ESG-Investing-Artikelserie: „Green Deal“ im Fokus

Ursula von der Leyen hat einiges auf ihrer Agenda – das Thema „Klimawandel“ soll aber absolute Toppriorität haben. So will die neue Kommissionspräsidentin bereits innerhalb der ersten 100 Tage ihrer Amtszeit Details zum „Green Deal” bekanntgeben. Das heißt, dass mit Ende Februar mit konkreten Empfehlungen zu rechnen ist. Research | 13.12.2019 10:12 Uhr
e-fundresearch.com Gastautorinnen Susanne Lederer-Pabst & Alexandra Bolena (beide Dragonfly.finance) / © Suzy Stöckl www.suzystoeckl.com
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„Green Deal“

Doch was ist der „Green Deal“? Was kommt auf uns als Bürger zu? Was kommt auf uns als Anleger zu? Und was kommt last but not least auf die Finanzindustrie mit ihren Institutionellen Investoren zu, die nun nicht nur Ertrag erwirtschaften müssen, sondern auch den „Green Deal“ finanzieren sollen? 

Ursula von der Leyens ambitionierte Pläne

Nun, die Frage, ob die Finanzindustrie einen Beitrag zu Erreichung der Klimaziele leisten soll oder nicht, ist recht einfach zu beantworten – ja, denn ohne wird es einfach nicht gehen! Auslöser für das Vorhaben der EU-Kommission ist das Pariser Klimaabkommen von 2015. Um die darin definierten Ziele zu erreichen, werden laut Schätzungen europaweit rund 180 Mrd. Euro benötigt – jährlich wohlgemerkt! 

Allein für die Energiewende in Österreich werden 29 Mrd. Euro für den Ausbau der nachhaltigen Stromerzeugung benötigt und weitere 20 Mrd. Euro für den Ausbau der Netze. 

Will man aber über die Pariser Ziele hinaus dem Klimawandel noch rascher entgegenwirken – was wohl notwendig sein wird, dann sind ganz andere Summen im Spiel. 

Von der Leyen hat diesbezüglich ganz konkrete Pläne: Die Karbon Emissionen sollen bis zum Jahre 2030 fix um 50 % (im Verhältnis zu 1990) sinken – wenn vernünftig machbar – sogar auf 55 % und nicht wie in Paris definiert um „nur“ 40 %.

Überambitioniert und industriefeindlich? 

Wie nicht anders zu erwarten, wurden von der Leyens Ambitionen von Seiten der Wirtschaft zunächst kritisiert: „Ein 55-Prozent-Ziel würde die Industrie keinesfalls verkraften.“

Auch wenn man den Aufschrei als ersten Reflex verstehen mag – allzu viele Alternativen gibt es wohl nicht, wenn wir auch noch Ende des Jahrhunderts wirtschaften wollen. Ein zweiter Blick auf dieses 55-Prozent-Ziel lohnt allemal, denn die Ideen werden durchaus von manchen Industrieriesen gutgeheißen. 

So arbeitet die Kommission aktuell am Entwurf für eine CO2-Steuer für ausländische Unternehmen, die sich nicht ausreichend an Umweltauflagen halten. Das führt im Umkehrschluss dazu, dass umweltfreundliche EU-Unternehmen steuertechnisch Vorteile haben und so unterstützt werden. 

Bereits im Oktober 2019, als erste diesbezügliche Pläne konkreter wurden, sprach sich der Stahlriese ArcelorMittal, ein internationales Unternehmen mit immerhin 76 Mrd. US-Dollar Umsatz für eine solche Co2 -Grenzsteuer aus und nannte sie "effektiv und fair". 

„Just Transition Fund“ und klimafreundliche Investitionspolitik

Einige der 28 EU-Mitgliedstaaten haben angedeutet, finanzielle Hilfe für den Übergang von fossilen zu nachhaltigen Brennstoffen zu benötigen. Die Antwort der neuen Kommission ist der „Just Transition Fund“. Die Größe des Fonds wird im zweistelligen Milliardenbetrag erwartet. Das Ziel ist klar: der Kohleausstieg muss gelingen. Der Fonds soll Regionen, die von fossilen Brennstoffen abhängen, dabei helfen, den Übergang zu sauberen Energiequellen zu finanzieren und Arbeitskräfte umzuschulen. Auch hier werden Institutionelle Investoren gefordert sein, gezielt klimafreundliche Investitionen zu tätigen.

Die Europäische Investitionsbank (EIB), die in den letzten Jahren immer wieder in der Kritik stand auch nicht nachhaltige Projekte zu finanzieren, hat bereits verlautbart, diese Unterstützungen für Industrien, wo fossile Brennstoffe eine Rolle spielen, Ende 2021 endgültig einzustellen. Die EIB könnte dann statt einer Investitionsbank, tatsächlich "Europas Klimabank" werden. Von der Leyen erklärte diesbezüglich, dass die EIB bis 2025 die Hälfte ihrer gesamten Finanzierungen für Klimainvestitionen zur Verfügung stellen solle – bis 2030 eine satte Billion Euro. 

