Anton Brender, Chief Economist, Dexia Asset Management (10.10.2012): "The US economy just went through a soft patch: all its recent growth engines – exports and equipment investment – have stalled. We still believe that in the coming months growth will slightly reaccelerate: the improvement in the housing market as well as the stock market increases should help support household spending while increasing domestic demand in Emerging countries should progressively pull US exports and finally lead to a pick-up in firms investment. But this rebound will remain modest and leave the recovery very vulnerable. For this reason, whatever the result of the coming elections, fiscal tightening in 2013 will be much more moderate than presently legislated. Monetary policy remaining ultra-accommodative, this will allow growth to be somewhere around 2% next year also."
Dr. Andreas Höfert, Chefökonom UBS Wealth Management (15.10.2012): "In den vergangenen Monaten sind die Vereinigten Staaten durch eine Schwächephase gegangen, von der sie sich gemäß den jüngsten US- Statistiken allmählich erholen. Die Arbeitslosenquote ist im September zum ersten Mal seit über vier Jahren unter die 8%-Marke gefallen, was zwar positiv ist, aber eher auf erhebungstechnische als auf fundamentale Faktoren zurückgeführt werden kann. Erfreulicher sind die Daten aus dem Immobilienmarkt. Sie deuten nun allesamt darauf hin, dass dieser wichtige Sektor an Boden gefunden hat und in den kommenden Monaten wieder positiv zum Wachstum beitragen sollte. Nichtsdestotrotz es bleibt unser fundamentaler Glaube, dass das Potenzialwachstum der Vereinigten Staaten durch die Finanzkrise auf längere Zeit gestört worden ist. Die USA wachsen zurzeit mit lediglich 1-2% im Trend anstatt mit den über 3%, welche man im Durchschnitt zwischen 1980 und 2007 registrieren konnte. Dieser Glaube beruht auf ähnliche Entwicklungen, die nach den Finanzkrisen in Japan, in der Schweiz und in Skandinavien am Anfang der 1990er Jahre beobachtet werden konnten. Dort lastete die Entschuldung der privaten Haushalte, der privaten Unternehmen und der Finanzintermediäre für sehr lange Zeit auf dem Wachstum. In den Vereinigten Staaten werden in den kommenden Monaten einige Steuersenkungs- und Staatsausgabenprogramme entfallen, was, falls sie nicht weiter verlängert werden, einen negativen Fiskalimpuls von über 3% auf die Volkswirtschaft erzeugen könnte. Bei einer Wirtschaft, welche im Trend mit lediglich 2% wächst, bedeutet dies der Rückfall in die Rezession. Dieses Risiko wird unter dem Namen fiscal cliff (Fiskalische Klippe) in Amerika heftig diskutiert. Wir denken, dass die US-Politiker trotz großen Antagonismen zwischen Demokraten und Republikanern am Ende pragmatisch handeln werden. Unseres Erachtens sollte ein Kompromiss möglich sein, bei dem die öffentlichen Schulden in den USA in den kommenden zehn Jahren um 4000 Milliarden US-Dollar abgebaut werden. Ein solcher Plan würde im Jahr 2013 lediglich einen negativen Fiskalimpuls von 0.5-1% erzeugen. Die Vereinigten Staaten sollten somit im kommenden Jahr eine Wachstumsrate zwischen 1 und 2% aufweisen können."
Dr. Holger Sandte, Chefvolkswirt WestLB Mellon Asset Management KAG mbH (16.10.2012): "In den vergangenen Monaten war ein deutlicher Aufwärtstrend in der amerikanischen Wirtschaft zu erkennen: Der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe ist im September auf 51,5 geklettert, die Arbeitslosenquote ist auf 7,8% gesunken, das Verbrauchervertrauen hat über die vergangenen zwölf Monate stetig zugelegt. Zudem sieht der Dienstleistungsbereich robust aus, und die Bauwirtschaft erholt sich. Das spricht nicht gleich für 3% oder mehr Wirtschaftswachstum, aber es erhärtet das Szenario von erreichbaren 2% bis 2½% im Trend der nächsten Quartale. Zu viel sollte man von der Erholung des privaten Wohnungsbaus aber nicht erhoffen: Ein Sektor, der nur noch einen Anteil von 2,7% am realen BIP hat, kann eine Volkswirtschaft stützen, aber nicht großartig anschieben. Und wenn der Anteil doch wieder auf das Vorkrisenniveau von 6% steigen sollte, kann es nur an einer neuen Welle verantwortungsloser Kreditaufnahme und Kreditgewährung liegen. Diese Art von Wachstum kann auch keiner mehr wollen.
