- Wir erwarten, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Zinsen bei der kommenden Geldpolitischen Lagebeurteilung am 12. Dezember um 25 Basispunkte senkt
- Die SNB ist sehr darauf bedacht, nicht in einen negativen Zinsbereich zu geraten. Da noch vier Zinssenkungen ausstehen, wird sie in den nächsten Monaten eine Gratwanderung unternehmen müssen, um den EUR/CHF-Wechselkurs zu steuern
Die Schweizerische Nationalbank wird bei ihrer nächsten Sitzung am 12. Dezember mit großer Wahrscheinlichkeit die Zinsen um 25 Basispunkte senken. Die wirtschaftlichen Aussichten sind getrübt, und das Wachstum verläuft schleppend, wie aus dem jüngsten Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe von 48,5 hervorgeht. Die Inflation sinkt mit 0,7% schneller als von der SNB ursprünglich erwartet, und der Schweizer Franken nähert sich mit 0,931 gegenüber dem Euro seinem Allzeithoch. Infolgedessen preist der Markt Zinssenkungen von fast 40 Basispunkten ein, was darauf hindeutet, dass eine Zinssenkung um 50 Basispunkte von den Marktteilnehmern derzeit bevorzugt wird2. Dieses Szenario ist jedoch unwahrscheinlich, da der SNB nur noch vier Zinssenkungen (bei 25 Basispunkten pro Senkung) zur Verfügung stehen, bevor sie in den Negativzinsbereich eintritt was – sie unserer Meinung zufolge nicht gerne wiederholen möchte.
Die SNB wird ihr wichtigstes geldpolitisches Instrument entsprechend nur spärlich einsetzen und bei Bedarf wahrscheinlich eher an den Devisenmärkten intervenieren. Der neue Präsident der SNB, Martin Schlegel, war zuvor Leiter der Abteilung Devisen und Geldmarkt der Zentralbank und ist mit dem Einsatz unkonventioneller geldpolitischer Instrumente bestens vertraut.
Das nächste Jahr dürfte für die SNB eine Herausforderung werden, da sie gezwungen sein wird, eine Gratwanderung zwischen konventioneller und unkonventioneller Geldpolitik zu bewerkstelligen, während andere Zentralbanken weiterhin die Zinsen senken. Die entscheidende Frage wird sein: Kann die SNB den EUR/CHF-Wechselkurs ohne negative Zinssätze steuern? Vorläufig ja – aber negative Zinssätze sollten nicht gänzlich ausgeschlossen werden, wie Martin Schlegel in seiner ersten öffentlichen Rede als SNB-Präsident bereits angedeutet hat.
Von Martina Honegger-Romahn, Lead Portfolio Manager Fixed Income in der Schweiz, Allianz Global Investors
1 Bloomberg, PMI Switzerland, Dezember 2024
2 Bloomberg, SNB policy rate data, November 2024