Der geplante Wiederaufbau-Fonds der Weltbank für die vom Tsunami geschädigten Regionen Südostasiens ist nur ein prominentes Beispiel: Öffentliche Finanzinstitutionen tragen eine besondere Verantwortung bei der Vergabe von Krediten und der Finanzierung von Projekten, die das Allgemeinwohl betreffen. In letzter Zeit rücken die risikoarmen Anleihen dieser Institutionen vermehrt in das Blickfeld von Anlegern, die auf soziale und ökologische Aspekte bei ihren Investments achten. In diese Kategorie fallen Kreditinstitute wie die Weltbank oder auch die deutschen Landesbanken. In einer neuen Studie hat die Bank Sarasin untersucht, inwieweit öffentliche Finanzinstitutionen eine nachhaltige Entwicklung berücksichtigen oder sogar fördern. Fazit: Meist sind die jeweiligen Statuten nachhaltig, bei der Umsetzung hapert es jedoch vielfach. Von 28 Banken überzeugten sechs mit ihrer Nachhaltigkeitsperformance.
Anders als private Banken haben öffentliche Finanzinstitutionen einen gemeinnützigen Leistungsauftrag. Ihr Geschäftszweck soll stets im Interesse der Allgemeinheit liegen. Daher spielen sie eine zentrale Rolle für die Entwicklung von lokaler Infrastruktur, für die Entwicklungshilfe und die Regional- und Exportförderung. Die Schweizer Bank Sarasin & Cie AG, Basel, untersucht in ihrer Studie „Nachhaltigkeit öffentlicher Finanzinstitutionen“, ob öffentliche Finanzinstitutionen ihre Schlüsselposition in diesen Kernbereichen nutzen, um mit gezielten Kredit- und Projektentscheidungen eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Analysiert wurde das nachhaltige Wirtschaften von weltweit 28 Banken, die von der öffentlichen Hand getragen werden. „Für Investoren, die ihr Vermögen sozial- und umweltverträglich anlegen wollen, sind Anleihen von öffentlichen Finanzinstitutionen besonders interessant“, sagt Andreas Knörzer, Leiter Sustainable Investment der Bank Sarasin. „Damit werden Projekte finanziert, die der Allgemeinheit dienen und oft unmittelbar zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen.“
Neue Kriterien für die Nachhaltigkeitsbewertung
Untersucht wurden Institutionen, die nach Volumina, Währungen und Liquidität ihrer Anleihen zu den interessantesten Emittenten gehören. Um den spezifischen Eigenschaften öffentlicher Finanzinstitutionen Rechnung zu tragen, haben die Nachhaltigkeitsexperten der Bank Sarasin neue Kriterien für das Nachhaltigkeitsrating definiert: Einerseits wurden die Umwelt- und Sozialverträglichkeit des Leistungsauftrags der 28 Institutionen untersucht. Andererseits wurden die Institutionen hinsichtlich der Umsetzung ihres Leistungsauftrags untereinander verglichen. Diese Bewertungskriterien entscheiden darüber, ob sich die Anleihen für eine nachhaltige Anlagestrategie eignen.
Ergebnis: Sechs Spitzenreiter unter den öffentlichen Finanzinstitutionen
Da die ökologische und soziale Mitverantwortung der Institutionen bei den durch sie finanzierten Projekten mittlerweile anerkannt ist, lag der Schwerpunkt der Umwelt- und Sozialanalyse auf der Projektfinanzierung. Daneben wurden aber auch Aspekte wie das betriebliche Umweltmanagement und ein aktiver Stakeholderdialog berücksichtigt.
Die Umwelt- und Sozialverträglichkeit ist bei sechs der 28 untersuchten Institutionen vorbildlich. Dazu gehören zum Beispiel die Weltbank und die Bank des Europarats (CEB). Ebenfalls sechs Institutionen wurden nach den Kriterien der Studie als nicht nachhaltig klassifiziert. Das große Mittelfeld dazwischen entspricht bei der Umsetzung des Leistungsauftrags zwar den ökologischen und sozialen Maßstäben der Studie, steht aber deutlich hinter den sechs führenden Institutionen zurück.
