Clay Hoes, verantwortlicher Portfoliomanager für den AMEX Global Energy Equities Fonds von American Express, investiert mit seinem Fonds in Unternehmen des Energiesektors. Ölfelddienstleister, Ölgesellschaften und Erdgastitel bilden dabei die wichtigsten Anteile des Investmentuniversums. Seine Investmententscheidungen trifft Hoes unter Beachtung von aktuellen geopolitischen, saisonalen und konjunkturellen Entwicklungen.
Mit seinem Fonds liegt Hoes gemessen an der 3-Jahres-Performance aktuell auf Position 11 von 39 Portfolios in der Lipper-Kategorie "Equity Sector Natural Resources". Während der MSCI World/Energy Index seit Auflage des Fonds im April 2002 8,3 Prozent pro Jahr erzielen konnte, kam der AMEX Fonds auf 9,1 Prozent.
Aktuelle Faktoren in der Ölpreisentwicklung
Aktuell lassen die, so Hoes, noch nicht gelösten Atomdiskussionen in Korea und Iran, sowie die teilweise nach wie vor fehlende Infrastruktur zur Erweiterung der Förderkapazitäten im Irak, als auch die Streiks in Nigeria den Ölpreis stabil nahe seiner Allzeithöchststände verharren.
"Politische Prämie bleibt"
Selbst während der Marktkorrektur welche im 2. Quartal an den Aktien-, Renten-, und Rohstoffmärkte gleichermaßen festzustellen war, konnte der Ölpreis unter anderem aufgrund seiner „politischen Prämie“ das hohe Niveau beibehalten. Diese Prämie sollte auch weiterhin ein fixer Bestandteil des Marktes sein, beschreibt der Experte als eine der zentralen Punkte in dieser Anlage-Kategorie.
Zu bestimmten Jahreszeiten kann auch die Angst der Analysten vor Naturkatastrophen - Wirbelstürme, Hitzewellen mit verstärktem Klimaanlageneinsatz etc. - zu einer weiteren „Prämie“ auf den von Analysten als „ökonomisch angemessen“ erachteten Ölpreis führen.
Konjunkturell bestimmen vor allem die Nachfragenentwicklungen der aufstrebenden Industrienationen wie Indien oder China die Entwicklung der Energiepreise. Eine sich bildende Mittelschicht in diesen Staaten macht ein „Wegbrechen“ der Nachfrage aus diesen Regionen auch zukünftig unwahrscheinlich: Immerhin beträgt der tägliche Pro-Kopf-Verbrauch an Rohöl in den USA ca. 11 Liter, während in China lediglich 0,8 Liter, bzw. in Indien sogar nur 0,4 Liter verbraucht werden. Dazu kommt die chinesische Energieineffiziens in der Rohstoff-Verwendung. Derzeit verbraucht China die dreifache Menge an Energie-Rohstoffen zur Produktion eines US-Dollars des Bruttoinlandsproduktes im Vergleich zum Weltdurchschnitt; die siebenfache als zum Beispiel im Vergleich zu Japan. Eine Veränderung dieser Trends in der Erdöl-Preis Entwicklung ist kaum absehbar.
Wann wird das Ende des Erdöl-Zeitalters eingeläutet?
Auch andere führende Investmenthäuser beschäftigen sich aktuell intensiv mit dieser Thematik und kommen zu ähnlichen Schlüssen. Angesichts der mit dem Umstieg auf alternative Brennstoffquellen wie beispielsweise Erdgas verbundenen hohen Infrastruktur- und Investitionskosten geht zum Beispiel die Schweizer UBS für die nähere Zukunft von einem weiterhin hohen Ölverbrauch aus. Die Produktionskapazitäten dürften aufgrund der geopolitischen Instabilität in den Erdöl produzierenden Regionen weiterhin der Nachfrage hinterherhinken, so auch die UBS-Experten.
Langfristig geht UBS davon aus, dass die Spitze der Rohölproduktion in der zweiten Hälfte der 20er Jahre dieses Jahrhunderts erreicht sein wird. Spekulationen über einen kommenden Öl-Schock, falls die Ölquellen Saudi-Arabiens früher versiegen als von der Weltwirtschaft erwartet, unterstützen diese Annahmen. Erste Anzeichen dafür seien bereits gegeben, so beispielsweise Matthew R. Simmons in seinem vieldiskutierten Buch "Twilight in the desert".
Vor diesem Hintergrund werden eine Reihe von alternativen Energiequellen im Vergleich zum Erdöl diskutiert. Fondsmanager versuchen in diesem Zusammenhang kommende Investmentstories zu identifizieren und führzeitig Investmentmöglichkeiten wahrzunehmen.
