Fondsschließungen: Spiel mir das Lied vom Tod

Immer mehr Fonds werden geschlossen. Hunderten fehlt es inzwischen am Geld, das nötig ist, um rentabel zu wirtschaften. Und wenn Gesellschaften fusionieren, werden immer auch einige Fonds überflüssig. Welche Fonds jetzt besonders gefährdet sind (Teil 1). Research |

Zeit zum Abschiednehmen von den UniInternet-Fonds: E-Commerce, E-Services und E-Infrastructure. Vor zwei Jahren hatte Union Investment die drei Fonds mit hohen Erwartungen aufgelegt. Jetzt zieht die Fondsgesellschaft die Reißleine und verkündete, dass die Fonds zum 30. September geschlossen werden.

Warnsignal: geringe Volumen

Das Schicksal droht auch anderen Fonds. Hunderten mangelt es am Geld, am Fondsvolumen. Das ist das Warnsignal für eine bevorstehende Fondsschließung. Die drei Internet-Fonds von Union waren beispielsweise zum Zeitpunkt der Bekanntgabe zusammen gerade einmal 12,8 Millionen Euro schwer, der E-Services als kleinster kam nur auf 1,6 Millionen. Mini-Fonds im Vergleich zu Deutschlands Dickschiff AriDeka. Der hat ein Volumen von mehr als 5,2 Milliarden Euro – über 400 Mal so viel wie die drei Union-Fonds zusammen.

Jede Menge Pleitekandidaten

Wer die Fondslisten durchforstet, stößt auf jede Menge Pleitekandidaten: meist Fonds, die eine Anlage-Idee zum 100. Mal kopieren oder erfolglos in exotische Segmente investieren. Zum Beispiel der BB-NewEnergy-Invest, der auf erneuerbare Energien setzt. Oder der Activest Lux Global Value, ein Substanzwerte-Fonds, der auf den Markt kam, als die Konkurrenz längst mit Value-Fonds da war.

800 Fonds sind besonders schmächtig

Bei den im Bundesverband Deutscher Investmentgesellschaften (BVI) organisierten deutschen Gesellschaften gibt es 700 Fonds, die ein geringeres Volumen aufweisen als die drei Union-Fonds, also weniger als 12,8 Millionen Euro. Bei 800 Fonds liegt das verwaltete Vermögen unter 20 Millionen. Starke Verluste dank Börsenbaisse und Mittelabflüsse enttäuschter Anleger trugen zu diesem Trend bei.

Insgesamt 1300 Fonds vor dem Aus

800 Fonds also, die auf der Kippe stehen. Betroffen sind auch Produkte etablierter Gesellschaften von Adig über DWS bis Union. Rechnet man noch die Fonds ausländischer Gesellschaften wie Fidelity oder UBS dazu, die nicht im BVI organisiert sind, dürften weitere 500 vor dem Aus stehen. 1300 Fonds vor dem Abschuss also.

Mindestvolumen zehn Millionen

Mini-Fonds sind Todeskandidaten. Grund: "Ein Fonds unter zehn Millionen Volumen macht selten Sinn", sagt Rolf Drees, Sprecher bei Union. "Das ist eine Faustformel, die für neun von zehn Gesellschaften passt" Ein Insider, der nicht genannt werden will, hält sogar ein Volumen von 20 Millionen für nötig.

Mini-Fonds bringen nicht viel ein

Zwar ist die Kostenstruktur der Fondsgesellschaften höchst unterschiedlich, und vor allem kleinere Gesellschaften kommen mit einem Mini-Volumen noch zurecht, doch letztlich wollen sie alle nur eines: Geld verdienen. Und das geht bei einem Mini-Fonds schlecht.

Kassiert ein Fonds durchschnittliche 1,5 Prozent Jahresgebühr, wirft ein Fünf-Millionen-Fonds gerade mal 75000 Euro ab. Ob davon ein guter Fondsmanager bezahlt werden kann? Und dazu Büromiete und EDV? Eher nicht. Ganz zu schweigen davon, dass auch noch Gewinn abfallen soll. Die Tendenz ist klar: Je größer der Fonds, desto leichter ist das Geld verdient. Ein kleiner Fonds ist oft nur Ballast.

Viel deutet auf ein neues Rekordjahr hin

Die Statistik zeigt, dass die Fondsgesellschaften beim Kehraus Ernst machen: Rund 80 Produkte deutscher Gesellschaften wurden in diesem Jahr bereits geschlossen. Dazu kommen rund 40 Fonds ausländischer Anbieter. Das alles deutet auf ein neues Rekordjahr hin. Im gesamten Jahr 2001 wurden nach Berechnungen der Fondsberater Feri Trust nur 157 Fonds geschlossen, wobei sich auch diese Zahl im Vergleich zu 2000 verdoppelt hatte.

