Egal ob Klopapier, Reinigungsmittel, Gartenerde oder Hotellerie: das Österreichische Umweltzeichen dient Konsumentinnen und Konsumenten bei ihren Kaufentscheidungen als Informationsgrundlage zur Umweltfreundlichkeit von Produkten und Dienstleistungen.
2004 wurde das staatliche Gütesiegel um die Kategorie nachhaltige Finanzprodukte (UZ49) erweitert und zählt somit europaweit zu einem der ersten Nachhaltigkeits-Gütezeichen im Finanzbereich. Die Entwicklung des nachhaltigen Investments aus der Nische zum Mainstream spiegelt sich auch in der wachsenden Anzahl an Umweltzeichen-zertifizierten Fonds wider. Zum Jahreswechsel 2023 / 2024 sind bereits über 200 Fonds sowie mehr als 150 sonstige Finanzprodukte (wie zum Beispiel Sparbücher, Green Bonds oder Zertifikate) gelabelt.
Alle vier Jahre wird die Richtlinie in einem Multi-Stakeholder-Prozess überarbeitet. Die neue Richtlinie des UZ49 ist seit 1.1.2024 in Kraft. In dem vorliegenden Artikel werden die wichtigsten Änderungen gegenüber der Richtlinie aus 2020 dargelegt.
Die Pflichtausschlusskriterien wurden sowohl für Unternehmen als auch für Staaten erweitert bzw. überarbeitet.
Neue Anforderungen ab 2024 im Bereich Unternehmen:
- Kompletter Ausschluss von Unternehmen, die kontroversielle Waffen und/oder deren wesentliche Komponenten herstellen.
- Diverse Aspekte im Bereich der fossilen Energie wurde bereits bisher ausgeschlossen. Folgende Kriterien wurden neu aufgenommen: Unternehmen, die in der Distribution fossiler Energie (insb. Pipelines und Tankstellen) oder der Energieerzeugung aus Erdgas tätig sind. Abweichend von der ansonst meist fünfprozentigen Umsatztoleranz im Umweltzeichen, gilt für das ebenfalls neue Ausschlusskriterium betreffend der Produktion von Kernkomponenten zur Förderung fossiler Brennstoffe eine Schwelle von 30%.
- Unternehmen, die Tabak produzieren und/oder damit handeln.
- Unternehmen, die schwere Verstöße gegen die Prinzipien des UN Global Compact begangen haben.
Neue Anforderungen ab 2024 im Bereich Staaten:
- Staaten, die laut dem Freedom House Index als „not free“ eingestuft werden.
- Staaten, die einen aktuellen Wert von kleiner 30 im Corruption Perception Index aufweisen.
- Staaten, die auf der Black List der FATF (Financial Action Task Force) und/oder der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke stehen.
- Staaten mit jährlichen Pro-Kopf-Emissionen über 14t CO2e.
- Staaten ohne Ratifizierung des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES).
- Staaten, mit bereits in Bau befindlichen oder beschlossenen neuen Atomkraftwerken oder einem Nuklearenergieanteil über 40% des national produzierten Strommix.
Vollkommen neu in die Richtlinie wurde die Mindest-Taxonomie-Quote aufgenommen, deren Umsetzung aber erst ab 2026 verpflichtend ist. Bis dahin ist sie ein optionales Kriterium, mit der Möglichkeit zu Bonuspunkten. Die künftige verpflichtende Quote steht zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest und wird 2025 evaluiert.
Der Prüfabschnitt hinsichtlich der Investierbarkeitsquote des Gesamtuniversums vor Ausschlusskriterien wurde ergänzt um die mögliche Berechnung nach Ausschlusskriterien. Letztere liegt bei maximal 45%. Werden diese Mindestwerte nur knapp erreicht, so sind ab nun Zusatzpunkte über Engagement-Kriterien erforderlich. Das Thema Engagement hat in der neuen Richtlinie eine insgesamt größere Bedeutung erhalten.
Der Bereich der möglichen Bonuspunkte wurde sowohl punktetechnisch erhöht als auch um weitere Aspekte ergänzt. Wie bereits erwähnt, kann hier bis 2026 die Taxonomie-Quote berücksichtigt werden. Weitere Bonuspunkte sind für die institutionelle Glaubwürdigkeit, den KAG-weiten Ausschluss von Finanzinstituten mit fossilen Finanzierungen sowie Impact-Strategien möglich.
Die für die ESG-Methodik einschließlich Bonuspunkten zu erreichende Mindestprozentzahl wurde von 70% auf 75% angehoben.
Um den Transparenzanforderungen gerecht zu werden, müssen die vorvertraglichen Informationen gemäß SFDR (oder ein anderes Dokument) Details zum Nachhaltigkeitsansatz (wie z.B. Auflistung der Ausschlusskriterien) enthalten. Die bisherige Verpflichtung zur Erfüllung der EUROSIF Transparenzleitlinien wurde hingegen gestrichen.
Die neue Umweltzeichen-Richtlinie stellt teilweise ambitionierte, aber für die meisten Lizenznehmer voraussichtlich machbare Änderungen dar. Neue Produkte müssen ab 1.1.2024 den Kriterien bereits zum Prüfungszeitpunkt entsprechen, wogegen bestehende Umweltzeichen-Träger bis spätestens 31.12.2024 Zeit haben ihre Kriterien und Methoden anzupassen.
Ariane Kober, Auditor, rfu.
Über die rfu:
Die rfu, mit Sitz in Wien, ist Österreichs Spezialistin für Nachhaltiges Investment und Management und unterstützt institutionelle Kunden mit Nachhaltigkeits-Research und der Konzeption von Investmentprodukten. „Technologisches Herz" sind die rfu Nachhaltigkeitsmodelle für Unternehmen, Länder und Rohstoffe.
Weitere Leistungen sind u.a. die Erstellung von Prüfgutachten nach dem Österreichischen Umweltzeichen sowie Second Party Opinions zur Emission von Green und Social Bonds.
Weitere Informationen finden Sie auf www.rfu.at
Über die Artikelserie "GOING GREEN":
GOING GREEN ist eine monatliche Kolumne auf e-fundresearch.com zu Entwicklungen und Hintergründen im nachhaltigen Investment, verfasst von Reinhard Friesenbichler und seinen Kolleginnen und Kollegen aus der rfu.