Der Green Deal braucht innovative Kooperationen

2020 hat ein Investmentkonsortium 54 Mio Euro für die Entwicklung einer »grünen Energieinsel« bereitgestellt. Mit dabei: zwei dänische Pensionsfonds. Auch andere Initiativen können als Best Practice Vorlagen dienen. Drei Beispiele, die vorführen, wie es gelingen kann den Green Deal zu realisieren. Research | 11.03.2021 15:30 Uhr
e-fundresearch.com Gastautorin Alexandra Bolena (Bolena Impact-Investments) / © Suzy Stöckl www.suzystoeckl.com // e-fundresearch.com Collage
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Wenn es um nachhaltige Wirkungsinvestitionen geht, ist Dänemark schon lange Pionier. Mit Vindé, einer 100 km vor der Küste angesiedelten Dreh- und Übertragungsanlage für Windkraft ist ein weiterer Meilenstein gesetzt. Als ob das nicht schon bemerkenswert genug wäre, lässt die Zusammensetzung des Investmentkonsortiums – unter anderem zwei Pensionskassen – erst recht staunen. Aber auch andere interessante Kooperationsmodelle lassen aufhorchen.

Dänische Pensionsfonds finanzieren innovatives Windkraftprojekt

Neben einem großen Energieversorger sind rund um die Errichtung einer absolut innovativen Energieinsel auch zwei Dänischen Pensionsfonds – PensionDanmark und PFA – mit an Bord. Die künstliche Insel ist Teil eines Offshore-Windkraft-Clusters und als erste dieser Art Teil eines bereits 2019 umfassend strukturierten und von der dänischen Regierung unterstützten Projekts.

Neben einem Zehn-Gigawatt-Offshore-Windkraft-Cluster im Meer soll auf der künstlichen Energieinsel Vindé die Speicherung, Umwandlung und Verteilung von Energie stattfinden. Die Offshore-Windkraftanlagen in der Nord- und Ostsee rund 100 km vor Dänemarks Küste sind Teil des dänischen Fahrplans zum Climate Action Plan. Dieser wiederum definiert alle Maßnahmen, mit denen das Land die vereinbarten Paris Klimaziele erfüllen will.

Bis 2030 soll das Offshore-Cluster inclusive Vindé fertig ausgebaut sein. Klappt alles nach Plan, entsteht dann mehr Windstrom als Dänemark selbst verbrauchen kann, weswegen auf der Energieinsel dafür Sorge getragen wird, dass Stromspeicher die Windstromeinspeisung ins Netz kanalisieren, Sektorkopplungsanlagen Strom aus Wind in andere Energieformen umwandeln können und Übertragungsleitungen die Energie in die Niederlande sowie nach Polen exportieren können.

Wegweisender Beschluss des dänischen Parlaments

Das Projekt steht in engem Zusammenhang mit einem wegweisenden Beschluss des dänischen Parlaments, der sogar von Greenpeace in den höchsten Tönen gelobt wurde. Dieser Beschluss sagt nicht weniger, als dass das bedeutende Öl- und Gasförderland seine Explorationen für fossile Brennstoffe in der Nordsee bis 2050 beenden will. Das Projekt rund um Vindé ist dabei nur ein Teil des beispielgebenden Aktionsplans des Landes.

Natürlich stehen hier klimapolitische Überlegungen im Vordergrund. Hand in Hand damit gehen aber ganz klare wirtschaftliche Interessen, denn es ist schon längst kein Geheimnis mehr, dass die Nachfrage nach »nachhaltigen Investmentopportunitäten« in den nächsten Jahren rasant zunehmen wird. 

Hebel durch Institutionelle Investoren 

Eine Studie von Black Rock hat im Dezember 2020 beeindruckende Zahlen präsentiert: Institutionelle Investoren, die in Summe 25 Billionen USD verwalten, planen in den nächsten fünf Jahren ihr Engagement in ESG relevanten Themen zu verdoppeln. Allerdings sprechen die Versicherungen, Pension- und Abfertigungsfonds auch klar von Hürden auf diesem Weg und nennen als größte Hemmnisse zu grünen Investments unklare Datenlage und (aufsichts-) rechtliche Unsicherheiten bezüglich der Fragen, was unter welchen Bedingungen »erlaubt« ist. Innovative Projekte bergen schließlich naturgemäß gewisse Unsicherheiten. Regelmäßige Bewertungen, wie sie von der Aufsicht gern gewünscht werden, stehen Investments daher oft ebenso im Weg wie lange Projektlaufzeiten, die den von Politik und Aufsicht definierten restriktiven Liquiditätsbestimmungen entgegenstehen.

