Wie sich Unternehmen, Banken und die öffentliche Hand nachhaltig finanzieren

Parallel zur vermehrten Investition in nachhaltige Projekte erfreuen sich auch nachhaltige Finanzierungsinstrumente wie Green und Social Bonds wachsender Beliebtheit. Dies gilt sowohl für die kapitalsuchende Seite, als auch für private und institutionelle Investoren, die ihrerseits nach nachhaltigen Anlagemöglichkeiten suchen. Auch Börsen etablieren eigene Marktplätze für nachhaltige Anleihen. Research | 04.10.2023 10:00 Uhr
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Warum mit Green Bonds refinanzieren?

Für Unternehmen mit Finanzierungsbedarfen eröffnen Green und Social Bonds und ähnliche Finanzierungsinstrumente wie z.B. Schuldscheindarlehen (verbriefte Darlehen) die Möglichkeit, sich mit prononciert „grünen“ Themen am stark wachsenden nachhaltigen Kapitalmarkt zu positionieren. Dies gilt nicht nur für Firmen mit durchgängig grüner Geschäftstätigkeit, wie z.B. erneuerbare Energieproduktion, sondern auch für konventionelle Unternehmen, die mit ersten Leuchtturmprojekten in einen Transitionsprozess einsteigen. Ähnlich verhält es sich bei Banken. Diese schicken i.d.R. zwar nicht eigene Vorhaben ins Rennen, refinanzieren aber mit nachhaltigen Anleihen oder auch mit Spar- und Giroprodukten die „grünen“ Projekte Ihrer Kreditnehmer. Staaten, Gliedstaaten und kommunale Emittenten können mit Green und Social Bonds ihre Vorhaben in Bereichen wie öffentlicher Verkehr, Gesundheit oder digitale Infrastruktur am Kapitalmarkt finanzieren und damit auch öffentlichkeitswirksam darstellen.

Vieldiskutiertes Thema ist das Pricing nachhaltiger Anleihen. Auch wenn es (derzeit noch) Hinweise auf leichte Konditionenvorteile auf Seite der Emittenten gibt (wegen überproportionaler Investorennachfrage), sollte dies nicht das leitende Kalkül für die Begebung eines Green Bond sein.

Was sind die Schritte zur Green Bond Emission?

Erste Aufgabe ist die Konzeption, Implementierung und Publikation eines Sustainable Finance Frameworks. In diesem definiert der künftige Anleiheemittent die Anforderungen an nachhaltige Projekte, die Prozesse zu deren Auswahl und zur Sicherstellung einer jederzeit nachhaltigen Verwendung der Emissionserlöse sowie auch Frequenz und Inhalt der laufenden Berichterstattung. Ein Framework wird umso komplexer, je breiter die Nachhaltigkeitsthemen gefasst sind. Vor allem Banken haben in ihren Frameworks eine Vielzahl von Eventualitäten zu berücksichtigen, einschließlich des Asset-Liability Managements z.B. im Falle von Kreditausfällen oder vorzeitigen Tilgungen. In den Frameworks von Banken können auch andere Refinanzierungsinstrumente wie Spar- und Giroeinlagen geregelt werden.

Frameworks orientierten sich meist an anerkannten internationalen Standards wie z.B. den Green Bond Principles oder den Social Bond Principles der International Capital Market Association (ICMA) oder künftig auch dem European Green Bond Standard.

Welche Prüfungen, Label und Publikationen sind erforderlich?

Empfehlung in den genannten Standards, Forderung von Investoren und Voraussetzung für ein Listing auf Green Bond Märkten ist meist auch eine externe Überprüfung des Frameworks bzw. der einzelnen Anleihen. Hierfür beauftragt der Emittent eine Second Party Opinion (SPO) bei einem externen Spezialisten – meist einer Nachhaltigkeits-Ratingagentur. Neben der inhaltlichen Prüfung, ob die vom Emittenten zugesagten Nachhaltigkeitseigenschaften der Anleihe bzw. der damit finanzierten Projekte erfüllt sind, geht eine SPO auch auf finanztechnische und organisatorische Aspekte ein, die die jederzeitige widmungskonforme Mittelverwendung gewährleisten und transparent machen.

Mit der Publikation der SPO – i.d.R. auf der Website des Emittenten ist diese, neben dem Framework, selbst ein wichtiges Instrument zur Schaffung von Transparenz. Sobald Green oder Social Bonds emittiert sind, bestehen auch laufende Verpflichtungen zur Einhaltung der im Framework getroffenen Zusagen und zur Schaffung von Transparenz. Hierzu zählt insbesondere ein zumindest jährliches Reporting zur adäquaten Mittelverwendung einschließlich der Darstellung ausgewählter Key Performance Indicators (KPIs) zur Messung der ökologischen bzw. sozialen Wirksamkeit der finanzierten Projekte.

Zusätzlich zur SPO kann auch noch ein spezielles Label beantragt werden, das in kompakter Form die Nachhaltigkeitsqualität einer Anleihe bestätigt. Derzeit kommt hierfür das Österreichische Umweltzeichen für Nachhaltige Finanzprodukte in Frage und zukünftig auch das European Green Bond Label.

Green Loans als Instrument der KMU-Finanzierung

Die gerade in Überarbeitung befindliche Umweltzeichen-Richtlinie UZ49 wird ab 2024 auch nachhaltige Kredite – sogenannte „Green Loans“ - umfassen. Damit geht man auf die zunehmende Praxis von Banken bzw. Unternehmen ein, auch im Bereich der nichtverbrieften Finanzierungen Nachhaltigkeitskriterien zu integrieren. Vorteile sind u.a. die Möglichkeit zu einer deutlich kleineren Losgröße als bei Anleihen und der Wegfall von Strukturierungs- und Emissionskosten, womit auch kleinere Finanzierungen gelabelt werden können.

Von Mag. Reinhard Friesenbichler

Über die rfu:

Die rfu, mit Sitz in Wien, ist Österreichs Spezialistin für Nachhaltiges Investment und Management und unterstützt institutionelle Kunden mit Nachhaltigkeits-Research und der Konzeption von Investmentprodukten. „Technologisches Herz" sind die rfu Nachhaltigkeitsmodelle für Unternehmen, Länder und Rohstoffe.

Weitere Leistungen sind u.a. die Erstellung von Prüfgutachten nach dem Österreichischen Umweltzeichen sowie Second Party Opinions zur Emission von Green und Social Bonds.

Weitere Informationen finden Sie auf www.rfu.at

Über die Artikelserie "GOING GREEN":
GOING GREEN ist eine monatliche Kolumne auf e-fundresearch.com zu Entwicklungen und Hintergründen im nachhaltigen Investment, verfasst von Reinhard Friesenbichler und seinen Kolleginnen und Kollegen aus der rfu.

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