Der demografische Wandel der Welt

Heute leben rund 6,6 Mrd. Menschen auf der Erde, bis 2050 werden es rund 9,2 Mrd. Menschen sein. Das ist ein gewaltiger Anstieg von rund 40 % innerhalb von 42 Jahren und hat signifikante Folgen. Sparströme werden sich verlagern und Japan könnte bis zum Jahr 2900 aussterben, meint Virginie Maisonneuve, Schroders. Research | 07.02.2008 06:47 Uhr
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Etwa 98 % der genannten 9,2 Mrd. Menschen werden auf das Konto der sogenannten Schwellenländer gehen. In Afrika und im Nahen Osten könnten über 800 Millionen Menschen leben – eine der stärksten Wachstumsraten auf diesem Planeten. Damit hätte Afrika einen Anteil von über 35 % an der Weltbevölkerung, während in Asien über 50 % aller Menschen leben würden. Der Rest, weniger als 15 %, würde sich auf Europa, Nord- und Südamerika verteilen. Diese Entwicklung hätte zahlreiche Folgen, nicht zuletzt für die Schaffung von Arbeitsplätzen und den zu teilenden Wohlstand. Dagegen wird die Bevölkerung Europas und Japans den Prognosen nach altern und schrumpfen. Beide Phänomene bringen Probleme mit sich – sowohl für die Länder, die ein rasantes Wachstum ihrer Bevölkerung erleben, als auch für die, deren Bevölkerung schrumpft. Während in Japan und Deutschland die arbeitende Bevölkerung schrumpft, wächst sie in fast allen anderen Teilen der Welt noch, aber längst nicht mehr so stark wie in den vorigen Jahrzehnten.

Mehr Rentner – überall

Eines haben aber alle Regionen gemeinsam: die höhere Lebenserwartung der Menschen. Fortschritte auf dem Gebiet der Medizin, der Arbeitsbedingungen und der Nahrung schenken uns – und unseren Nachkommen sogar noch mehr – zusätzliche Lebensjahre. Das bedeutet, dass ein größerer und steigender Prozentsatz der Weltbevölkerung das Rentenalter überschreiten wird. Experten sagen voraus, dass 2050 über zwei Milliarden Menschen über 60 Jahre alt sein werden, von denen über 60 % dann in Asien leben. Nimmt man dazu die Wahrscheinlichkeit, dass tendenziell immer weniger Menschen geboren werden, die die Rentner in der Arbeitswelt ersetzen können, so wird das Dilemma deutlich, das der Welt in den kommenden Jahrzehnten bevorsteht: Immer weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter müssen immer mehr Nicht-Erwerbsfähige unterstützen – der Quotient der sozialen Abhängigkeit nimmt zu. Prognosen zufolge wird das mittlere Alter der Weltbevölkerung bis 2050 um 35 % steigen, von heute 28 auf dann 38 Jahre.

Der weltweite Arbeitsmarkt verändert sich

Die Entwicklung der Weltbevölkerung hat Folgen für den Arbeitsmarkt: Stellten die Industrienationen zu Beginn der 1980er Jahre noch 27 % des globalen Arbeitsmarktes und heute noch 20 %, werden es 2050 wohl nur noch 12 % sein. Die Schwellenländer dagegen werden den Löwenanteil der arbeitenden Bevölkerung stellen. Asien – Japan ausgenommen – wird den größten Zuwachs verzeichnen. Japans Bevölkerung dagegen wird sich, wenn die Prognosen Recht behalten, bis 2100 halbieren (und theoretisch – falls Japan an seiner jetzigen Einwanderungspolitik festhält – bis 2900 aussterben). Auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft werden sich wahrscheinlich Lücken auftun, was Folgen für das globale Wirtschaftswachstum haben dürfte. Um diese Lücken zu vermeiden bzw. zu füllen, müsste sich die Produktivität steigern, mehr Frauen würden in den Arbeitsmarkt eintreten, die Menschen müssten länger arbeiten als heute und das Rentenalter müsste später beginnen.

Die Konsequenzen

Aus opportunistischer Anlageperspektive ergeben sich für uns folgende Konsequenzen:

  • Erhöhte Nachfrage in der Kinderbetreuung und der Bildung
  • Anziehen der Nachfrage nach Reise- und Finanzdiensten, z. B. zur Unterstützung von Auswanderern
  • Höheres BIP-Wachstum bei zunehmender arbeitender Bevölkerung in Asien
  • Sinkendes BIP-Wachstum bei abnehmender arbeitender Bevölkerung in Europa und Japan

Die Städte wachsen

Der Trend zur Urbanisierung setzt sich fort, besonders in den sich entwickelnden Volkswirtschaften. In den kommenden 25 Jahren könnte der Anteil der Stadtbevölkerung über 50 % höher sein als heute. In den Schwellenländern könnten dann 80 % der Bevölkerung in Städten leben. Die Städte würden dadurch immer noch größer und dichter besiedelt als heute. Die Bevölkerung in diesen Städten wird wachsenden Bedarf haben an technischer und sozialer Infrastruktur, an Schutz, öffentlichem Verkehr und Abfallentsorgung. Daraus sollte sich auch mehr Wohlstand für einen größeren Teil der Bevölkerung ergeben. Auf der anderen Seite steht die Landfl ucht mit der Folge, dass die Ackerflächen wahrscheinlich schrumpfen werden.

Gestresste Rentensysteme und privater Vermögensaufbau

Diese Entwicklungen begünstigen auch eine Verlagerung der weltweiten Sparströme. Vielerorts wird die staatliche Rente unter immer stärkeren Druck geraten, was wir bisher in einigen Ländern nur im Ansatz erlebt haben. Die gesetzlichen Rentensysteme sind nicht darauf eingerichtet, dass immer mehr Menschen in den Ruhestand gehen und immer länger Renten beziehen. Zugleich entsteht eine Schieflage, weil weniger neue Arbeitnehmer nachrücken als durch den Ruhestand „verloren“ gehen. Vor diesem Hintergrund sind die Bürger gezwungen, verstärkt für ihre eigene Zukunft zu sparen, statt sich ausschließlich auf den Staat zu verlassen.

Vermögensverwaltungs- und Finanzdienstleistungsfirmen werden von dieser Entwicklung deutlich profitieren. In den kommenden 30 Jahren könnten rund 75 % der weltweiten Sparströme aus den Schwellenländern stammen. Das wird wohl nicht nur die Konsum- und Rohstoffpreise antreiben, sondern auch die Beziehungen zwischen den Nationen beeinflussen, weil sich die Wirtschaftsmacht allmählich verlagern dürfte.


Zum Autor: Virginie Maisonneuve ist Head of International Equities bei Schroders.


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