Es ist daher dringend notwendig, den interdisziplinären Austausch zu forcieren und Kooperationen mit Experten zu intensivieren, um Wissen zu bündeln. Mindestens ebenso wichtig ist aber auch eine noch stärkere Zusammenarbeit mit der Politik. Erstens um gemeinsame Ziele zu konkretisieren und zweitens um Risiken zu teilen. Denn wir alle müssen wohl auch der Tatsache ins Auge sehen, dass, wer neue Wege beschreitet, ohne Zweifel auch Fehler machen wird. Andererseits ist klar, dass ein »weitermachen wie bisher« nicht möglich ist. Was wir daher dringend brauchen ist eine neue Fehlerkultur, denn bekanntlich fallen Späne, wo gehobelt wird. Nicht alle neue Technologien werden Erfolg haben und nicht alle Investments Gewinne erzielen.

Neue Finanzierungsmodelle sind gefragt

Dass diese Binsenweisheit einem Investment aber nicht im Wege stehen muss, hat Dänemark eindrucksvoll bewiesen. PensionDanmark mit 41 Milliarden US-Dollar AuM unter den Top 50 der europäischen Pensionskassen hat bereits im Jahr 2010 den Entschluss gefasst, die grüne Zukunft aktiv mitzugestalten. Damals suchte ein großes dänisches Energieunternehmen, das sich von Öl und Gas ab- und erneuerbaren Energien zuwandte, Finanzpartner. Der Pensionsfonds wiederum suchte stabile Renditemöglichkeiten. Dass daraus eine Partnerschaft werden konnte, ist einer innovativen Lösung zu verdanken, die das Risiko für die Pensionskasse so weit abminderte, dass ein Investment möglich wurde. Denn natürlich sind Pensionskassen gesetzlich verpflichtet, Gelder treuhändisch zu verwalten und Gewinne zu erzielen. Sie haben aber auch gesellschaftliche Verantwortung, mit den ihnen anvertrauten Geldern sorgsam in ökologischer Hinsicht umzugehen und die nehmen die Dänen offenbar sehr ernst.

Bei dem innovativen Finanzierungsmodell gab es Teilgarantien und gravierende Risiken konnten ausgelagert werden. Ein Beispiel: Beim Baurisiko wurden die Kosten als Darlehen strukturiert, die erst dann in eine Beteiligung umgewandelt werden, wenn der Windpark voll einsatzfähig ist. Dieses Modell hat sich seitdem bei vielen Projektinvestitionen im Bereich erneuerbare Energien bewährt und wurde oftmals nachgeahmt. Man sieht, vieles ist möglich, wenn die Notwendigkeit erst mal erkannt wurde – man muss es nur tun.

EIB und LDN Funds

Aber nicht nur in Europa, auch in den Emerging Markets besteht bezüglich des Green Deal dringender Handlungsbedarf. Hier sind vor allem die EIB und Entwicklungsbanken als Investoren tätig. So hat zum Beispiel 2016 die EIB in den »Land Degradation Neutrality Fund«, kurz »LDN Fund« investiert. Die Initiative geht auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) zurück. Das Projekt wurde in Kooperation mit Mirova, einem Fondsmanager mit Schwerpunkt im Globalen Süden und 16 Mrd Euro AuM gestartet. Der Fonds sammelt nun Kapital öffentlicher und privater Anleger ein, um in Projekte zur nachhaltigen Landnutzung sowie in erneuerbare Energie in Lateinamerika, Asien und Afrika zu investieren. Ziel: Wüstenbildung vermeiden, Land sanieren und damit auch noch Investoren Gewinn bieten. Auch hier wurden externe Experten an Bord geholt und IDH (The Sustainable Trade initiative), eine NGO mit entsprechender Expertise, ist bei den Investmententscheidungen mit eingebunden. Bis heute hat der LDN-Fonds 150 Millionen Dollar eingesammelt. Der Großteil der Investoren sind allerding Entwicklungsbanken – Pensionsfonds und anderen großen privaten Investoren scheint dieses Thema angesichts der regulatorischen Auflagen doch zu exotisch zu sein.

