Inner Development Goals: Ein neuer Ansatz für mehr Nachhaltigkeit

Research | 27.09.2024 10:30 Uhr

Der erste Gedanke, den Nachhaltigkeitsverantwortliche vielleicht haben, wenn sie die Abkürzung IDGs hören, könnte in etwa wie folgt lauten. „Bitte nicht noch eine Richtlinie, nicht noch eine regulatorische Anforderung, die wir umsetzen müssen. Wir kommen doch jetzt schon kaum noch nach.“ Und es stimmt. Die regulatorischen Anforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit beispielsweise durch CSRD, CSDDD, SFRD, ESRS oder auch die Taxonomie-Verordnung waren noch nie so hoch wie jetzt.

Nachhaltigkeits-Verständnis und positive Unternehmenskultur durch innere Fähigkeiten

Die IDGs - die Inner Development Goals oder auch die Inneren Entwicklungsziele - gehen von ihrem Ansatz her einen anderen Weg, um mehr nachhaltige Entwicklung im Allgemeinen, aber auch im Unternehmenskontext zu fördern. Sie basieren auf dem Freiwilligkeitsprinzip und versuchen über einen flexiblen Handlungsrahmen innere Fähigkeiten wie zum Beispiel Selbstbewusstsein, kritisches Denken, kommunikative Fähigkeiten, Empathie, Integrität, Achtsamkeit und Wertschätzung bei jedem Einzelnen aufzubauen und zu stärken. Dadurch kann unter anderem ein tieferes Verständnis von Nachhaltigkeit aufgebaut, eine positive Unternehmenskultur gefördert oder auch die Innovationskraft eines Unternehmens gestärkt werden. Schlussendlich können diese Punkte Unternehmen nicht nur bei der Erreichung einer besseren Nachhaltigkeitsleistung unterstützen, sondern auch bei der Umsetzung und Einhaltung der regulatorischen Vorgaben helfen.

IDGs ergänzen das WAS der SDGS um das WIE für eine nachhaltige Zukunft

Aber der Reihe nach. Zuerst ist die Frage zu klären, was die Inner Development Goals überhaupt sind und wie sie sich entwickelt haben. Die IDGs wurden 2020 in Stockholm gegründet und sind eine weltweite, nicht gewinnorientierte Initiative bzw. NGO, die es sich zum Ziel gesetzt hat Menschen und Organisationen dabei zu unterstützen innere Fähigkeiten und Qualitäten (Skills) zu entwickeln, um die 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) der Vereinten Nationen zu erreichen. Die IDGs versuchen also den ins Stocken geratenen Fahrplan für eine bessere und nachhaltigere Zukunft für alle, der über die SDGs definiert ist, doch noch einzuhalten. Es wird somit vereinfacht gesagt zum WAS der SDGs das WIE der IDGs dazu geliefert und die Frage beantwortet wie, also durch welche Fähigkeiten und Qualitäten eine nachhaltigere Zukunft für alle erreicht werden kann. Die IDG-Initiative versucht so eine nachhaltigere globale Gesellschaft zu schaffen und vereint dabei weltweit Menschen, insbesondere aus den Bereichen Wissenschaft und Wirtschaft. Durch den zuvor erwähnten flexiblen Handlungsrahmen können innere Fähigkeiten und Qualitäten durch die IDGs passgenau gefördert werden. Dabei werden unterschiedliche Ressourcen wie Bücher, Artikel, Kurse, Workshops und Ähnliches genutzt. Ansatzpunkt der Initiative bildet dabei die moderne Forschung, die innere Fähigkeiten zur Ergänzung und Beschleunigung externer Ansätze als essenziell ansieht. 

IDG-Framework – Kernstück der IDGs

Das Kernstück der IDGs bildet das IDG-Framework. Dieses hilft Menschen und Organisationen innere Fähigkeiten für eine nachhaltige Entwicklung zu verstehen, zu entwickeln und zu integrieren, um somit einen inneren Fahrplan zum äußeren Wandel bei der Hand zu haben. Nach zahlreichen Gesprächen und Treffen mit Wissenschafter:innen, Führungskräften bzw. Fachleuten und nach Auswertung von mehr als 1.000 Antworten wurden, 23 Schlüsselkompetenzen in fünf Bereichen identifiziert, die als Handlungsrahmen für inneres Wachstum und menschliche Entwicklung dienen.

