PRI Studie: Klimapolitik führt zu Neubewertung an den Märkten

Angesichts nur mäßiger Erfolge beim weltweitweiten Klimaschutz wird die Politik mit weiteren klimapolitischen Maßnahmen kurz‐ und mittelfristig verstärkt in die Märkte eingreifen. Auf die damit verbunden einschneidenden Veränderungen ist die Finanzwirtschaft bislang nicht vorbereitet. Hilfestellung soll eine von PRI und weiteren Partnern vorgelegte Studie geben. Diese zeigt auf, in welchen Bereichen die Politik der Wirtschaft künftig weitere Vorgaben machen wird und welche Auswirkungen diese auf unterschiedliche Sektoren haben werden. Insgesamt, so die Studie, klafft eine deutliche Lücke zwischen Gewinnern und Verlieren der regulatorischen Disruption. Research | 10.12.2019 13:07 Uhr
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“Unsere Analyse verdeutlicht, inwieweit die Märkte das Risiko des Klimawandels unterbewerten. Jedes fünfte der weltweit wertvollsten Unternehmen ist von Bewertungsveränderungen in Höhe von mindestens 10 Prozent in beide Richtungen betroffen”, sagte Fiona Reynolds, CEO bei PRI. “Die Gewinner etwa im  Automobilsektor oder und bei Versorgungsunternehmen könnten ihre Bewertungen mehr als verdoppeln, während die Verlierer sich auf erhebliche Wertminderungen von einem  Drittel oder deutlich einstellen müssen.” So geht die Studie davon aus, dass die im MSCI ACWI Index enthaltenen Unternehmen bis 2025 insgesamt Bewertungsabschläge von 3,1 bis 4,5 Prozent hinnehmen müssen. Das entspricht einem Volumen von 1,6 bis 2,3 Billionen US‐ Dollar. Ähnliches gelte für bis zu einem Drittel der im FTSE100 enthaltenen Titel.

Die wichtigsten Treiber von Marktveränderungen

  • Verbote für Verbrennungsmotoren bis 2035. Diese werden zu einem Nachfragerückgang nach fossilen Brennstoffen führen und sich auf Preise und Margen auswirken.  
  • CO2‐Bepreisung und erhebliche, durch die Klimapolitik erhöhte CO2‐Kosten werden emissionsintensive Unternehmen belasten. 
  • Die Umstellung auf ULEVs (Ultra Low Emission Vehicles)wird sich signifikant auf die Automobilindustrie und die Nachfrage nach grünen Mineralstoffen auswirken.
  • Die Umstellung von 93 Prozent der gesamten Stromerzeugung bis 2050 auf kohlenstoffarme Energiequellen wird den Versorgungssektor durcheinanderwirbeln.
  • Der erhöhte Schutz für Wald‐ und Ackerflächen bis 2030 hat Auswirkungen auf entsprechende Lieferketten im Bereich wirtschaftlich genutzter Naturressourcen.

Die wichtigsten finanziellen Auswirkungen auf die Wirtschaft

  • Die 100 am stärksten negativ betroffenen Unternehmen des MSCI ACWI verlieren 43 Prozent ihres aktuellen Wertes. Das entspricht 1,4 Billionen US‐Dollar. Die 100 am stärksten profitierenden Firmen könnten um 33 Prozent ihres gegenwärtigen Wertes zulegen, was 0,7 Billionen US‐Dollar entspricht.
  • Die Automobilhersteller mit den höchsten Investitionen in Elektrofahrzeuge werden ihren Wert um 108 Prozent steigern.
  • Die größten, börsennotierten Kohleunternehmen der Welt könnten ihren Wert nahezu halbieren (‐44 Prozent).  
  • Die zehn größten Unternehmen im integrierten Sektor der Öl‐ und Gasexploration und ‐ produktion verlieren nach Marktkapitalisierung fast ein Drittel (31 Prozent) des aktuellen Wertes oder 0,5 Milliarden Dollar.
  • Stromversorger mit zukunftsfähigen Strategie für erneuerbare Energien könnten ihre Bewer‐ tung verdoppeln (104 Prozent), während die Bewertungen der Nachzügler um 66 Prozent fallen können.
  • Unternehmen, die für den Übergang erforderliche Mineralstoffe produzieren, können um 54 Prozent nach oben gehen. Diejenigen mit dem geringsten Anteil an "grünen Mineralstoffen" müssen sich auf Bewertungsabschläge von 49 Prozent einstellen.
  • Agrarunternehmen  mit einem hohen Anteil an nachhaltigen Biokraftstoffen und Produzen‐ ten von Nicht‐Rindfleisch‐Proteinquellen, deren Nachfrage steigt, legen im Wert um mindes‐ tens zehn Prozent zu. Unternehmen,  wie beispielsweise Rindfleischproduzenten, verlieren mehr als 15 Prozent.  Noch starker fällt der Bewertungsverlust bei Firmen aus, deren Geschäftstätigkeiten direkt mit der Abholzung von Wäldern  verunden sind.  Hier könnte der Ab‐ schlag bis zu 43 Prozent betragen.  

