Aktuelle ESG Funds Survey 2022 zeigt: heimische Fondslandschaft in ESG-Konzeption diverser und weitaus dynamischer als Retailfonds-Gesamtmarkt
- ESG Fondsmarkt in Österreich mit 214% Zuwachs in den vergangenen 2 Jahren und weitaus dynamischer als Retailfonds-Gesamtmarkt
- Heimische Fondslandschaft wird in ESG-Konzeption diverser
- 43,6% der Retailfonds haben eine gemäß SFDR deklarierte ESG-Orientierung und 24,7% sind via Zertifizierung (meist Umweltzeichen) „anspruchsvoll“ nachhaltig
- Top 10 Nachhaltigkeitsfonds repräsentieren 56% der ESG Assets
Nachhaltige bzw. ethische, ökologische und gesellschaftlich verantwortungsvolle Kapitalanlagen sind seit vielen Jahren ein wachsendes Segment in der heimischen Investmentindustrie. Allein in den vergangenen zwei Jahren ist der ESG Marktanteil in Österreichs Fondslandschaft um insgesamt 214% gestiegen. Bei der Zuordnung zu ESG Segmenten gilt es zu unterscheiden: zwischen gelabelten ESG Fonds („ESG Fonds im engeren Sinne“) und deklarierten ESG Fonds nach SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation).
Auf die oft gestellte Frage, wo denn mittlerweile der Anteil nachhaltiger Investments liege, lautet die einzige und zweifellos richtige Antwort: „So hoch wie noch nie“!
Wie hoch dieser Anteil nun ist, darauf gibt es - abhängig von der Definition von Nachhaltigkeit - unterschiedliche Antworten, unterschiedlicher Qualität und für verschiedene Marktsegmente.
Die von der rfu durchgeführte Austrian ESG Funds Survey 2022 für den Österreichischen Markt der Nachhaltigen Retailfonds (Stand 31.12.2021) wirft einen differenzierten Blick auf die heimische nachhaltige Fondslandschaft an Hand der beiden Kreise der Nachhaltigkeits- bzw. ESG Fonds:
Knapp 40 Mrd. € bzw. 43,6% der österreichischen Retailfonds verfolgen eine zumindest eingeschränkte ESG-Orientierung und deklarieren sich dazu nach SFDR
43,6 Prozent der österreichischen Retailfonds sind mit einem Volumen von knapp 40 Milliarden Euro deklarierte ESG Fonds (ESG Fonds im weiteren Sinne). Diese verfolgen eine zumindest eingeschränkte ESG-Orientierung und sind nach Artikel 8 („Nachhaltigkeitsmerkmale“) und Artikel 9 (mit Nachhaltigkeitswirkung- oder Ziel) nach der SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) deklariert. Von den insgesamt 259 ausgewiesenen Fonds sind lediglich 13 nach Artikel 9 SFDR deklariert, 245 nach Artikel 8. (Stand 31.12. 2021).
22,4 Mrd. € bzw. ein Viertel der österreichischen Retailfonds sind anspruchsvoll nachhaltig und untermauern dies via Zertifizierung oder Artikel 9 SFDR Status
Rund ein Viertel der österreichischen Retailfonds sind „ESG Fonds im engeren Sinne“ bzw. anspruchsvoll nachhaltig und untermauern dies mit einer Zertifizierung oder dem Artikel 9 SDFR-Status. Das Fondsvolumen liegt bei 22,4 Milliarden Euro und ist gegenüber Ende 2019 (10,23 Milliarden Euro) um 119 Prozent gestiegen. Die Entwicklung dieses ESG-Segments erweist sich damit gegenüber dem Retailfonds-Gesamtmarkt als wesentlich dynamischer. Von den zugehörigen 112 Fonds qualifizieren sich mit 31.12. 2021 99 via das Österreichische Umweltzeichen und 52 über das FNG-Siegel.
Die Struktur der ESG Fonds i.e.S. nach Asset Klassen stellt sich folgendermaßen dar: 35 Fonds mit einem Vermögen von 6,566 Milliarden Euro sind Aktienfonds. Dies entspricht einem Anteil von 29,3 Prozent.
5,105 Milliarden Euro sind in 44 nachhaltige Anleihen- und Geldmarktfonds investiert. Deren Anteil beträgt 22,8 Prozent. Mit 47,6 Prozent bzw. 10,666 Milliarden Euro ist die Gruppe der 32 gemischten Fonds die größte, ein Produkt mit 0,4 Prozent Anteil ist ein Microfinance-Fonds.
