Ein Jahr UCITS III – eine Erfolgsstory?

Die Hoffnung der Fondsindustrie auf neue, bisher ungeahnte Möglichkeiten war groß. Die neuen Bestimmungen für Veranlagungen sollten u.a. die Tür zu einem grenzüberschreitenden Vertrieb innovativer Produkte öffnen. Hat UCITS III aber bereits nach dem ersten Jahr den Titel einer Erfolgsstory verdient? Research | 09.05.2005 10:30 Uhr
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Nach langen Jahren der Diskussion konnte in der EU eine Einigung zur Änderung der UCITS-Richtlinie (Undertakings for Collective Investment in Trasferable Securities Directive) aus dem Jahr 1985 erzielt werden. Die beiden Änderungsrichtlinien 2001/107/EG und 2001/108/EG (gemeinsam als UCITS III bezeichnet) entstanden im Februar 2002. Sie sollten bis August 2003 in den einzelnen Mitgliedsstaaten in innerstaatliches Recht umgesetzt werden und am 13. Februar 2004 in Kraft treten.

Allerdings war die in Brüssel erzielte Einigung der kleinste gemeinsame Nenner der Vorstellungen der einzelnen Mitgliedsstaaten und hinsichtlich des Wortlautes nur auf den ersten Blick eindeutig. Somit begann die Umsetzung der neuen Vorschriften in innerstaatliches Recht in manchen Mitgliedsstaaten sehr spät und wurde erst vor Kurzem – zumindest bezüglich der Formulierung entsprechender Bestimmungen – vollzogen. Österreich hat als eines der wenigen Länder den Zeitplan eingehalten und somit die formalen Voraussetzungen für neue UCITS III-konforme Produkte geschaffen. In Ermangelung detaillierter Interpretationen von Seiten der EU wurde der Richtlinientext annähernd unverändert in das österreichische Investmentfondsgesetz aufgenommen.

Für weitere Klarheit sollte eine europaweite Arbeitsgruppe in Kooperation mit der EU-Kommission sorgen. Jedoch gestaltete sich dieser Prozess sehr zeitintensiv. Inzwischen haben unterschiedliche Interpretationen in einzelnen EU-Ländern dazu geführt, dass die soeben neu harmonisierten Produkte beinahe nicht mehr vergleichbar sind.


CESR – der Ausweg für eine einheitliche Umsetzung der UCITS III-Richtlinie

Der langwierige Diskussionsprozess in Brüssel war sicherlich ein wesentlicher Grund, weshalb im April 2004 das CESR (Committee of European Securities Regulators), die Vereinigung der Aufsichtsbehörden der einzelnen Mitgliedsstaaten, den Auftrag erhielt, die wesentlichen noch offenen Punkte der Umsetzung zu diskutieren und einer schnelleren Lösung zuzuführen.

Übergangsbestimmungen

Die erste wesentliche Aufgabe des CESR war die praxisrelevante Umsetzung der Übergangsbestimmungen der Richtlinie. Die Richtlinie selbst enthält sehr lange Übergangsbestimmungen für „alte“ UCITS I-konforme Investmentfonds, welche teilweise den Februar 2007 als Frist erhielten, um sich an die neuen Bestimmungen anzupassen. Aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Struktur von Investmentfonds in den einzelnen Mitgliedsstaaten (Sondervermögen versus Kapitalgesellschaft, Einzelfonds versus Umbrella-Fonds etc.) führten diese in der Praxis zu sehr vielen Problemen im Detail.

Einzelne Aufsichtsbehörden behandelten Fondsänderungen ab Februar 2004 sehr liberal, was die Aufsichtsbehörden und natürlich auch die ansässige Fondsbranche in den „Gastländern“ der Fonds irritierte und zu einem ungleichen Wettbewerb führte. In manchen Mitgliedsstaaten ging dieser Konflikt soweit, dass die Aufsichtsbehörden gegen die den europäischen Investmentfondsmarkt prägende Home-Country-Control verstießen und ausländische Produkte entweder vom Vertrieb ausschlossen oder ihnen unverhältnismäßig hohe Auflagen erteilten.

