Das Universum macht keine Fehler
Insgesamt muss daher während der aktuellen Krise im Auge behalten werden, dass die Vorgaben der Politik noch nicht ausreichen, um uns auf den Weg zu bringen, das Pariser Abkommen zu erfüllen.
Dieses Jahrzehnt bleibt daher unglaublich wichtig, um die Treibhausgasemissionen dauerhaft zu senken und gerade jetzt machen durch Corona viele Staaten die Grenzen dicht, verhängen Ausgangssperren und die Nachhaltigkeitsdebatte bekommt Aufwind. Das Universum macht keine Fehler – dieser Gedanke poppt dazu gerade in meinem Kopf auf.
Letzte Woche hat auch MSCI das Bewusstsein dafür geschärft, dass sich die Outperformance von Indizes zum Thema Umwelt, Soziales und Governance (ESG) in den durch den Ausbruch des Coronavirus verursachten Marktturbulenzen beschleunigt hat.
Vorbildwirkung für Österreich?
Das neue Regierungsprogramm setzt sich, im Einklang des EU-Aktionsplans „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“, für die Umsetzung einer „Green Finance Agenda“ in Österreich ein und spricht von der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die Mobilisierung von privatem Kapital zur Erreichung der Klimaschutzziele.
In Österreich gibt es seit vielen Jahren Aktivitäten und Produkte, die Vorbildwirkung haben. Immerhin wird bereits seit 2004 das Österreichische Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte an nachhaltige Investmentfonds verliehen und darf sich somit als ältestes Finanzlabel Europas bezeichnen.
Umweltzeichen für Nachhaltige Finanzprodukte
Alle vier Jahre wird das „UZ 49“, die Umweltzeichenrichtlinie für „Nachhaltige Finanzprodukte“, inhaltlich überarbeitet. Es geht um Anpassungen an aktuelle Entwicklungen und die Erfassung neuer Produktgruppen.
Gerade war es wieder soweit und gerade noch bevor Corona unsere Tagesordnung zu bestimmen begann, wurde die neue Richtlinie, im Ministerium präsentiert. Die ÖGUT lud im Auftrag des BMK Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie herzlich dazu ein.
Andreas Tschulik vom BMK eröffnete die Veranstaltung mit dem Thema „Green Finance & Eco-Labelling“. Weitere Einsichten gab es von Raphael Fink vom VKI, Michaela Seelig vom BMK und von Maximilian Horster, Head of Climate Solutions bei ISS ESG, der seit 2018 auch OEKOM Research gehört.
Was ist neu an der Umweltzeichen-Richtline?
Bisher konnten mit dem Umweltzeichen nur Investmentfonds ausgezeichnet werden. Mit der erweiterten Umweltzeichenrichtlinie können nun auch nachhaltige Spar- und Giroprodukte zertifiziert werden. Zudem erweitert die Richtlinie die Produktgruppe nun außerdem um Green Bonds.
Das ist eine der Neuerungen, die, durch den Multi-Stakeholderprozess, im Rahmen der Überarbeitung der Richtlinie, ihren Weg in die Welt gefunden hat.
Die neue Richtlinie, wurde in einem 1,5-jährigen Revisionsprozess mit breiter Stakeholder-Beteiligung verfasst. Die Überarbeitung erfolgte im Rahmen einer öffentlich geführten Online-Diskussion, die ausdrücklich erwünscht war und an der wir uns auch beteiligt hatten.
Weiters dürfen zertifizierte Nachhaltigkeitsfonds künftig nicht mehr in Unternehmen investieren, die fossile Brennstoffe fördern oder Energie aus Kohle sowie Erdöl erzeugen.
Hundertwasser als Künstlervater des Logos
Eingeführt wurde das Österreichische Umweltzeichen übrigens von der damaligen Umweltministerin Marilies Flemming – bereits im Jahre 1990 – mit dem Ziel der glaubwürdigen Orientierungshilfe für Konsumenten. Es blickt somit auf 30 Jahre Erfolgsgeschichte zurück!