Weiters ist geplant, Teile der europäischen „Green Deal“-Politik mit einen "Sustainable Europe Investment Plan" zu finanzieren. Gelingen soll das innerhalb der kommenden zehn Jahre und zwar mit Investitionen in Höhe von mehr als einer Billion Euro. 

Institutionelle Investoren

Dass hier die gesamte Finanzbranche eine entscheidende Rolle wird spielen müssen, versteht sich von selbst. Institutionelle Anleger sollen in Zukunft also darauf achten, dass ihre Investitionen „klimazielkonform“ sind. 

Investitionen in Energie, Abfallrecycling, Infrastruktur aber auch in Chemie und andere Industrien sollen daraufhin abgeklopft werden, ob sie nachhaltig sind. Hinweise darüber, was die EU als „nachhaltig“ ansieht, sind ab Ende 2019 zu erwarten, wenn die Taxonomie Richtlinien vorgibt. 

Die meisten Investoren – vor allem die Versicherungen, die ja unmittelbar wirtschaftliche Schäden aufgrund des Klimawandels erleiden, sehen die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahmen ein. Nur da und dort gibt es Bedenken wie z.B., dass die Atomenergie als Co2 neutrale Energiegewinnung eine Renaissance erleben könnte. Diese Energieform – von der EU möglicherweise als grün deklariert – mitfinanzieren zu müssen, würde wohl gerade österreichischen Investoren ungut aufstoßen. Hier ist Zusammenarbeit angesagt – wie z.B. über NGFS (Network for Greening the Financial System).

Die Zeit drängt

Dass es die EU-Kommission ernst meint, zeigt ihr Tempo bei der Entwicklung der Vorgaben. Nach dem Aktionsplan, der heuer veröffentlicht wurde, ist der „Green Deal“ nun der nächste notwendige Meilenstein. 

Nach der Veröffentlichung noch diesen Winter soll er bereits schrittweise zur Anwendung kommen. Spätestens Ende 2022 soll er in seiner umfassenden Komplexität wirken, um sicher zu stellen, dass Europa bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral ist. 

Fazit: Es kommen große und wichtige Herausforderungen auf den Finanzsektor zu und es wird nicht friktionsfrei abgehen. Banken und andere Finanzakteure spielen eine wichtige Rolle, geht es um globale Stabilität. Es erscheint daher nur konsequent, den Zentralbanken und Finanzmarkt-Aufsichtsbehörden die Rolle zuzuweisen, auch für klimabezogene Risiken Vorgaben zu entwickeln und deren Einhaltung zu überwachen – so NGFS in ihrem Jahresbericht 2019. 

Alternativen? Haben wir kaum, es muss daher ein gemeinsames Anliegen sein!

Zu den Autorinnen:

Susanne Lederer-Pabst: Die Finanzanalystin und gerichtlich beeidete Sachverständige für den Bank- und Börsebereich will nachhaltiges, sozialverträgliches Investieren stärker in den Investmentfokus Institutioneller Investoren rücken.

Alexandra Bolena betreut seit 2001 Institutionelle Kunden zum Thema "Alternative Investments". In den letzten Jahren steht „Impact Investing“ im Fokus; Lobbying für "Nachhaltige Investments", Wissenstranfer zu ESG/SRI und konkrete Investmentstrukturierung und –vermittlung.

Beide Autorinnen unterrichten an der FH St.Pölten im Masterstudiengang „Wirtschafts- und Finanzkommunikation“ das Fach Cultural Finance mit Schwerpunkt Impact Investing. Dragonfly.finance bietet umfassende Beratung zu den Themen „Nachhaltigkeit" und "Impact Investing" speziell für institutionelle Investoren. [email protected]

 Über diese Artikelserie: Sustainable Investments – ein großes Wort für viele Möglichkeiten. Dragonfly.finance, ein auf Impact Investing spezialisiertes Unternehmen, wird auf e-fundresearch.com monatlich zu den neuesten Trends Stellung nehmen, Aktuelles berichten und manches kritisch hinterfragen. Wenn Sie wissen wollen, was einen Social Bond von einem Social Impact Bond unterscheidet, welche Kriterien für Green Bonds gelten (werden), ob Microfinance noch state of the art ist oder ob es dank neuer Blockchaintechnologie innovativere und effizientere Methoden gibt, ob Crowdfunding eine Möglichkeit für nachhaltiges Investieren ist, und noch viel mehr rund um das Thema „Impact", dann bleiben Sie dran.

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