Kostenfalle Outsourcing

Die Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten eines Unternehmens auf Subunternehmer (Outsourcing) ist eine übliche betriebswirtschaftliche Praxis, die auch von Kapitalanlagegesellschaften verfolgt wird. Christoph Wagner, PwC Austria, warnt davor, dass Outsourcing schnell zur Umsatzsteuer-Kostenfalle werden kann. Research | 08.12.2005 06:46 Uhr
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Durch Outsourcing versuchen Unternehmen sich auf ihre Kernaktivitäten zu konzentrieren. Dabei werden die Ziele Kostenreduktion und Verbesserung der Marktposition verfolgt.

Banken, Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften stehen in diesem Zusammenhang einer besonderen Problematik gegenüber, da sie zu einem großen Teil nicht berechtigt sind, die Umsatzsteuer auf zugekaufte Leistungen abzuziehen. Wenn solche Unternehmen Tätigkeiten auslagern, wird die Umsatzsteuer beim Zukauf der ausgelagerten Leistungen ohne weitere Gestaltungsmaßnahmen zum Kostenfaktor. Besonders bei grenzüberschreitenden Leistungen sowie bei Auslandsaktivitäten drohen böse Überraschungen. Doch gerade das multiterritoriale Outsourcing in europäische oder regionale Shared Services Center ist besonders attraktiv.

Auch der Europäische Mehrwertsteuergesetzgeber ist sich bewusst geworden, dass die europäischen Banken, Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften aufgrund der Umsatzsteuer einen Wettbewerbsnachteil gegenüber nicht europäischen Unternehmen dieser Branche haben. Die Europäische Kommission hat daher vor Kurzem eine Studie ausgeschrieben, durch die ein besseres Verständnis der wirtschaftlichen Auswirkungen der Umsatzsteuerbefreiung für Finanzdienstleistungen und Versicherungsleistungen erlangt werden soll.
 
Stolperstein Umsatzsteuer

Die Neutralität der Umsatzsteuer geht dann verloren, wenn das leistungsempfangende Unternehmen unecht steuerbefreite Leistungen erbringt. Dies ist bei Banken, Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften in der Regel der Fall. Wenn die ausgelagerten Leistungen mit Umsatzsteuer belastet sind, werden die positiven Effekte von Outsourcing bei den betroffenen Unternehmen dadurch wesentlich geschmälert.

EuGH Entscheidungen – Umsatzsteuer wurde zum Kostenfaktor

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich bereits wiederholt mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von Leistungen beschäftigt, die im Rahmen von Outsourcing an unecht steuerbefreite Unternehmen erbracht werden. In der Folge werden beispielhaft zwei EuGH-Entscheidungen dargestellt, bei denen Outsourcing zu einer massiven Umsatzsteuerbelastung geführt hat.

Die Entscheidung SDC

Die Leistungen von SDC, einem EDV-Rechenzentrum, umfassen die elektronische Durchführung von Zahlungsvorgängen, den Wertpapierhandel, die Zurverfügungstellung von Informationen und die elektronische Verwaltung von Depots. Die Leistungen entsprechen denjenigen, die (Groß)Banken in ihren eigenen Rechenzentren ausführen.

Der EuGH kam zum Schluss, dass die Leistung von SDC steuerpflichtig ist: bloße Hilfstätigkeiten von dritten Unternehmen an Banken, wie die technische Unterstützung im Zusammenhang mit einem Bankumsatz, sind nicht steuerbefreit. Damit die Leistungen von SDC unter die Steuerbefreiung fallen und damit für die Sparkassen nicht zum Kostenfaktor werden, müssten diese die spezifischen und wesentlichen Funktionen der befreiten Leistung (der Sparkasse) erfüllen.