Mit einem von uns erwarteten Wirtschaftswachstum von 2,3% in diesem und 2% im kommenden Jahr übertreffen die USA den Durchschnitt der Industrieländer. Wichtig für die Entwicklung in den kommenden sechs bis zwölf Monaten wird sein, wie die amerikanische Politik nach den Präsidentschafts- und Kongresswahlen im November mit dem Damoklesschwert Fiscal Cliff umgehen wird. Denn der Umgang mit den zum Jahresende auslaufenden Steuervergünstigungen und den geplanten Ausgabenkürzungen in einem Gesamtvolumen von rund 670 Mrd US$ (4½% des BIP) stellt eine erhebliche Gefahr für die US-Wirtschaft, den Haushalt und somit das amerikanische Rating dar. Unter der Annahme, dass die USA das Fiscal Cliff umgehen und die Fiskalpolitik nur leicht gestrafft wird, dürfte sich die oben beschriebene Erholung fortsetzen – auch wenn das Problem des Haushaltsdefizits und der damit verbundenen enormen Staatsverschuldung noch lange nicht gelöst ist!"
Patrick Zweifel, Chief Economist, Pictet Asset Management (17.10.2012): "Der globale Entschuldungsprozess hat das Wachstumspotenzial der Volkswirtschaften in den Industrieländern innerhalb von zehn Jahren um 1 Prozentpunkt und jenes der USA von über 3% auf 2,3% reduziert. Wenn man die jüngste Dynamik betrachtet, dann ist das amerikanische Wachstumspotenzial nicht nur gesunken, sondern bewegt sich sogar unter dem genannten Wert. Wird die amerikanische Wirtschaftstätigkeit im nächsten Jahr noch weiter abnehmen und vielleicht sogar in die Rezession abgleiten oder ganz im Gegenteil Auftrieb erhalten? Wie immer werden die Prognosen durch zahlreiche Ungewissheiten erschwert, so auch in den nächsten 12 Monaten, die wirtschaftliche und politische Fragen aufwerfen: Welche Fiskalpolitik wird 2013 verfolgt? Welchen Effekt wird die dritte Runde der quantitativen Lockerung (QE) der Fed haben? Mit welchen externen Bedingungen müssen die USA rechnen: Zuspitzung oder Beruhigung der europäischen Krise?
Im zweiten Quartal liess das US-Wachstum bis auf 1,3% nach (von 2% zum Jahresbeginn*). Diese Verlangsamung erklärt sich vor allem durch Europas Vertrauenskrise, die dazu führte, dass die Angst vor dem Auseinanderbrechen des Euro im Frühling das Ausgabeverhalten der privaten Haushalte und der Unternehmen in den USA belastete. Die Versicherung von Mario Draghi im Sommer, alles zu tun, um den Euro zu retten, und die effektiven Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) am 6. September sowie der Fed eine Woche später stellten das amerikanische Vertrauen zumindest teilweise wieder her. Das Verbrauchervertrauen stieg auf ein 5-Jahres-Hoch** und das Vertrauen im verarbeitenden Gewerbe auf ein 4-Monats-Hoch***. Der Immobilienmarkt unterstützt diesen Vertrauenszuwachs und erholt sich weiterhin gut, während der Arbeitsmarkt einen Rückgang der Arbeitslosenquote auf 7,8% verzeichnete, die im August noch unverändert beim Niveau vom Jahresbeginn bei 8,1% gelegen hatte. Trotz der Verbesserung deuten diese Indikatoren weiterhin nur auf ein bescheidenes Wachstum von 1,5% bis 2% hin, und eine Bestätigung der Erholung in den kommenden Monaten und Quartalen ist notwendig. Eine kräftigere Aktivität dank besserer Stimmung ist umso unsicherer, als den Haushalten und Unternehmen in nur 2 Monaten möglicherweise eine grosse Veränderung des Fiskalrahmens bevorsteht.
