presse/20231030-forderung-nach-30-frauen-in-den-fuhrungsetagen-von-dax40-mdax-unternehmen

2 Die Net-Zero Alignment-Methode zielt darauf ab, die Glaubwürdigkeit des Übergangsplans und den wahrscheinlichen Net-Zero-konformen Weg eines Unternehmens zu bewerten. Die Methodik basiert auf dem Net-Zero Investment Framework der Paris Aligned Investment Initiative des IIGCC.

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