Erdgas als bestimmendes Investmentthema der Anlage-Kategorie
So gilt vor allem die Verbrennung von Erdgas als wirtschaftlich und umweltschonend und damit als Mega-Thema in der Zukunft der Energiebranche. Die universelle Einsetzbarkeit als Heizmittel, zur Erzeugung elektrischen Stroms und in der petrochemischen Industrie und die starke Nachfrageseite auch aus den sich entwickelnden Ländern bestärken diese Überlegungen. Der durchschnittliche US-Tagesverbrauch liegt bei mehr als 200 Kubikfuß Erdgas pro Kopf, wohingegen in China und Indien derzeit lediglich 3 Kubikfuß an Erdgas pro Kopf verbraucht werden, so die Experten von American Express. Somit könnte der Erdgasbereich ein Nachholpotenzial aufweisen.
2030: Erdgas überholt Erdöl
Auch in einer aktuelle Rohstoff-Studie von UBS kommt man zu dem Schluss, dass die voraussichtliche Wachstumsverlangsamung beim Ölangebot und das Potenzial einer erheblich schnelleren Ausweitung der Erdgasversorgung darauf hindeuten, dass die Ölförderung etwa ab 2030, wenn nicht gar früher, von der Erdgasproduktion überrundet wird.
Zudem dürften sich, so die Studie weiter, im Laufe der Zeit weitere Alternativen zum Rohöl eröffnen, die jedoch umfassende Maßnahmen in Bezug auf technologische Innovation und Infrastrukturerschließung erforderlich machen sowie die Bereitschaft der Regierungen zum Verzicht auf wettbewerbsverzerrende staatliche Energiesubventionen voraussetzen.
Kanada als Öl(sand)lieferant
Unter anderem wird das Segment der kanadischen Ölsandprojekte genannt. Dabei wird dem ölhaltigen Sand heißes Wasser zugeführt, der entstehende Schlamm wird zu einer Extraktionsanlage gepumpt, wo er gerührt, und das flüssige Bitumen oben abgeschöpft wird. Da Bitumen viel dickflüssiger ist als normales Rohöl, muss es entweder mit Petroleum gemischt oder chemisch gespalten werden, bevor es sich durch eine Pipeline transportieren lässt. Im Jahr 2002 führte die Einbeziehung des Ölsandes in die Berechnung der wirtschaftlich förderbaren Ressourcen zu einem sprunghaften Anstieg der weltweiten Erdölreserven um 17,8% bzw. 25 Milliarden Tonnen. Allerdings ist die Gewinnung aus Ölsand nicht äquivalent zur Förderung von konventionellem Erdöl und der Zuwachs daher kritisch zu betrachten.
Clay Hoes von American Express umschreibt die aktuellen Investmentüberlegungen wie folgt: Auch wenn die Wirtschaftlichkeit und Profitabilität durch die hohen Erschließungs- und Extrahierungskosten bei vielen Projekten noch nicht zufrieden stellend ist, so unterstützen der technologische Fortschritt , sowie die aktuellen Entwicklungen in politisch labilen Ölförderländern, in denen zunehmend zusätzliche Gebühren und Steuern erhoben werden und Ölvorkommen sogar teilweise „repatriiert“ bzw. verstaatlicht werden, die Bereitschaft der Ölgesellschaften in rechtlich gesicherten Regionen, wie bspw. Kanada zu investieren.
Auch David Whitten, der zusammen mit Dr. Chris Baker und Dr. Joanne Warner den First State Global Resources Fund aus Sydney heraus verwaltet, investiert mit seinem Fonds in eine Reihe von kanadischen Ölsandförderer. "Neue Technologien, Kanadas geographische Position, das geringe politische Risiko, die Nähe zu den USA und klare Informationen über die Margen-Stärke der einzelnen Unternehmen", sieht er als ähnliche Gründe für ein Engagement in diesem Bereich an.
Nachholbedarf bei Kohle
Schließlich scheinen sich auch interessante Möglichkeiten im Kohlesektor zu ergeben, da dieser Bereich unverhältnismäßig stark korrigiert hat. "Weiterhin hängen 80 Prozent der Energienachfrage in Indien von Kohle ab. Und in China ist der Kohlpreis in den vergangen drei Jahren zwar um 29 Prozent gestiegen, dies liegt jedoch weit unter der 79-prozentigen Steigerung im Rest der Welt", umschreibt John Trudgian, Managing Partner bei Williams Inference Center - einem privaten Think-Tank der u.a. Fondsgesellschaften wie Fidelity oder Morgan Stanley über die globalen Trends informiert, aktuelle Rahmenbedingungen die ein Ende des Boom im Bereich der Kohleenergie Gewinnung nicht absehen lassen.
Fazit
Wer die mit Aktien verbundene Volatilität in einem auch von politischen Entwicklungen beeinflussten Investment-Bereich in Kauf nehmen kann, findet mit dem Anlagethema "Energie" eine interessante Möglichkeit zur Portfolio Diversifizierung. Erfolgreichen Fondsmanagern sollte es durch die rechtzeitige Identifizierung von kommenden Energie-Quellen und Investment-Chancen möglich sein einen Mehrwertertrag für den Anleger zu erwirtschaften.