Die fünf Bereiche des IDG-Frameworks

Das IDG-Framework gliedert sich in fünf zentrale Bereiche oder Dimensionen, die zusammen, 23 Schlüsselkompetenzen und -fähigkeiten umfassen. Der Aufbau des Frameworks, das in einem interdisziplinären Prozess entwickelt wurde, stellt sich wie folgt dar: 

BEING (SEIN) – Beziehung zu sich selbst

  • Innerer Kompass
  • Integrität und Authentizität
  • Offenheit und Lernbereitschaft
  • Selbsterkenntnis
  • Gegenwärtigkeit

THINKING (DENKEN) – Kognitive Fähigkeiten

  • Kritisches Denken
  • Bewusstsein für Komplexität
  • Perspektivische Fähigkeiten
  • Sinnstiftung
  • Langfristige Orientierung und Visionen

RELATING (BEZIEHUNG) – Fürsorge für andere und die Welt

  • Wertschätzung
  • Verbundenheit
  • Bescheidenheit
  • Einfühlungsvermögen und Mitgefühl

COLLABORATING (ZUSAMMENARBEIT) – Soziale Kompetenzen

  • Kommunikative Fähigkeiten
  • Mitgestaltungsmöglichkeiten
  • Integrative Denkweise und interkulturelle Kompetenz
  • Vertrauen
  • Fähigkeit zur Mobilisierung

ACTING (HANDELN) – Um Wandel zu ermöglichen

  • Mut
  • Kreativität
  • Optimismus
  • Beharrlichkeit

Ein Bild, das Text, Screenshot, Karte Menü, Design enthält.

Automatisch generierte BeschreibungGrafik: Innerdevelopmentgoals.org 

Bedeutung und Vorteile der IDGs

Die Bedeutung der IDGs für das Erreichen der globalen Nachhaltigkeitsziele kann als potenziell hoch eingeschätzt werden. Das sieht man insbesondere daran, dass trotz umfassenden Wissens über Klimakrise, Armut und anderer sozialer und ökologischer Probleme und klarer Vorgaben durch die SDGs kaum größere Fortschritte zu erkennen sind. So gesehen braucht es einen innovativen Ansatz wie die IDGs, der hilft zu verstehen, WIE die SDGs erfolgreich umgesetzt und die komplexer werdenden Herausforderungen gelöst werden können.

Durch den innovativen IDG-Ansatz und neuartigen Leitprinzipien wie zum Beispiel „Freude als Motor für Engagement“ oder „Einfachheit als Schlüssel“ können sich für das Unternehmen eine Reihe von Vorteilen ergeben, die einen positiven Einfluss auf die Nachhaltigkeitsleistung haben. So kann durch eine Beschäftigung mit den IDGs eine positive Unternehmenskultur, die kontinuierliche Weiterentwicklung der Mitarbeitenden, die Verbesserung der Führungsebene und die Innovationskraft gefördert werden, um nur einige Beispiele zu nennen.

Die IDGs sollen dabei aber nicht als Konkurrenz zu anderen meist externen Ansätzen wie regulatorische Vorgaben verstanden werden. Ganz im Gegenteil. Im Kern geht es nämlich darum, dass in Zukunft vermehrt Innere und Äußere Ansätze und somit Innere und Äußere Nachhaltigkeit gemeinsam genutzt werden, um gute Fortschritte hin zu einer nachhaltigen Entwicklung zu ermöglichen.

IDGs und rfu research

Die rfu sieht ein großes Potential in den IDGs und versucht diese über ein neu gestartetes Projekt testweise in das Nachhaltigkeits-Research zu integrieren. In diesem Zusammenhang wird über ein neu entwickeltes IDG-Ratingtool versucht, die Innere Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen zu messen, um eine Aussage darüber treffen zu können, in welchem Ausmaß und Umfang die Ideen der IDGs bereits umgesetzt und integriert sind. Neben der Messung der äußeren Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen, die bei der rfu bereits tausendfach erprobt ist, soll mit dem IDG-Ratingtool auch die innere Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen gemessen werden können. Damit könnte für rfu-Kunden (Finanzbereich) eine neue Dimension der Nachhaltigkeit eröffnet werden und Nachhaltigkeitsentscheidungen noch bewusster und informierter getroffen werden. Denn die Frage WIE ein Unternehmen seine Geschäftstätigkeit nachhaltig gestalten kann, hat ja auf das WAS, also die Nachhaltigkeitsleistung als solche, einen großen Einfluss. Bleibt zu hoffen, dass das alle Akteure in Zukunft auch so sehen.

Von Mag. Markus Urban, Senior Analyst, rfu

Über die rfu:

Die rfu, mit Sitz in Wien, ist Österreichs Spezialistin für Nachhaltiges Investment und Management und unterstützt institutionelle Kunden mit Nachhaltigkeits-Research und der Konzeption von Investmentprodukten. „Technologisches Herz" sind die rfu Nachhaltigkeitsmodelle für Unternehmen, Länder und Rohstoffe.

Weitere Leistungen sind u.a. die Erstellung von Prüfgutachten nach dem Österreichischen Umweltzeichen sowie Second Party Opinions zur Emission von Green und Social Bonds.

Weitere Informationen finden Sie auf www.rfu.at

Über die Artikelserie "GOING GREEN":
GOING GREEN ist eine monatliche Kolumne auf e-fundresearch.com zu Entwicklungen und Hintergründen im nachhaltigen Investment, verfasst von Reinhard Friesenbichler und seinen Kolleginnen und Kollegen aus der rfu.

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
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