Das CESR hat im Februar 2005 die Beratungen in diesem Bereich abgeschlossen und eine Empfehlung zur einheitlichen Akzeptanz von teilweise stark verkürzten Übergangsbestimmungen veröffentlicht (CESR/04-434b). Für Österreich bedeuten diese Empfehlungen, dass die bisherige – praxisnahe – Vorgangsweise der Finanzmarktaufsicht bestätigt wurde. Weiters kann man seitdem im europäischen Vergleich leicht erkennen, dass viele Mitgliedsstaaten die neue Interpretation vollinhaltlich mittragen.

Wesentliche Übergangsbestimmungen im Einzelnen:

  • Eine noch nicht an UCITS III angepasste Verwaltungsgesellschaft kann bis zum 30. April 2006 UCITS III-konforme Investmentfonds grenzüberschreitend anbieten.
  • Eine bestehende Verwaltungsgesellschaft darf ab dem 13. Februar 2004 keine neuen, nicht-UCITS III-konformen Investmentfonds für den grenzüberschreitenden Vertrieb auflegen.
  • Ein erst nach dem 13. Februar 2002 autorisierter, nicht UCITS III-konformer Investmentfonds darf bis Ende 2005 grenzüberschreitend angeboten werden.
  • Für Umbrella-Fonds wird die Möglichkeit geschaffen, bis Ende 2005 neue, nicht-UCITS III-konforme Teilfonds für den grenzüberschreitenden Vertrieb aufzulegen. Jedoch dürfen gleichzeitig keine UCITS III-konformen Teilfonds angeboten werden.
  • Damit nicht-UCITS III-konforme Investmentfonds weiterhin grenzüberschreitend angeboten werden dürfen, müssen ab Oktober 2005 vereinfachte Prospekte vorgelegt werden.
  • Der Produktpass, so wie es ihn auch bisher schon gab, und der neu geschaffene Europäische Pass für die Verwaltungsgesellschaft sind unabhängig voneinander zu sehen.
  • Eine Verwaltungsgesellschaft kann eigene Investmentfonds im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs anbieten, ohne einen eigenen Europäischen Pass für die Tätigkeit zu benötigen. Der Produktpass ist hierfür völlig ausreichend.
  • Sollte eine Verwaltungsgesellschaft ihre Tätigkeit über eine Zweigstelle im anderen Mitgliedsstaat ausüben wollen, benötigt sie hierfür einen eigenen Europäischen Pass.
  • Selbiger Europäischer Pass ist auch erforderlich, damit die Verwaltungsgesellschaft in einem anderen Mitgliedsstaat Leistungen für die Anleger (Portfolioverwaltung etc.) anbieten darf.
  • Eine Verwaltungsgesellschaft kann keinen Investmentfonds in einem anderen Mitgliedsstaat verwalten. Diese Tätigkeit wird nicht von der UCITS III-Richtlinie erfasst und wird auch vom CESR nicht erwünscht.

Österreichische Kapitalanlagegesellschaften werden kaum praktische Auswirkungen der produktbezogenen Übergangsbestimmungen verspüren, da Österreich ohnehin sehr kurze Umsetzungsfristen festgesetzt hatte. Daher entsprechen alle Investmentfonds, welche UCITS III-Status erreichen wollten, bereits seit spätestens Ende 2004 der Richtlinie.

Neue Möglichkeiten ergeben sich beim grenzüberschreitenden Anbieten von Vertriebsleistungen sowie bei Leistungen für die einzelnen Anleger. Besonders der direkte grenzüberschreitende Investmentfondsvertrieb erscheint eine attraktive – weil kostengünstige – Variante, um ein breiteres Investorenpublikum anzusprechen.

Veranlagungsbestimmungen

Die Veranlagungsbestimmungen für Investmentfonds wurden seit Inkrafttreten der Änderungsrichtlinie zweifelsohne grundlegend reformiert und teilweise auch liberalisiert. Besonders der Einsatz von Derivaten im UCITS III-konformen Investmentfonds ermöglicht gänzlich neue Veranlagungsstrategien und daher eine stark erweiterte Produktpalette.
Analysiert man die entsprechenden Bestimmungen genauer, so ist unschwer zu erkennen, dass bei aller Erleichterung wesentliche Restriktionen weiter bestehen und Veranlagungsinstrumente, welche in den vergangenen zwei bis drei Jahren sehr populär geworden sind (wie z.B. Forderungswertpapiere, deren Wertentwicklung an die Kursentwicklung von Hedge-Fonds geknüpft ist) in Investmentfonds weiterhin keine Verwendung finden dürfen.

