- Aktien aus der Eurozone sind gut in das Jahr 2025 gestartet, bergen aber weiteres Kurspotenzial
- Auf der Anleihenseite erscheinen japanische Staatsanleihen günstig, aber auch Märkte wie die USA, die Eurozone und Großbritannien sind nach der jüngsten Volatilität attraktiver
- Weitere Neubewertungen an den Märkten sind in den kommenden Monaten möglich, da die geopolitischen Spannungen bereits bestehende regionale Unterschiede bei Wirtschaftswachstum, Zinsen und Anlageklassen-Performance verschärfen
Allianz Global Investors stellt in seiner „House View Q2 2025“ fest, dass sich die Stimmung an den Finanzmärkten Anfang 2025 gedreht hat. Mit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus hofften viele Investoren auf eine Wiederholung der US-Aktienrallye wie zu Beginn seiner ersten Amtszeit als Präsident 2017. Stattdessen schwächeln die US-Märkte jedoch, während europäische Aktien zulegten. Angesichts der harten geopolitischen Realitäten passt Europa seine Finanzpolitik nun tatsächlich so an, dass das strukturelle Wachstum angekurbelt werden sollte. Dieser Richtungswechsel – ein bedeutender Moment für Wirtschaft und Politik – hat eine breit angelegte europäische Aktienmarkt-Rallye ausgelöst.
Nach Einschätzung von AllianzGI hat die Rotation in europäische Märkte bislang aber nur an der Oberfläche etablierter, großer Übergewichtungspositionen in den USA gekratzt. Es noch nicht zu spät ist, sich daran zu beteiligen. In den USA belasten Zölle und Unsicherheiten über die Wirtschafts- und Regierungspolitik das Wachstum. Einige Maßnahmen der neuen Regierung könnten den Status der USA als „sicherer Hafen“ untergraben. Zu den Risiken in diesem Umfeld gehören eine erhöhte US-Inflation, eine Verlangsamung der globalen Wachstumsdynamik sowie das Potenzial für einen umfangreichen und lang anhaltenden Handelskrieg. Für aktives Management ist dies eine spannende Zeit.
Aktien
Insgesamt bleibt AllianzGI mit Blick auf die Aktienmärkte positiv gestimmt. Aufgrund der Unsicherheiten im Zusammenhang mit der US-Politik bleibt allerdings Vorsicht angesagt.
Virginie Maisonneuve, Global CIO Equities kommentiert: „Die Rallye bei europäischen Aktien dürfte anhalten. Angesichts der Volatilität würden wir im Rahmen eines gut verankerten Portfolios aber auch andere regionale Märkte in Betracht ziehen. Die Betonung einer „europäischen Souveränität“ – und damit verbundene erhöhte Ausgabenprogramme – dürften diverse Sektoren ankurbeln, etwa Cyber-Sicherheit, Künstliche Intelligenz sowie Verteidigung. Im Bausektor sind europäische Investoren derzeit untergewichtet. Das weltweit schnelle Wachstum von Rechenzentren ist jedoch strukturell positiv für den Sektor. Zudem würde die Branche von einem belastbaren Waffenstillstand und Wiederaufbau in der Ukraine profitieren.“
Mit Blick auf andere Märkte fügt Maisonneuve hinzu: „Bei einer Marktkapitalisierung von vier Billionen US-Dollar bietet Indien im Vergleich zu anderen Schwellenländern eine hohe sektorale Diversifizierung. Die aktuellen Bewertungen bieten durchaus eine gewisse Sicherheitsmarge. Darüber hinaus erscheint uns auch China attraktiv bewertet – für seinen Technologie-Fokus, etwa KI-Integration und humanoide Roboter, findet das Land Beachtung. Angesichts der potenziell getrübten Exportaussichten in diesem Jahr dürfte die chinesische Regierung den Konsum fördern, was das Wachstum unterstützen würde.“
Anleihen
Für die kommende Zeit erwartet AllianzGI eine gewisse Volatilität bei den Zinsen bzw. Renditen. Dieses Umfeld erfordert einen selektiven Ansatz, der Bottom-up-Analysen auf Basis von Einzelkreditbetrachtungen beinhaltet.