Kritik führt zu Umwelt- und Sozialstandards
Auffallend ist, dass die Leistungsaufträge aller untersuchten Institutionen mit einer nachhaltigen Entwicklung vereinbar sind, sich aber nur wenige Institutionen ausdrücklich zur Nachhaltigkeit bekennen. Vorreiter sind hierbei vor allem Institutionen, die Großprojekte finanzieren und in der Entwicklungshilfe tätig sind. Dies ist insbesondere auf die öffentlichkeitswirksame Kritik von Nichtregierungsorganisationen zurückzuführen. So hat beispielsweise die Weltbank detaillierte und umfassende Umwelt- und Sozialkriterien bei der internationalen Projektfinanzierung eingeführt. Da diese von anderen Institutionen und von einer Vielzahl privater Banken angewendet werden, stellen sie mittlerweile einen Branchenstandard dar. Dennoch werden bei weitem nicht alle Mittel ausgeschöpft, um nachhaltige Ziele durchzusetzen. Bei vielen Institutionen scheint die Wirtschaftsförderung oder der Aufbau von Verkehrsinfrastruktur Priorität gegenüber primär ökologischen oder sozialen Projekten zu besitzen.
Erfolgskontrolle und Transparenz verbesserungswürdig
Maßgebliche Defizite wiesen die untersuchten Institutionen bei der Erfolgskontrolle der umgesetzten Projekte auf. Nur wenige Institutionen – unter ihnen die European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) – bewerten ihre Projekte rückblickend. Wenn eine solche Kontrolle überhaupt stattfindet, geschieht dies oft ausschließlich auf der Basis finanzieller Kennzahlen. Eine Bewertung anhand von Umwelt- oder sozialen Kriterien findet dagegen meist nicht statt.
Auch die Transparenz der Institutionen ist noch verbesserungswürdig. Nur die wenigsten stellen umfassende Informationen über grundlegende Strategien oder die finanzierten Vorhaben zur Verfügung. Das Problem ist aber schon von den Privatbanken bekannt: So legt laut einer aktuellen Studie des Berliner Instituts für Wirtschaftsforschung (FÖW) derzeit gerade einmal jede zweite deutsche Bank einen Nachhaltigkeitsbericht vor.
In Deutschland wird Personalabbau zum Problem
Generell bieten öffentliche Finanzinstitutionen ihren Mitarbeitern Arbeitsplätze mit attraktiven Löhnen und Sozialleistungen. In Deutschland wird aber im Zuge der Umstrukturierungen der Landesbanken erstmals der Umgang mit Arbeitsplatzabbau ein Thema. Durch den Wegfall der Staatsgarantien im Juli 2005 wird es zu einem umfangreichen Personalabbau kommen. „Die Landesbanken müssen sozial verträgliche Lösungen jenseits von Einstellungsstopp und vorzeitigem Ruhestand schaffen, um betriebsbedingte Entlassungen zu vermeiden,“ erklärt Klaus Kämpf, Nachhaltigkeitsanalyst der Bank Sarasin und Autor der Studie.
Schließlich gab es auch Kritik am innerbetrieblichen Umweltmanagement: Finanzinstitutionen unterschätzen oft die Auswirkungen der Reisetätigkeiten und des Energieverbrauchs von Gebäuden und Bürogeräten auf die Umwelt. Sie fallen durchaus ins Gewicht, werden aber nur bei den wenigsten Organisationen im Rahmen eines systematischen Umweltmanagements kontrolliert. Zumindest die größeren Institutionen haben in dieser Hinsicht gegenüber privaten Banken Nachholbedarf.
Anleihen von Finanzinstitutionen sind für nachhaltige Anleger attraktiv
„Die mit den Anleihen dieser Institutionen finanzierten Projekte bieten echte Chancen für Fortschritte im sozialen Bereich und die Reduktion von Umweltbelastungen,“ resümiert Andreas Knörzer. So kommt die Bank Sarasin zu dem Schluss, dass trotz der großen Bandbreite im Studienergebnis viele Institutionen die Kriterien für die Aufnahme in nachhaltige Fonds wie den Sarasin OekoSar Portfolio oder den Sarasin Sustainable Bond Euro erfüllen. Gerade bei Investoren, die eine nachhaltige Anlagestrategie verfolgen, werden die risikoarmen Anleihen öffentlicher Finanzinstitutionen deshalb zunehmend beliebter.
Die vollständige Studie "Nachhaltigkeit öffentlicher Finanzinstitutionen" finden Sie als PDF im Infocenter zum Download.