Fünf Sektoren besonders betroffen

Aus Sicht von PRI steht fest, dass die Politik sich durch regulatorische Maßnahmen stärker in den Kampf gegen die Klimaerwärmung einschalten wird. “Deren Antwort wird unweigerlich zu einem Repricing an den Märkten führen, und  Gewinner und Verlierer innerhalb der Sektoren sowie zwischen diesen hervorbringen”, sagte Fiona Reynolds. Die größten Herausforderungen würden sich vor allem für die Sektoren Energie, Automobilbau, Versorgung, Mineralstoffe und Agrarwirtschaft ergeben.

Energiewirtschaft: Erhebliche Nachteile für den gesamten Sektor

  • Der Sektor der fossilen Brennstoffe verliert ein Drittel seines Wertes. Er zählt damit zu den am stärksten betroffenen Sektoren und ist der einzige, der keinen nennenswerten Anteil an Gewinnern vorweisen kann.
  • Die größten Herausforderungen ergeben sich aus sinkenden Margen, verursacht durch Nachfrage‐ und Preisrückgänge. 
  • Unternehmen, die im Kohlebergbau tätig sind, könnten bis zu 44 Prozent an Wert verlieren.   Die Gewinne aus Kohle dürften um 64 Prozent zurückgehen, da der Einsatz von Kohle zur Stromerzeugung seinen Höhepunkt erreicht hat und von 2025 bis 2040 durchschnittlich um sechs Prozent pro Jahr rapide abnimmt.
  • Die Trendwende bei Öl dürfte 2027 erreicht sein. Unternehmensgewinne aus dem Einsatz fossiler Brennstoffe gehen langfristig um 34 Prozent zurück. Hauptursache: die rückläufige Nachfrage nach Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor um zwei Drittel zwischen 2025‐2050. 
  • Im Vergleich zu Downstream‐Playern (‐29 Prozent) sind Upstream‐Player am stärksten betroffen (‐38 Prozent).
  • Die zehn größten Unternehmen im integrierten Sektor der Öl‐ und Gasexploration und ‐ produktion verlieren fast ein Drittel (31 Prozent) an Marktkapitalisierung , oder 0,5 Milliarden US‐Dollar.
  • Erdgasgewinne, die um 2040 ihren Höhepunkt erreichen, sinken um 29 Prozent.  
  • Hersteller von Solar‐ und Windkraftanlagen hingegen stellen sich gegen den Trend, und er‐ reichen einen Bewertungszuwachs von 169 Prozent. 

Automobilsektor: Großes Wachstum für Produzenten von E‐Autos, andere fallen zurück

  • Der Absatz von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor geht rapide zurück und erreicht 2050   Null. Elektrische Fahrzeuge hingegen verzeichnen ein deutliches Marktwachstum, das bis 2040 fast 70 Prozent der Pkw ausmacht
  • Getrieben wird die Entwicklung durch das Verkaufsverbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor bis 2035 in Westeuropa und China sowie in den USA, Japan und anderen Regionen bis 2040.  
  • Die besten zehn Prozent der Autoproduzenten werden einen Wertzuwachs von bis zu 108 Prozent verzeichnen.
  • Im Gegensatz dazu müssen diejenigen Unternehmen, bei denen elektrische Fahrzeuge keine Rolle spielen, mit Bewertungsabschlägen von 34 Prozent rechnen.

