Hilft eine Bankenunion?

"Ein neues buzzword macht die Runde: Die europäische Bankenunion", analysiert im folgenden Gastkommentar Dr. Martin Hüfner, volkswirtschaftlicher Berater der direktanlage.at: Economics | 20.06.2012 13:03 Uhr
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  • Zur neuen Architektur der Europäischen Währungsunion soll auch eine Bankenunion gehören.
  • Wenn sie richtig konstruiert wird, kann sie bei der nachhaltigen Stabilisierung der Kreditwirtschaft und der Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen helfen.
  • Sie löst aber nicht die akuten Probleme der Banken und schon gar ist sie keine Rettung des Euro.

Ein neues buzzword macht die Runde: Die europäische Bankenunion.

Es wurde vor ein paar Wochen in die Debatte geworfen. Die Bankenunion soll ein Baustein sein für die künftige Architektur in Europa, gleichgewichtig neben dem Fiskalpakt, der Fiskalunion und dem Wachstumspakt. Damit könne man, so die Hoffnung, die Probleme der Eurokrise endlich in den Griff bekommen. Auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs nächste Woche in Brüssel soll darüber diskutiert werden. Ist das der Stein der Weisen, der alles richten wird?

Um die Antwort gleich vorweg zu geben: Ich glaube es nicht. Auch wenn ich die Kritik an der Bankenunion, die in Deutschland derzeit Wellen schlägt, nicht teile.

Grundsätzlich ist eine Bankenunion eine vernünftige Sache. Sie bringt eine gemeinsame, von nationalen Interessen unabhängige Aufsicht, die für gesündere Strukturen im Bankensektor sorgt. Vor allem soll sie Missstände wie wir sie erst in Irland und jetzt in Spanien erlebt haben, rechtzeitig erkennen und so – hoffentlich – verhindern. Sie enthält eine gemeinsame Einlagensicherung, die für das Vertrauen der Menschen in ihre Bankguthaben sorgen soll. Verhältnisse wie jetzt in Griechenland, wo die Konten abgeräumt werden, sollen nicht mehr vorkommen. Schließlich beinhaltet sie einen gemeinsamen Fonds und einen Mechanismus für eine geordnete Abwicklung von Banken, die doch in Schwierigkeiten kommen. Damit soll ein Desaster wie bei der Lehman Pleite verhindert werden. Insgesamt ist das die Übertragung des Binnenmarkts auf den Finanzsektor. Dagegen kann niemand etwas haben.

Freilich muss man es richtig machen. Es darf nicht zu einer neuen teuren Umverteilungsaktion in Europa werden. Eine gemeinsame Einlagensicherung und ein Abwicklungsfonds für in Schwierigkeiten geratene Institute kosten viel Geld. Allein für den Abwicklungsfonds muss man ein Volumen von wenigstens 500 Mrd Euro veranschlagen. Das kann man nicht noch dem Steuerzahler oder Sparer aufbürden. Selbst wenn man sich auf eine neue Finanztransaktionssteuer einigen könnte und diese zur Finanzierung heranzöge, würden die Einnahmen daraus bei weitem nicht ausreichen. Zu denken ist allenfalls daran, die bisherigen nationalen Töpfe im Notfall miteinander zu verbinden, so dass sie sich gegenseitig aushelfen. Aber auch dann kann es sein, dass die Staaten mit Zuschüssen eintreten müssen. Die Bundesbank ist daher der Meinung, dass eine Bankenunion nur zusammen mit einer Fiskalunion kommen kann. All das kann man den Sparern freilich nur vermitteln, wenn es eine gemeinsame europäische, von allen akzeptierte Bankenaufsicht gibt.

Ich halte daher nichts davon, diese Aufgaben der bisherigen European Banking Authority (EBA) in London zu übertragen. Sie hat sich bei den Stresstests für die Banken im vorigen Jahr nicht mit Ruhm bekleckert. Ihre Kritik an den spanischen Banken (ein Jahr vor der Krise) lief ins Leere. Zudem ist sie für die gesamte EU zuständig und nicht nur für den Euroraum. Wir brauchen aber eine Institution nur für die Euroländer. Besser wäre es, die Aufsicht bei der EZB anzusiedeln. Sie ist als seriöse, der Stabilität verpflichtete Institution anerkannt und genießt Vertrauen. Auch in Deutschland liegt die Bankenaufsicht zum Teil bei der Bundesbank.

Wichtig ist auch, dass in die Bankenunion nur die sagen wir 30 größten Institute, die auch europäisch tätig sind, einbezogen werden. Eine Bankenunion ist nichts für die vielen kleinen und regional beschränkt operierenden Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Für sie sollte es in einem föderal organisierten Europa regional unterschiedliche Strukturen für Aufsicht, Einlagensicherung und Abwicklung von Instituten in Schwierigkeiten geben. Durch eine solche Regelung könnte man der Kritik an der Bankenunion viel Wind aus den Segeln nehmen. Ein Grenzfall sind die spanischen Sparkassen, die durch die krisenbedingten Fusionen zum Teil zu wirklich großen Instituten geworden sind.

Für die Beurteilung der Bankenunion aber am wichtigsten: Man sollte die Erwartungen nicht zu hoch hängen. Weder kann sie die akuten Probleme der Banken lösen noch ist sie die Rettung für den Euro.

Die Banken leiden derzeit an einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Probleme, die nichts mit der Bankenunion zu tun haben. Sie haben zum Teil noch zu viele faule Immobilienkredite in ihren Büchern. Sie müssen Kredite an Unternehmen abschreiben, die konjunkturell in Schwierigkeiten sind. Sie haben hohe Bestände an Staatsanleihen. Sie stehen darüber hinaus vor verschärften regulatorischen Anforderungen. Bei niedrigen Zinsen verdienen sie weniger. Es ist klar, dass all das nicht durch eine Bankenunion aufgefangen werden kann. Schon gar kann die unglückliche Symbiose von Staatsanleihen und Banken nicht aufgekündigt werden. Dazu müsste es weniger Staatsanleihen geben.

Die Bankenunion kann auch nicht die Grundprobleme der Währungsunion lösen. Sie bestehen – ich muss das immer wieder sagen – darin, dass die Währung und die Geldpolitik europäisch geworden sind, dass alles andere aber national geblieben ist, vor allem die Finanz- und Wirtschaftspolitik. Das passt nicht zusammen. So etwas hat in der Geschichte noch bei keiner Währungsunion funktioniert. Dazu braucht man aber mehr als eine Bankenunion. Man kommt um eine politische Union nicht herum.

Für den Anleger: Eine Bankenunion ist gut, um die Finanzwirtschaft in der Union stärker zusammenzuführen, sie stabiler zu machen und die Effizienz der Geldpolitik zu erhöhen. Sie löst aber weder die Eurokrise noch lässt sie die Probleme der Banken verschwinden. Selbst wenn der Europäische Rat grünes Licht für die Bankenunion gäbe, führt das daher noch nicht zu einer dauerhaften Beruhigung der Eurokrise. Halten Sie Ihr Pulver also noch trocken und investieren Sie nicht zu früh in ein Ende der Krise. Auch würde ich jetzt noch keine Bankaktien oder auch Bankanleihen kaufen. Die Banken haben noch viele Veränderungen vor sich und sie werden ihre Profitabilität noch nicht so schnell verbessern.

Dr. Martin HüfnerVolkswirtschaftlicher Beraterdirektanlage.at


 

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