Die Entscheidung CSC

CSC bietet Call Center-Dienstleistungen an und übernimmt für Finanzdienstleister alle Außenkontakte, die für den Handel von bestimmten Finanzprodukten notwendig sind (siehe Abb.).
Der EuGH kam zum Schluss, dass die Leistungen von CSC keine steuerbefreiten Wertpapierumsätze sind, da sie im Vorfeld der Wertpapierumsätze ausgeführt werden und CSC auch keine Rechtsänderung bewirkt. Eine Steuerbefreiung stehe nur dann zu, wenn der Dienstleister Verantwortung für einen wesentlichen Teil des Gesamtprozesses übernehme.

Fazit zu den beiden Entscheidungen

Leistungen, die im Rahmen von Outsourcing von Dritten an Banken, Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften erbracht werden, sind nur dann steuerfrei, wenn sie einen wesentlichen Teil der für die steuerfreie Tätigkeit der Bank, Versicherung oder Kapitalanlagegesellschaft charakteristischen Leistungen bewirken. Hilfsdienste, wie Rechenleistungen und EDV-Dienstleistungen, Tätigkeiten eines Call Centers sowie reine Back Office-Tätigkeiten und ähnliche Leistungen, fallen daher nicht unter die Steuerbefreiung. In der Praxis ist insbesondere der „Graubereich“ problematisch, zumal die Einordnung einer bestimmten Leistung (steuerfrei/steuerpflichtig) in den verschiedenen Mitgliedstaaten sehr oft unterschiedlich ist.

Möglichkeiten für eine umsatzsteuerliche Optimierung

Um die Umsatzsteuerbelastung des leistungsempfangenden Unternehmens zu vermeiden, gibt es grundsätzlich folgende Möglichkeiten:

  • Umsatzsteuerliche Organschaft
  • Bank-, Versicherungs- und Pensionskassenzusammenschlüsse („Zusammenschlussbefreiung“)
  • Zwischenbank-, Zwischenversicherungs- und Zwischenpensionskassenumsätze („Zwischenbankbefreiung“)
  • Strukturierung der ausgelagerten Leistung, sodass diese – wie die Leistung des Leistungsempfängers – steuerfrei behandelt werden kann

In Österreich werden die Organschaftsregelung, die Zusammenschluss- und Zwischenbankbefreiung häufig angewandt, wobei einige Fallstricke zu beachten sind. Zusätzlich gilt es zu bedenken, dass Gestaltungen, die geeignet sind, die Umsatzsteuerbelastung in Österreich zu vermeiden, oftmals bei grenzüberschreitenden Leistungen nicht zum gleichen Ergebnis führen.

Umsatzsteuerliche Organschaft

Leistungen innerhalb einer Organschaft unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Sind daher beispielsweise eine Rechenzentrum-GmbH und eine Sparkasse organschaftlich verbunden, unterliegen die Leistungen der Rechenzentrum-GmbH an die Sparkasse nicht der Umsatzsteuer. Eine umsatzsteuerliche Organschaft liegt allerdings nur dann vor, wenn eine finanzielle Eingliederung erfolgt, die ihrerseits wiederum (zumindest) eine Mehrheitsbeteiligung der Bank, Versicherung oder Kapitalanlagegesellschaft am Dienstleister erfordert. Diese Wirkung erstreckt sich jedoch nach österreichischer Sichtweise nur auf die im Inland gelegenen Unternehmensteile (keine grenzüberschreitende Organschaft).

Zusammenschlussbefreiung

Eine weitere Möglichkeit, die Umsatzsteuerbelastung zu vermeiden, ist der Zusammenschluss von Unternehmen, die überwiegend steuerfreie Bank-, Versicherungs- oder Pensionskassenumsätze im Inland tätigen. Dabei muss es sich bei den sich zusammenschließenden Unternehmen nicht unbedingt um Banken, Versicherungen oder Pensionskassen handeln. Die Beteiligung einer ausländischen Gesellschaft am Zusammenschluss ist nach Auslegung der österreichischen Finanzverwaltung allerdings schädlich.

Der Zusammenschluss erfolgt üblicherweise durch Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft (z.B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Kapitalgesellschaft etc.), an der die Zusammenschlussunternehmen gemeinsam beteiligt sind. Damit die Begünstigung nicht verloren geht, darf der Zusammenschluss allerdings von den Mitgliedern lediglich den (anteiligen) Kostenersatz fordern. Zudem dürfen keine ausländischen Gesellschaften beteiligt sein.

