Basis für das EU-Weißbuch (KOM(2006) 686) vom 15.11.2006 war unter anderem das Grünbuch „Ausbau des europäischen Rahmens für Investmentfonds (KOM(2005) 314) vom 12.7.2005 samt den dazu in der Folge ergangenen Stellungnahmen und Berichten.
Wenngleich sich das Grünbuch schwerpunktmäßig mit harmonisierten Investmentfonds (OGAW) auseinandersetze, so kam man doch auch zum Schluss, dass sich eine alternative Investmentbranche etabliert hat, zu denen (die spekulativ ausgerichteten) "Hedge"-Fonds und die (mit außerbörslichem Beteiligungskapital wirtschaftenden) "Private Equity"-Fonds gehören; weiters, dass sich diese Branche in einem Entwicklungsprozess befindet und dass die Forderung nach einem durchdachten europäischen Ansatz in diesem Sektor wachse, sofern die europäischen privaten Anleger verstärkt mit alternativen Anlagen konfrontiert werden. Auch wurde die Frage aufgeworfen, inwiefern eine gemeinsame Regelung für „private placement“ dazu beitragen könnte, die Hindernisse für das grenzübergreifende Angebot alternativer Anlagen an qualifizierte Anleger zu überwinden?
Binnenmarktlösungen für nicht-harmonisierte Privatkunden Fonds?
Zum „durchdachten europäischen Ansatz“ – eigentlich in Anlehnung an die Frage: verursachen Probleme der regulatorischen Fragmentierung Marktzugangsprobleme, die einen gemeinsamen EU-Ansatz erforderlich machen – kam das Weißbuch zu keiner klaren Aussage; stattdessen wurde die Frage anders aufgeworfen, ob denn für einige wenige nicht OGAW-kompatible Fonds ein formeller Rahmen geschaffen werden sollte, innerhalb dessen der grenzüberschreitende Vertrieb an Privatkunden erfolgen kann. Die Beantwortung könne jedoch erst zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem man sich über unterschiedliche Komponenten, wie dem produktspezifischen Zusammenspiel zwischen Risiko, Wertentwicklung und Aufklärungsbedarf, der Frage nach dem materiellen Vorteil eines „EU-Pass“-Mechanismus insbesondere nach Abzug der dafür aufzubringenden regulatorischen Kosten und der Überlegung, wie ein solcher Rahmen am wirksamsten bewerkstelligt werden könnte, ein besseres Bild gemacht habe. Aufbauend auf Konsultationen mit den Marktteilnehmern und Sachverständigen will die Kommission zu diesem Komplex im Jahr 2008 eine empirisch gestützte Entscheidung treffen können.
Vertrieb und Verkauf von Produkten an „qualifizierte Anleger"
An diese Materie wurde nach einem Hinweis auf die bevorstehenden Anforderungen der MIFID so herangegangen, dass festgestellt wurde, dass seitens der nationalen Regulierungsbehörden keinerlei zwingende Anlegerschutzgründe bestünden, um sich in Finanzgeschäfte einzumischen, die professionelle Anleger betreffen; deshalb würden Arbeiten zur Liberalisierung grenzübergreifender Geschäfte in Bezug auf Nicht-OGAW-Fonds in Angriff genommen; solche Geschäfte dürften sich jedoch nur innerhalb der Grenzen eines gemeinsamen Systems von „Privatplatzierungen“ bewegen. MIFID und Prospektrichtlinie hätten die Grundpfeiler eines solchen Systems geschaffen, nun müsste jedoch die Feinarbeit erfolgen. Die Kommission will für Herbst 2007 über die Schritte Bericht erstatten, die unternommen werden müssen, um eine voll funktionierende gemeinsame Regelung für Privatplatzierungen, die es den Finanzinstituten gestatten würde, qualifizierten Anlegern europaweit Anlagemöglichkeiten anzubieten, zu schaffen.
Ausblick
Modernisierung und Ausbau des EU-Rechtsrahmens bedürfen einer ständigen Beobachtung und sind mit komplexen Fragen verbunden. Die Kommission gab im Weißbuch zum Ausdruck, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zu nichtharmonisierten Investmentfonds einer eingehenden Prüfung unterzogen werden sollen, deren Ergebnisse Ende 2007, Anfang 2008 erwartet werden können.
Weitere Informationen zum Weißbuch finden Sie bitte HIER.
Zum Autor
Rolf Majcen ist Legal & Compliance Officer bei FTC in Wien.
www.ftc.at
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