Stromversorger: Größte Diskrepanz zwischen Gewinnern und Verlierern

  • Bis 2050 werden 93 Prozent der erzeugten Energie aus kohlenstoffarmen Quellen stammen, einschließlich Wasser, Solar, Wind, Biomasse und Kernenergie.
  • Die aggregiert geringen Auswirkungen auf die Unternehmensbewertungen insgesamt  (‐4 Prozent) verbergen enorme Schwankungen, die durch die unterschiedliche Emissionsintensität einzelner Erzeuger verursacht werden.
  • Die leistungsstärksten zehn Prozent der Stromversorger verdoppeln ihren Wert (104 Prozent).  
  • Im Gegensatz dazu fällt der Unternehmenswert bei den schwächsten zehn Prozent mit über‐ durchschnittlicher Emissionsintensität aufgrund hoher CO2‐Kosten um 66 Prozent.  

Mineralstoffe und Bergbau: Nachfrageschub für “grüne” Produkte bewirkt Neubewertung

  • Als emissionsintensiver Sektor erfährt der Mineralbergbau eine erhebliche Kostenbelastung durch solche CO2‐Steuern.  
  • Der zunehmende Einsatz von kohlenstoffarmen Energien und Produkten (wie erneuerbaren Energien und Elektroautoss) führt zu einer Nachfragesteigerung nach "grünen”  Mineralien wie Kobalt, Kupfer, Lithium, Nickel und Silber und Erz.  
  • Die leistungsstärksten 10 Prozent der Unternehmen der Branche erleben eine durchschnittliche Wertsteigerung von 54 Prozent und haben im Durchschnitt einen Anteil von 53 Prozent an den Umsätzen mit “grünen” Mineralien.  
  • Die am schlechtesten abschneidenden 10 Prozent der Unternehmen, mit einem minimalen Anteil am Umsatz mit grünen Mineralien, müssen mit einer Halbierung ihres Werts rechnen   (‐49 Prozent).

Agrarwirtschaft:

  • Nachfrageveränderungen begünstigen umweltfreundlichere landwirtschaftliche Produkte, während Rechts‐, Marktzugangs‐ und Boykottrisiken den Wert von Unternehmen gefährden, die mit nicht nachhaltigen Praktiken in der gesamten Lieferkette in Verbindung gebracht werden.
  • Für stark exponierte Produzenten kritischer Produkte wie zum Beispiel Soja, Rindfleisch und Palmöl in risikobehafteten Ländern wie Brasilien und Indonesien könnte der potenzielle Wertverlust  35 bis 43 Prozent betragen.
  • Für nachgelagerte Lebensmittel‐ und Getränkeunternehmen könnte der Wertverlust bis zu ‐ 15 Prozent betragen.
  • Mit Blick auf die Aufforstungs‐ und Wiederaufforstung ergeben sich hingegen neue Geschäftschancen, bei denen Vermögenswerte in Höhe von etwa 11,8 Billionen Dollar enstehen könnten.  

Investoren müssen handeln

Nach Auffassung von PRI sind Investoren auf die Herausforderungen des “Inevitable Policy Response” gegenwärtig nicht vorbereitet. Lediglich zwei Prozent der Signatoren der Principles for Responsible Investment, darunter einige der größten Anleger weltweit, hätten sich mit dem Thema bisher ausreichend auseinandergesetzt. Die Botschaft von PRI lautet daher: “Investoren müssen sich jetzt auf die regulatorisch bedingte Disprution an den Märkten einstellen, um signifikante Branchenrisiken zu minimieren und von braunen zu grünen Assets zu wechseln”, so Fiona Reynolds. Die vorgelegte Studie biete dafür ein geeignetes Hilfsmittel, mit dem Anleger ihre Portfolios überprüfen und anpassen können. “Es ist Zeit, zu handeln”, sagte Reynolds. Denn es sei keine Frage, dass die Politik auf den Klimawandel reagieren wird. Unklar sei lediglich wie stark die Reaktion ausfalle. Es sei allerdings davon auszugehen, dass die regulatorischen Maßnahmen um so schärfer ausfallen werden, je weniger effektiv man beim Klimaschutz vorankomme.

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