Michael Krautzberger, Global CIO Fixed Income ergänzt: „Aufgrund der umfangreichen verteidigungsbezogenen Ausgabenpläne in Deutschland und anderswo in Europa, deren Umsetzung einige Zeit in Anspruch nehmen wird, dürfte die Renditestrukturkurve in Europa steiler werden. Auf der anderen Seite des Atlantiks, in den USA, deutet die Befürchtung einer Konjunkturabschwächung ebenfalls auf eine steilere Zinsstrukturkurve hin. In diesem Umfeld bevorzugen wir taktische Engagements rund um strukturelle Positionierungen. So erscheinen etwa die Aussichten für britische Staatsanleihen – Gilts – vielversprechend, aufgrund der Bewertungen und der Markterwartungen an die Zentralbankpolitik. Im Gegensatz zum Euroraum oder Kanada sind absehbare künftige Zinssenkungen in Großbritannien nicht vollständig eingepreist. Die jüngste Outperformance von Gilts haben wir teilweise genutzt, um Gewinne mitzunehmen.“
Mit Blick auf weitere Positionierungsüberlegungen seitens Anleger rät Krautzberger: „Der japanische Yen ist einen Blick wert. Die Bank von Japan steht weiterhin unter dem Druck, die Zinsen auf ein ‚normaleres‘ Niveau anzuheben, um die Inflation zu bekämpfen. Aus diesem Grund ist mit einer Abflachung der japanischen Zinsstrukturkurve zu rechnen.“ Und schließlich rät er von einem breiten und undifferenzierten Engagement an den Spreadmärkten ab: „Angesichts der zu erwartenden Zinsvolatilität erfordert das Umfeld einen selektiven Ansatz, der Bottom-up-Analysen auf Basis von Einzelkreditbetrachtungen beinhaltet. Schwellenländer zeigen sich angesichts der Marktvolatilität widerstandsfähig, was auf einen selektiven Ansatz auch bei Schwellenländeranleihen hindeutet.“
Multi Asset
Bei der Vermögensallokation auf verschiedene Anlageklassen wird nach Ansicht von AllianzGI auch 2025 ein flexibler und aktiver Ansatz von entscheidender Bedeutung sein.
Gregor MA Hirt, Global CIO Multi-Asset kommentiert: „Wir bleiben selektiv optimistisch in Bezug auf Aktien, wobei allerdings der Gegenwind zunimmt und die Zölle die Marktstimmung belasten. Nachdem wir unser Engagement in den USA reduziert haben, sind nun europäische Aktien unsere erste Wahl, angetrieben durch Momentum-Faktoren, attraktive Bewertungen, höhere Staatsausgaben und eine sich verbessernde Stimmung. Da die Inflation in Europa niedriger ist als in Übersee, bevorzugen wir auch auf der Staatsanleihenseite Europa gegenüber den USA. Obwohl der Umfang der geplanten Konjunkturpakete noch nicht feststeht, gehen wir davon aus, dass erhöhte Renditeniveaus bleiben werden – in einem Umfeld erhöhter Volatilität und bei einer gewissen Entkopplung der wichtigsten Renditestrukturkurven.“
Hirt fügt hinzu: „Unsere bevorzugte Währung ist der japanische Yen. Diese Währung ist durch die Politik der Bank von Japan gut unterstützt, die sich in einer späten Phase des Zinserhöhungszyklus befindet. Der Yen könnte seinen Status als sicherer Hafen wiedererlangen, insbesondere da japanische Lokalwährungsanleihen immer attraktiver werden. Bei Rohstoffen überzeugt uns weiterhin Gold am stärksten, was auf die robuste Preisdynamik und die Rolle des Edelmetalls als Absicherung gegenüber geopolitischen Risiken zurückzuführen ist. Gold ist und bleibt damit ein nützliches Diversifizierungsinstrument in Multi-Asset-Portfolien.“