David Walker, Chefcontroller der US-Staatsfinanzen, hat im Januar 2007 eine Anhörung mit brisantem Inhalt vor dem Budgetausschuss des Repräsentantenhauses abgehalten. „Aktuell bewegt sich ein demographischer Tsunami auf uns zu“, warnte Walker in Washington Entscheidungsträger und Journalisten vor den Folgen der demographischen Entwicklung im Zusammenhang mit den Staatsfinanzen, berichtet unter anderem die Zeitung USA Today diese Wochen in den Vereinigten Staaten. Auch außerhalb des US-Staatsgebietes wurden Investoren aufgrund der Ausführungen Walkers hellhörig, da die Auswirkungen der Verschuldung Niederschlag an den US-Finanzmärkten und damit auch an anderen Weltmärkten, finden werden.
Drastische Situation, die sich zuspitzen wird
Walker zeichnet dabei ein drastisches Bild der Überschuldung und warnt vor allem vor zukünftigen Belastungen und dem langfristigen Ausblick der Bevölkerungs-Entwicklung. Er untermauert seine Aussagen mit einer Reihe von Fakten, die einen bedrückenden Eindruck von der derzeitigen Lage der US-Staatsfinanzen geben. So ist die Verschuldung der USA (einschließlich der zugesagten Verbindlichkeiten aus dem Sozialversicherungssystem) in den letzten sechs Jahren in einem astronomischen Ausmaß gestiegen. Im Jahr 2000 lag die Schuldenquote bei rund 200 Prozent des BIP, oder rund 20 Billionen Dollar; 2006 ist die Verschuldung auf über 400 Prozent des BIP oder ca. 50 Billionen Dollar angestiegen.
„Eine Billion, das sind 1.000 Milliarden – eine Zahl, die sich unserem Vorstellungsvermögen entzieht. Die enorme Ausweitung der US-Verschuldung liegt vor allem daran, dass die US-Politik 2003 das so genannte Medicare-System ganz erheblich ausgebaut hat“, informiert Christian Fegg, Leiter Asset Management Informationsservice der Schoellerbank AG, über eine der Ursachen des Missstandes. Medicare ist die öffentliche Krankenversicherung der USA für ältere und/oder behinderte US-Bürger und ist zum Teil steuer- und zum Teil beitragsfinanziert. Präsident Bill Clinton versuchte 1993, Medicare im Rahmen eines ehrgeizigen Programms zu reformieren, scheiterte aber.
Schon jetzt lässt sich, auf Grund der Auswertung von Sterbetafeln und kommenden Renten und Gesundheits-Ansprüchen, sagen, dass sich die Probleme in Zukunft eher verdichten, als lösen werden. Ein Großteil der Baby Boomer Generation wird die Altersgrenze von 62 Jahren 2008 überschreiten und im Rahmen des „Social Security“-Gesetzes in Rente gehen können. Zudem kommen die ersten Baby Boomer bereits in vier Jahren 2011 in den kompletten Medicare-Genuss und gehen damit auch als Leistungs- und Einzahlungsträger verloren. Die Gesamtanzahl der Personen, die in den Genuss von „Social Security“-Leistungen kommen, wird bis ins Jahr 2020 von derzeit 49 Million auf 69 Millionen steigen, argumentieren die Experten die Relevanz ihrer drastischen Warnung. Zudem wird man die voraussichtlich steigende Lebenserwartung stark in den Budgets spüren.
USA: Budget außer Kontrolle geraten
In diesem Zusammenhang wird sich die Staatsverschuldung laut der Behörde GAO (US Government Accountability Office) bis 2035 erheblich erhöhen. Jährlich wird das gesamte Budgetdefizit bis 2035 in einer Projektion auf rund 20 Prozent des BIP ansteigen, beschreibt der Schoellerbank-Experte Fegg die Situation weiter und sieht ein „außer Kontrolle geratenes Budget“ der USA.
Was bedeutet das für den Anleger?
Anleger, die um diese Faktenlage wissen und sich nicht auf eine politische Lösung des Problems verlassen wollen, beginnen bereits jetzt sich nach Anlageklassen, die von einer eventuellen Unsicherheit an den US-amerikanischen Finanzmärkten weniger beeinflusst werden, umzusehen.
Lazard Asset Management hat für den US-Markt eine Reihe von Assetklassen auf Ihre durchschnittlichen Quartalserträge hin untersucht. Dabei konnte in Phasen von Marktturbulenzen und einer inflationärer Umgebung für die Anlagekategorie der Rohstoffe über weite Strecken eine geringe oder negative Korrelation zu klassischen Aktien- oder Rentenmärkten festgestellt werden. In Phasen massiver Marktturbulenzen wurde diese sogar noch negativer. Laut Lazard bieten sich derartige Anlageinstrumente somit zur Reduzierung des Verlustrisikos des Gesamtportfolios – insbesondere dann wenn sich die anderen Assetklassen am schlechtesten entwickeln oder schwierige Marktphasen drohen – an.
Yale setzt auf Real Assets
Auch andere – wissenschaftlich getrieben Investoren – scheinen in Real Assets, also Rohstoffen oder Immobilien, im derzeitigen Umfeld und mit Blick auf kommenden Szenarien, eine interessante Anlagealternative zu sehen. So hat der Stiftungsfonds der US-Universität Yale mittlerweile rund 25 Prozent des zu verwaltenden Vermögens in derartige Real Asstes investiert. Diese umfassen neben den genannten Immobilien und Rohstoffen auch z.B. Wälder zur Bauholzproduktion, weis Dirk Steffen, AI-Strategist im Bereich Priate Asset Management bei der Deutschen Bank zu berichten. Damit hat man in Yale eine klare Asset-Allokation-Verschiebung vorgenommen, da man auch hier in den 80er Jahren, wie viele Institutionen heute noch, auf inländische Anlagen aus dem Renten und Aktienbereich fokussiert war. Der Erfolg gibt den Anlageexperten des Wissenschafts-Hochburg jedoch recht die Entwicklungen an den Finanzmärkten richtig eingeschätzt zu haben, da die aktuellen Renditen deutlich über der realen langfristigen Zielrendite von 6,2 Prozent liegt.
Fazit
Für den Anleger gilt es in diesem Zusammenhang einerseits auf wachsende Pensionsproblematiken im eigenen Vorsorge-System zu achten und rechtzeitig mit erfolgsversprechenden und an seinen Anlagehorizont orientierenden Instrumenten Maßnahmen zu treffen. Andererseits müssen die Auswirkungen der demographischen Entwicklungen in anderen wichtigen Finanzmärkten im Auge behalten und das Portfolio entsprechend ausgerichtet werden, um eventuell entstehende Unsicherheiten und Turbulenz abzufangen bzw. umgehen zu können.