- Wir sind der Ansicht, dass die Bank of Japan (BOJ) auf ihrer Juli-Sitzung wahrscheinlich deutliche Fortschritte bei ihrem Rückzug aus der unorthodoxen Geldpolitik machen wird, indem sie die Anleihekäufe reduziert und die Leitzinsen erhöht
- Unserer Auffassung nach wird die BOJ einen Fahrplan für die Reduzierung der Anleihekäufe vorlegen. Es ist zu erwarten, dass die BOJ diese Anpassung so gestalten wird, dass sie den Markterwartungen entspricht, um Spannungen zu vermeiden.
- Die Ungewissheit hinsichtlich einer möglichen Zinserhöhung ist etwas erhöhter, da die BOJ bislang nur begrenzte Anhaltspunkte hierfür gegeben hat. Wir sind jedoch der Meinung, dass die jüngsten Daten für die BOJ „solide genug“ waren, um die Gelegenheit zu ergreifen, den Nullzinsbereich zu verlassen, bevor etwaige externe Entwicklungen eintreten.
Während die BOJ ihren geldpolitischen Normalisierungskurs fortsetzt, besteht ihre nächste Aufgabe darin, durch ihre Politik die Behauptung zu untermauern, dass sich die japanische Wirtschaft normalisiert hat und Inflations- und Lohndruck nachlassen, ohne dass die Wirtschaft durch aggressive geldpolitische Maßnahmen vorzeitig gebremst wird. Die aktuellen Wirtschaftsdaten zeichnen ein gemischtes Bild: Einer Verlangsamung des Wachstums und einem nach wie vor schleppenden privaten Konsum stehen eine Beschleunigung des Lohnwachstums auf breiter Basis und steigende Inflationserwartungen gegenüber. Angesichts der relativ stabilen globalen und inländischen Wachstumsaussichten gehen wir davon aus, dass die BOJ auf ihrer Sitzung im Juli die Gelegenheit nutzen wird, die Normalisierung der Geldpolitik voranzutreiben.
Wir erwarten, dass die BOJ die Leitzinsen auf etwa 0,25% anheben wird. Obwohl es keine expliziten Äußerungen dazu gab und dies für die Märkte eine Überraschung sein könnte, gehen wir davon aus, dass die BOJ die Gelegenheit nutzen wird, die Nullzinszone zu verlassen, bevor externe Faktoren wie eine mögliche Konjunkturabschwächung in den USA diesen Schritt erschweren. Gouverneur Ueda hat bereits angedeutet, dass er es vorzieht, nicht über einen längeren Zeitraum im Bereich von 0-0,1% zu bleiben. Angesichts des derzeitigen Inflationsniveaus, bei dem die Realzinsen tief im negativen Bereich liegen, dürfte der Markt in der Lage sein, die Zinserhöhung angemessen zu verarbeiten. Zwar gibt es Bedenken hinsichtlich möglicher negativer Auswirkungen steigender Zinsen auf den privaten Verbrauch, doch ist die Notwendigkeit, den Yen zu stabilisieren und eine weitere Yen-Schwäche zu verhindern, ebenfalls entscheidend für den privaten Konsum und die Stimmung in der Wirtschaft. Eine Zinserhöhung könnte dazu beitragen, den Yen auf dem aktuellen Niveau zu stabilisieren, während ein Ausbleiben der Zinserhöhung einen erneuten Verkaufsdruck durch Carry Trades auslösen könnte.
Darüber hinaus erwarten wir eine Reduzierung des Anleihekaufprogramms der BOJ. Dies wurde von der BOJ ausführlich kommuniziert, und es fanden kürzlich ausführliche Gespräche mit den wichtigsten Akteuren am Anleihemarkt statt, in denen die Präferenzen der Marktteilnehmer abgefragt wurden. Wir rechnen damit, dass sich die BOJ eng an den Markterwartungen orientieren wird, um unnötige Spannungen am Markt zu vermeiden. Zu den wichtigsten Punkten, die es zu beobachten gilt, gehören der Zeitplan, der Umfang und die Kurvenform des Tapering. Wir gehen davon aus, dass die BOJ ihren zukünftigen Zeitplan umfassend darlegen wird, um Marktverwerfungen zu vermeiden, indem sie möglicherweise einen Plan für die nächsten zwei Jahre vorlegt. Es ist zudem zu erwarten, dass der Umfang der Kürzungen beträchtlich sein wird, um Käufer, die in letzter Zeit aufgrund der mit dem Tapering verbundenen Unsicherheiten gezögert haben, wieder zum Kauf zu bewegen. Eine monatliche Reduktion von 3-4 Billionen JPY über die nächsten zwei Jahre erscheint durchaus plausibel. Hinsichtlich der Aufteilung der Kurven sind die Prognosen weniger eindeutig, aber eine Konzentration auf die Bereiche, in denen die Käufe in der Vergangenheit am intensivsten waren, wie die Laufzeiten 3-5 und 5-10 Jahre, scheint eine vernünftige Annahme zu sein.
Mit der erwarteten Reduzierung der Anleihekäufe wird der schrittweise Rückzug der BOJ vom Anleihemarkt weitgehend abgeschlossen sein. Obwohl die BOJ ein wichtiger Akteur bleiben wird, ist es unwahrscheinlich, dass ihr Rückzug als Katalysator für einen mittelfristigen Anstieg der Renditen wirken wird. Wir bleiben bei japanischen Staatsanleihen (JGBs) vorsichtig, sind aber der Ansicht, dass die bevorstehenden Änderungen in den aktuellen Kursen weitgehend eingepreist sind, und könnten eine baldige Neutralisierung dieser Position in Erwägung ziehen. Was japanische Aktien anbelangt, so untermauern die anhaltenden inländischen strukturellen Faktoren in Verbindung mit der Unterstützung durch das globale Wirtschaftswachstum unseren weiterhin positiven Ausblick. Den japanischen Yen halten wir vorerst neutral. Die jüngste Aufwertung des Yen ist vielversprechend, aber solange es keine weiteren Anzeichen für eine Verlangsamung der US-Konjunktur gibt, könnte es für den Yen schwierig werden, signifikante Kursgewinne zu erzielen. Darüber hinaus könnte der hohe negative Carry die Aufrechterhaltung einer Long-Position ohne unmittelbaren Katalysator kostspielig machen. Da sich auch die Lage in den USA etwas zu ändern scheint und die nächste FOMC-Sitzung mehr Aufschluss über den Kurs der Fed geben könnte, beobachten wir die Situation weiterhin sehr genau.
Von Gregor Hirt, Global Chief Investment Officer Multi Asset, AllianzGI