Norwegen: Engagement & Impact

Ein anderes interessantes Beispiel ist die Norges Bank Investment Management (NBIM). Der staatliche Pensionsfonds ist der größte Staatsfonds der Welt und verwaltet ein Vermögen von rund 1 Billion Euro.

Der Fonds hat sich vor einigen Jahren eine Branche seines Veranlagungsuniversums herausgepickt und seine Aktieninvestments in Schuh- und Bekleidungsunternehmen näher angesehen. Dabei wurden gravierende Missstände in allen drei ESG Belangen festgestellt. In Folge begann NBIM im Jahr 2018 eine Zusammenarbeit mit UNICEF, um zunächst die Zusammenhänge besser zu verstehen und in Folge Einfluss auf globale Unternehmenspolitiken und -praktiken zu nehmen. Das Ergebnis: ein Dialog zwischen einer NGO, einem Staatsfonds und Marktschwergewichten einer umstrittenen Branche. Im Zuge dieses Dialogs haben sich unter anderem der größte europäische Sportartikelhersteller Adidas, das schwedische Modehaus H&M und Yves Saint Laurent-Eigentümer Kering, rund um das Thema Kinderrechte verständigt. In Folge wurden speziell bei den Zulieferfirmen massive Verbesserungen erwirkt. Nach zweijährigem Netzwerkengagement veröffentlichten NBIM und UNICEF im Jahr 2020 dann einen umfassenden Bericht über die Rechte von Kindern mit Fokus auf die Zulieferfirmen der umstrittenen Modebranche. Es wurden klare Mindeststandards für die Bekleidungs- und Schuhindustrie definiert und Empfehlungen ausgesprochen, die heute vielen als Messlatte dienen, wenn es um Verträge mit ebendiesen Zulieferern geht. 

Let’s do it

Fazit: Basis-ESG-Analysen sind für Investoren mittlerweile Pflicht und nicht mehr nur Kür, und das ist gut so – aber bei weitem noch nicht alles, was möglich ist. Wenn seitens der Politik gewünscht wird, dass der im Green Deal angedachte Hebel durch große Private Anleger, wie Versicherungen, Abfertigungskassen und Versicherungen tatsächlich greift, braucht es auch neue Arten der Kooperationen und innovative Finanzierungsmodelle mit Absicherungsmechanismen. Dass beides trotz strengen aufsichtsrechtlichen Korsetts offenbar möglich ist, haben zwei skandinavische Staaten eindrucksvoll bewiesen. 

Gastautorin: Alexandra Bolena, Bolena Impact-Investments 

Über die Gastautorin:

Alexandra Bolena betreut seit 2001 Institutionelle Anleger zum Thema »Alternative Investments«. In den letzten Jahren liegt dabei der Schwerpunkt klar auf nachhaltigen Angeboten. Wissenstransfer zu ESG/SRI, Lobbying, das Finden richtiger Analysetools und Anlagemöglichkeiten, sowie die Vermittlung von passenden Investmentlösungen stehen – ganz nach dem Motto »sustainabiliy counts« – bei »Bolena Impact-Investments« im Fokus.  

www.impact-investments.at bietet umfassendes Service rund um die Themen »Nachhaltigkeit« und »Impact«. Den Bedürfnissen und Möglichkeiten der österreichischen Institutionellen Investorenszene angepasst werden Anbieter innovativer Anlagelösungen beim Markteintritt in Österreich begleitet.

Artikel-Quellen:

https://www.offshorewind.biz/2021/01/15/meet-vindo-the-worlds-first-energy-island/

https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-12-03/denmark-ends-north-sea-oil-exploration-drops-production-in-2050

https://www.eib.org/en/products/equity/funds/land-degradation-neutrality-fund

https://www.nbim.no/contentassets/d3bda851912f4bcc832520cd93700699/childrens-rights-expectations.pdf

https://www.unicef.org/reports/childrens-rights-in-garment-and-footwear-supply-chain-2020

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