Zwischenbankbefreiung

Leistungen zwischen Unternehmern können ebenfalls steuerfrei belassen werden, wenn sie überwiegend steuerfreie Bank-, Versicherungs- oder Pensionskassenumsätze (auch untereinander „Finanzkonglomerat“) tätigen. Diese Leistungen müssen unmittelbar den steuerfreien Leistungen der Unternehmer dienen. Die Befreiung greift nur zwischen Unternehmen, die ihren Sitz in Österreich haben.

Die Kostenerstattung ist – anders als bei der Zusammenschlussbefreiung – nicht auf den aliquoten Ersatz der tatsächlich entstandenen Kosten beschränkt. Somit ist beispielsweise die Spezialisierung einer Bank auf Rechenzentrumleistungen möglich, welche auch in eine gesonderte Zweigniederlassung verlagert werden können. Die Zweigniederlassung kann diese Leistungen auch an andere inländische Banken steuerfrei erbringen. Eine Auslagerung in einen gesonderten Rechtsträger ist allerdings nur dann zielführend, wenn dieser überwiegend steuerfreie Finanzdienstleistungen erbringt.

Umsatzsteuerliche Strukturierung von Leistungen

Dabei handelt es sich um die Möglichkeit, die Struktur der bezogenen Leistungen unter Berücksichtigung der EuGH-Entscheidungen derart zu gestalten, dass diese steuerfrei sind. In diesem Fall wird die Umsatzsteuer nicht zum Kostenfaktor. Da die Einzelfallentscheidungen des EuGH jedoch im Detail stark variieren, kann keine allgemein gültige Aussage zur Steuerfreiheit einer ausgelagerten Leistung getroffen werden. Die Strukturierung von Leistungen bzw. die Beurteilung, ob eine Leistung im Rahmen von Outsourcing steuerfrei belassen werden kann, muss daher immer im Einzelfall unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in den einzelnen Staaten erfolgen.

Zusammenfassung

Innerhalb Österreichs lässt sich Outsourcing ohne Umsatzsteuerbelastung mittels einer Organschaft oder durch die Zusammenschluss- bzw. Zwischenbankbefreiung erreichen. Nicht übersehen werden darf allerdings, dass insbesondere bei Umstrukturierungen auch Auswirkungen auf umsatzsteuerliche Gestaltungen bedacht werden müssen. Denn durch die neue Struktur können bestehende Vorteile wie beispielsweise eine umsatzsteuerliche Organschaft ihre Wirksamkeit verlieren.

Im Ausland werden gleiche umsatzsteuerliche Gestaltungen in der Regel unterschiedlich interpretiert. Eine Lösung, die bei einer österreichischen Gesellschaft erfolgreich angewandt wird, kann daher nicht ungeprüft auf eine Tochter oder Niederlassung im Ausland übertragen werden. Im schlimmsten Fall führt dies zur Umsatzsteuerbelastung im Ausland ohne Vorsteuerabzug im Inland.

Durch das hohe Tempo im Finanzdienstleistungsbereich besteht bei den veralteten umsatzsteuerlichen Regeln umfangreicher Harmonisierungsbedarf. Die Europäische Kommission und der EuGH sind deshalb im Bereich der Umsatzsteuer, und dort besonders in der Finanzdienstleistungsbranche, sehr aktiv. Im Rahmen des PwC Financial Services Netzwerks werden diese Entwicklungen beobachtet und in regelmäßigen Abständen von PwC-Spezialisten aus verschiedenen Ländern besprochen. Durch diesen internationalen Austausch erlangen wir umfassende Kenntnis der Chancen und Risken, die sich aus diesen Entwicklungen ergeben, und können unsere Klienten somit zeitnah informieren und ihnen zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil verhelfen.


Autor des Artikels: Mag. Christoph Wagner
Ausgabe 15, PwC Financial Services Newsletter
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