Mehr als die Hälfte der US-Fonds gefährdet?

Wegweisend sind die USA: 2001 wurden 450 Fonds geschlossen, für das laufende Jahr rechnen Experten mit bis zu 1500. Denn auch an den US-Gesellschaften geht die Entwicklung nicht vorbei. Die Baisse an der Wall Street könnte sogar zur Schließung von mehr als der Hälfte der derzeit 4800 amerikanischen Aktienfonds führen, schätzt John Bogle, Gründer der Vanguard Group. Diese ist mit 570 Milliarden Dollar Fondsvolumen die zweitgrößte Fondsgesellschaft der USA.

Gefahr durch Fusionen

Gefährdet sind nicht nur kleine Fonds, sondern auch solche fusionierter Gesellschaften. Beispiel DIT und Allianz. Seit der Münchener Versicherungskonzern die Dresdner Bank übernommen hat, geht’s der Fondssparte DIT an den Kragen. Bereits 30 Fonds sind in diesem Jahr über die Klinge gesprungen, darunter bekannte Namen wie DIT-Spezial und Thesaurent. Warum soll auch die neue Super-Fondsgesellschaft DIT-Allianz-RCM-Pimco die Kunden mit drei, vier oder fünf Fonds umwerben, die sich nur im Namen unterscheiden? Kosten sparender Nebeneffekt: Die DIT-Fondsmanager Sascha Hirsch, Dirk Ropers, Christph Niesel und Michael Seyda werden auch weggefegt.

Die DWS räumt auf

Gespart und gefegt wird inzwischen überall – auch bei der DWS, mit einem Fondsvolumen in Höhe von 84 Milliarden Euro die Nummer 1 in Deutschland. Bei der DWS muss man jetzt die jüngst erworbene Franken Invest integrieren. Da wird das Fondssterben weiter um sich greifen. Denn wieder sind zahlreiche Investment-Ideen auf einmal mehrfach vorhanden. Das Problem ähnelt dem der Allianz: zu viele Fonds in einem Marktsegment. Höchste Zeit für die Kunden von DWS, Franken Invest oder Zürich Invest, eine weitere von der DWS akquirierte Fondsgesellschaft, über ihr Fonds-Portfolio nachzudenken. Denn: "Man denkt über Bereinigungen nach", heißt es in Frankfurt. Und zwar zunächst bei Zürich Invest.

Schluss mit fragwürdigen Konzepten

Dass Fonds vom Markt genommen werden, hat aber auch Vorteile. Oft sind Exoten von einer Schließung betroffen, deren Konzept ohnehin fragwürdig ist. Union-Investment-Sprecher Drees: "Was bleibt, sind Fonds, die langfristig relevante Anlagegebiete abdecken. Fonds, die ausschließlich aus Marketing-Gründen gebracht wurden, verschwinden nach und nach." Behält Drees Recht, dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis Fonds wie der BB-NewEnergy-Invest oder EuropMove und EuropFood von Nordinvest wieder vom Kurszettel verschwinden.

Pleitekandidaten

Die kleinsten Aktienfonds in Deutschland – und damit potenzielle Pleitekandidaten:
Fonds (Fondsvolumen in Mio. Euro)
FI Lux Global Intelligence (0,3)
AXA Lateinamerika (0,5)
Dr. Thilenius-Wachstums-Universal-Fonds (0,6)
BB-NewEnergy-Invest (0,7)
Nordinvest-EuropMove (0,7)
Nordinvest-EuropFood (0,7)
Nestor Lateinamerika Fonds (0,8)
FI Lux I.Q. Internet (0,8)
Nordinvest-EuropPower (1,2)
Warburg-Lux-Internet-Fonds (1,3)
AAM Vision Zukunft-Universal-Fonds (1,4)
Dresdner RCM Australia/NZ (1,6)
Warburg-NewMarkets-Fonds (1,6)
Dresdner RCM Hong Kong (1,7)
FI Lux Topic Biomedical (1,8)
Weisenhorn Amerika (2,1)
Nestor Fernost Fonds (2,1)
Nordinvest-EuropFinance (2,2)
Trinkaus Emerging-Fund (2,2)
Warburg-Eurak (2,3)

Morgen Teil 2: Ein Fonds schließt – was nun?

(Quelle: Euro am Sonntag, Foto: Gerd Waloszek, Visipix)



 

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