Das Logo entwarf kein Geringerer als der österreichische Künstler Friedensreich Hundertwasser. Besonders schön finde ich, dass es die Elemente der Ökologie: Erde, Wasser, Natur und Luft symbolisiert und somit mehr denn je den Zeitgeist nährt.
Im Marktvergleich stehende Produkte und Dienstleistungen sollten ausgezeichnet werden, um Konsumenten eine Informationsgrundlage für umweltfreundliche Kaufentscheidungen zu liefern. Spannendes Detail am Rande: Als erstes Produkt wurde der graue „bene Ordner“ zertifiziert.
Mittlerweile tragen über 4.000 ausgezeichnete Produkte mit einem Jahresumsatz von 1,1 Mrd. Euro sowie über 500 Tourismusbetriebe, Kindergärten, Schulen und außerschulische Bildungseinrichtungen die staatliche Auszeichnung. Für die Erstellung und Administration der Umweltzeichen-Richtlinien sind das Bundesministerium und der VKI, Verein für Konsumenteninformation, zuständig.
Nachhaltige Idee mit Bürgerbeteiligung
Besonders spannend: Im Rahmen der Präsentation der überarbeiteten Richtlinie wurde auch das erste mit dem Österreichischen Umweltzeichen zertifizierte Sparprodukt des Umweltcenter Gunskirchen vorgestellt.
Diese Bank hat als erste Bank Österreichs für ihr Umwelt-Girokonto und die Umwelt-Sparbücher das Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte verliehen bekommen.
Eine im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltige Idee, denn mit Geld ist viel zu bewegen. Viele Bürger möchten – egal ob mit kleineren Beträgen oder mit großen Geldanlagen – das eigene Geld nicht nur nachhaltig investieren, sondern gleichzeitig auch etwas für die Umwelt und für eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft tun. Diese steckt mitten im Wandel und hat jegliche finanzielle Unterstützung nötig.
Senkt Corona unseren CO2-Fussabdruck?
Aber eine Medaille hat bekanntlich zwei Seiten und so dürfen wir auch die positiven Aspekte des nun rasanten Umbaus unserer Welt entdecken. Denn wenn der derzeitige Anstieg der Fern- und Telearbeit, der durch die Coronavirus-Pandemie verursacht wird, zu einer dauerhaften Verhaltensveränderung führt, könnte dies die Emissionen langfristig enorm senken.
Für viele Dienstleistungsunternehmen sind Emissionen im Zusammenhang mit Geschäftsreisen die größte Quelle ihres CO2-Fußabdrucks. Immer mehr Unternehmen verpflichten sich, ihren eigenen Fußabdruck gemäß dem Pariser Abkommen zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen zu verringern.
Es ist somit durchaus möglich, dass der Unternehmenssektor nun erkennt, dass er mit weniger Reisen mehr erreichen kann. Virtuelle Meetings werden zur Gewohnheit und die immensen Produktivitätsgewinne, die sich daraus ergeben können, werden zum positiven Nebeneffekt der Krise.
Aber bekanntlich gehen mit Krisen immer enorme Chancen einher. Diese zu erkennen und zu nützen, liegt nun an uns! Corona hat uns deutlich sichtbar gemacht, dass der Wandel im vollem Gange ist – und zwar so rasant, dass uns sprichwörtlich die Luft wegbleibt. Lasst uns das Beste daraus gestalten und als zukunftsfähige Gesellschaft aus dieser Krise hervorgehen!
Susanne Lederer-Pabst ist Finanzanalystin sowie gerichtlich beeidete Sachverständige für den Bank- und Börsebereich und will nachhaltiges, sozialverträgliches Investieren stärker in den Investmentfokus Institutioneller Investoren rücken.
Lederer-Pabst unterrichtet zusätzlich auch an der FH St.Pölten im Masterstudiengang „Wirtschafts- und Finanzkommunikation“ das Fach Cultural Finance mit Schwerpunkt Impact Investing. Das von ihr gegründete Unternehmen „Dragonfly.finance bietet umfassende Beratung zu den Themen „Nachhaltigkeit" und "Impact Investing" speziell für institutionelle Investoren ([email protected]).