Österreichs Top 3 Fondsgesellschaften dominieren mit zusammen knapp 79% das engere ESG Segment, aber auch einige kleinere positionieren sich erfolgreich
Österreichs Top 3 Fondsgesellschaften
positionieren sich auch im Segment der Nachhaltigkeitsfonds i.e.S. (zertifiziert oder Artikel 9) als Top 3. Die Raiffeisen KAG ist mit 45,2 Prozent klarer Marktführer, gefolgt von Amundi Austria mit 17,5 Prozent, dritte ist die Erste Asset Management mit 15,9 Prozent. Zusammen erreichen die drei Großen zusammen knapp 79 Prozent. Im Vergleich zu Ende 2019 hat damit die Marktkonzentration zugenommen, dennoch gelingt es einzelnen mittleren und kleineren KAGs sich im ESG Segment gut zu positionieren, wie z.B. der Security KAG, die mit 5,8 Prozent an 4. Stelle liegt.
Betrachtet man die ESG Quoten innerhalb der KAGs, so reichen die Ergebnisse von hoher strategischer Wichtigkeit bis zu untergeordneter Beimischung. Top 3 sind Raiffeisen KAG (46,4%), Amundi Austria (40,1%) und Security KAG (35%).
Auch im erweiterten ESG Segment dominieren die großen Fondsgesellschaften, jedoch mit z.T. unterschiedlichen Praktiken bei der SFDR Deklaration
Nimmt man die weiter gefasste Definition, also die deklarierten Nachhaltigkeitsfonds gemäß Artikel 8 und 9 SFDR, so stellt sich die Marktstruktur per 31.12.2021 teilweise etwas anders dar als im enger definierten ESG Segment: Die drei großen Fondsgesellschaften erreichen zusammen wieder knapp vier Fünftel (79,6%) des Gesamtvolumens, jedoch sind die Abstände die Amundi Austria und Erste Asset Management auf Marktführer Raiffeisen KAG haben geringer. Und wieder sind auch einige kleinere KAGs, insbesondere die Masterinvest, überproportional vertreten.
Beim Vergleich der ESG Quoten zeigt sich eine z.T. sehr unterschiedliche Praxis der KAGs, ihre Fonds als nachhaltig zu deklarieren. Z.B. hat Amundi Austria 95% ihrer Retailfonds-Assets den Artikeln 8 und 9 zugeordnet. Es folgen Masterinvest (62%) und Raiffeisen KAG (57%). Am anderen Ende des Spektrums hat ein Anbieter z.T. nicht einmal seine zertifizierten Fonds als Artikel 8 ausgewiesen.
10 größten Nachhaltigkeitsfonds repräsentieren 56% der anspruchsvollen ESG Assets
Unter den Nachhaltigkeitsfonds i.e.S. (zertifiziert oder Artikel 9 SFDR) haben sich einige Flaggschiffe herausentwickelt. Die nachfolgende Top 10 Liste wird, wenig überraschend, ausschließlich von den drei großen Anbietern bestückt und repräsentiert per Ende 2021 ein Vermögen von 12,6 Milliarden Euro.
©rfu
Dies entspricht mit 56 Prozent mehr als der Hälfte des Gesamtvolumens in anspruchsvollen ESG Fonds. Die verbleibenden 102 Produkte stellen 44 Prozent des Marktes dar.
Erich Hoffmann, Senior Consultant, rfu
Weitere Leistungen sind u.a. die Erstellung von Prüfgutachten nach dem Österreichischen Umweltzeichen sowie Second Party Opinions zur Emission von Green und Social Bonds. Weitere Informationen finden Sie auf www.rfu.at Über die Artikelserie "GOING GREEN":
Die rfu, mit Sitz in Wien, ist Österreichs Spezialistin für Nachhaltiges Investment und Management und unterstützt institutionelle Kunden mit Nachhaltigkeits-Research und der Konzeption von Investmentprodukten. „Technologisches Herz" sind die rfu Nachhaltigkeitsmodelle für Unternehmen, Länder und Rohstoffe.
GOING GREEN ist eine monatliche Kolumne auf e-fundresearch.com zu Entwicklungen und Hintergründen im nachhaltigen Investment, verfasst von Reinhard Friesenbichler und seinen Kolleginnen und Kollegen aus der rfu.