Diese und ähnliche Einschränkungen bedeuten für die gesamte Investmentfondsbranche einen immer größeren Wettbewerbsnachteil gegenüber den Anbietern solcher Veranlagungsinstrumente, wie z.B. Structured Notes.

Der Auftrag des CESR umfasst auch eine detaillierte Interpretation der zu-lässigen Veranlagungen in UCITS III-konformen Investmentfonds. Der Diskussionsprozess ist öffentlich und läuft derzeit. Im März 2005 hat das CESR ein auf dem „Call for Evidence“ vom 28. Oktober 2004 gestütztes „Consultation Paper“ veröffentlicht, welches die folgenden Teilbereiche umfasst:

  • Wie definieren sich „transferable securities“?
  • Muss bei „structured financial instruments“ auf das darunter liegende Wertpapier durchgesehen werden?
  • Wie werden geschlossene Fonds qualifiziert?
  • Welche Eigenschaften muss ein Geldmarktinstrument im Hinblick auf vergleichbare Aufsicht, Anlegerschutz, Bonität des Emittenten etc. erfüllen?
  • Wie werden „credit derivatives“ behandelt?
  • Wie definiert sich die effiziente Verwaltung des Portfolios im Hinblick auf den Einsatz von Derivaten?
  • Welche Sonderbestimmungen sind für Indextracker-Fonds anzuwenden?

Das CESR hält zu diesen Punkten ein offenes Hearing am 9. Mai 2005 in Paris ab. Unabhängig von einer Teilnahme an diesem Hearing wurden nicht nur die Aufsichtsbehörden sondern auch alle Betroffenen, d.h. die Interessensvertretungen der Investmentfondsindustrie, die einzelnen Verwaltungsgesellschaften sowie deren Berater, dazu eingeladen, bis zum  10. Juni 2005 schriftliche Stellungnahmen beim CESR abzugeben. Von dieser Möglichkeit machen, wie die Erfahrung zeigt, insbesondere die Interessensvertretungen der großen Investmentfondsnationen, die bedeutendsten Investmentfondsanbieter Europas sowie deren Berater Gebrauch.

Österreichischen Kapitalanlagegesellschaften bietet sich dadurch die große Chance, direkt auf die Entscheidungsfindung Einfluss zu nehmen und nicht nur über die Finanzmarktaufsicht ihre Wünsche zu deponieren. Diese Möglichkeit zu nützen und am Hearing wie auch an der schriftlichen Kommentierung teilzunehmen, kann nicht nur einen erweiterten Gestaltungsspielraum für die Zukunft bewirken, sondern auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Mitbewerb darstellen. Daher steht an dieser Stelle die Empfehlung, sich in diesen Prozess einzuschalten. Kommentare können direkt auf der Website des CESR unter „Consultations“ abgegeben werden.

Resümee

Angesichts der zahlreichen Umsetzungsschwierigkeiten fällt es nicht leicht, zu entscheiden, ob UCITS III bereits nach ihrem ersten Jahr den Titel Erfolgsstory verdienen. Das Potential dazu hätte die Neuregelung trotz aller Unzulänglichkeiten allemal. Für die volle Ausschöpfung der neuen Möglichkeiten und Mitgestaltung der Interpretationen im eigenen Sinn, durch Anbieter wie auch Investoren, ist wie so oft die exakte Kenntnis der im Detail verborgenen Tücken entscheidend. Da die Detailarbeit außerhalb der EU-Kommission erledigt wird und der Einzelne hier eine ungewohnt breite Möglichkeit zur Einflussnahme hat, hängt es vor allem von der Mitarbeit der Marktteilnehmer ab, ob die Interpretation des CESR für die Praxis geeignet sein wird.


Quelle:
Mag. Gerald Schwab, Steuerberater und Manager, ist seit 1995 im Bereich Tax and Legal Services bei PwC tätig. Er ist der österreichische Vertreter in der PwC UCITS III-Arbeitsgruppe und Mitglied des Arbeitskreises Investmentfonds des Instituts der Wirtschaftsprüfer.










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