- Die Bank of Japan (BOJ) dürfte im September zunächst keine weiteren geldpolitischen Anpassungen vornehmen. Die Bank ist noch dabei, die ökonomischen Auswirkungen ihrer während der Juli-Sitzung vorgenommenen, umfassenden Änderungen zu bewerten.
- Die Äußerungen von Gouverneur Ueda über das Vertrauen der BOJ in ihre Wachstums- und Inflationsaussichten sind der wichtigste Punkt, auf den man achten sollte, bevor im Oktober aktualisierte Prognosen veröffentlicht werden. Ausgehend von jüngsten öffentlichen Äußerungen scheinen Andeutungen über weitere geldpolitische Maßnahmen wahrscheinlich, aber die Aussagen über deren Zeitpunkt dürften vage bleiben.
An den Finanzmärkten herrscht die weit verbreitete Ansicht, dass der Führungsstreit der Liberal Democratic Party, mögliche vorgezogene Wahlen und die Marktvolatilität die Bank of Japan davon abhalten werden, in diesem Jahr geldpolitische Anpassungen vorzunehmen. Unserer Meinung nach sind jedoch wirtschaftliche Entwicklungen wichtiger als politische Zeitpläne und spekulative Positionsanpassungen. Während höhere Inflationszahlen und ein positives Reallohnwachstum die Argumente für zusätzliche geldpolitische Maßnahmen sicherlich untermauert haben, verschaffen die Yen-Aufwertung und sinkende Energiepreise der BOJ einen gewissen Spielraum, da dies die importierte Inflation verringern sollte. Darüber hinaus ist der Prozess der Ausweitung der Shunto-Lohnvereinbarungen auf weitere Lohngruppen noch nicht abgeschlossen, und eine nächste Etappe beschleunigter Dienstleistungsinflation ist noch nicht absehbar. Unserer Ansicht nach besteht daher kein dringender Handlungsbedarf. Die BOJ kann es sich leisten, abzuwarten und die vollen Auswirkungen ihrer mutigen geldpolitischen Änderungen vom Juli zu bewerten, bevor sie weitere Anpassungen vornimmt.
Die Botschaften von BOJ-Gouverneur Ueda in der Pressekonferenz werden das Schlüsselelement sein, auf das man achten sollte. Angesichts jüngster öffentlicher Statements von ihm und anderen BOJ-Mitgliedern erwarten wir eine Betonung der Datenabhängigkeit und die Erwähnung der Notwendigkeit, die derzeit noch sehr lockere Geldpolitik weiter zu reduzieren, z. B. durch eine moderate Anhebung der Zinssätze. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass zum jetzigen Zeitpunkt Einzelheiten zum Zeitplan bekannt gegeben werden. Da die BOJ im Oktober neue Prognosen veröffentlichen wird, sind eher lediglich Aussagen darüber zu erwarten, ob sich das Vertrauen in die aktuellen Wirtschaftsaussichten geändert hat oder nicht.
In diesem Umfeld halten wir an unseren Positionierungen fest. Gleichzeitig ist festzustellen, dass sich unsere Überzeugung aufgrund kurzfristiger Volatilitäts-Risiken, die durch den festen Yen noch verstärkt werden, abgenommen hat; die Märkte müssen sich an das neue System erst noch gewöhnen. Im Einzelnen: Wir sind weiterhin untergewichtet in JGBs. Die beträchtliche Anpassung der Zinssätze weltweit hat zwar auch JGBs Rückenwind verliehen, aber die Reduzierung der BOJ-Anleihekäufe in Kombination mit Zinserhöhungen birgt weiterhin das Potenzial für steigende Renditen. Mit Blick auf den japanischen Yen nehmen wir eine nahezu neutrale Haltung ein. Zwar sind die Aussichten generell positiv, die JPY-Dynamik könnte sich jedoch verlangsamen, sobald die Fed einhergehend mit Zinssenkungen Hinweise auf ihren künftigen monetären Kurs gibt, da zusätzliche kurzfristige Katalysatoren fehlen könnten. Für japanische Aktien sind wir nach wie vor positiv gestimmt, da strukturelle heimische Antriebskräfte fortwirken und die Weltwirtschaft hinreichend wächst. Dennoch kann es kurzfristig zu einer gewissen Volatilität kommen, bis sich der Yen und die Konjunkturerwartungen neu eingependelt haben.
Von Gregor Hirt, Global Chief Investment Officer Multi Asset, AllianzGI