Der Kongress wird Anfang 2013 mit der so genannten Fiscal Cliff konfrontiert, einer Kombination aus Steuererhöhungen und massiven Ausgabenkürzungen. Wenn diese Straffung der Fiskalpolitik eintreffen sollte, dann würde die Auswirkung auf das Wachstum über 3% betragen. Die US-Wirtschaft würde in eine Rezession abgleiten. Der Kongress wird auch über eine Erhöhung der Schuldenobergrenze abstimmen müssen, um zu vermeiden, dass es zu einem Zahlungsausfall des US-Finanzministeriums kommt, der noch verheerendere Folgen hätte als eine Rezession. Um die Fiscal Cliff zu vermeiden, müssen die amerikanischen Politiker Mittel finden, um den Bundeshaushalt auf einen nachhaltigen Weg zu bringen, ohne die aktuelle zerbrechliche Erholung zu unterbrechen. Die fiskalische Ungewissheit wird, mal ganz abgesehen von den Komplikationen in Verbindung mit dem Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den nächsten Monaten, eine anhaltende Verbesserung des Vertrauens bezüglich der Wirtschaft verhindern, so dass das Wachstum weiterhin bei den aktuellen Werten zwischen 1,5% und 2% liegen dürfte. Für das Jahr 2013 rechnen wir - auch wenn das Risiko der Fiscal Cliff weiter bestehen dürfte - mit einem Kompromiss bei der Straffung der Fiskalpolitik in Höhe von USD 280 Mrd., der sich mit 1,4% immer noch stark auf das Wachstum auswirken dürfte. Die amerikanische Wirtschaftstätigkeit wird unter einer restriktiven Fiskalpolitik leiden, die aber teilweise durch eine entgegenkommende Geldpolitik ausgeglichen werden dürfte.
Als Reaktion auf die Angst vor der fiscal cliff, aber ganz einfach auch, weil das Wachstum nicht kräftig genug ist, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren, hat die Fed am 13. September ihre Geldpolitik weiter gelockert, indem sie auf zwei unkonventionelle Massnahmen zurückgriff: den Kauf von langfristigen Wertpapieren und die Kommunikation der Leitzinserwartungen. Die Fed hat die Zeitspanne, in der sie eine Politik mit extrem niedrigen Zinsen verfolgen wird, bis mindestens Mitte 2015 ausgeweitet (vorher: Ende 2014). Der Kauf von Wertpapieren soll für MBS-Papiere im Wert von USD 40 Mrd. pro Monat gelten, mit der Neuerung, dass das Programm erst bei einer Verbesserung der Lage am Arbeitsmarkt beendet wird. Dabei sind zusätzliche Käufe und ein Zurückgreifen auf andere Massnahmen vorgesehen, falls es zu keiner deutlichen Verbesserung kommt. Anders ausgedrückt hat sich die Fed bei ihrer dritten quantitativen Lockerungsrunde für ein unbegrenztes Kaufprogramm entschieden, das auf eine Senkung der Arbeitslosenquote abzielt. Unseren Schätzungen zufolge dürfte sich die Arbeitslosenquote erst bei einem Jahreswachstum von über 2% - also deutlich über dem aktuellen Wachstum - langsam bessern. Die QE3-Massnahmen dürften sich jedoch mit weniger als einem halben Prozentpunkt auf die Wirtschaftstätigkeit auswirken. Es kann also damit gerechnet werden, dass das Quantitative Easing im Laufe des Jahres 2013 weitergehen und sogar wahrscheinlich noch verstärkt werden dürfte. Die QE-Massnahmen dürften vor allem ein Sinken der Hypothekarzinsen, zunehmendes Vertrauen der Haushalte und einen Anstieg der Kredite bewirken. Diesbezüglich ist der Rückgang der Hypothekarzinsen in den letzten 2 Septemberwochen um rund 20 Basispunkte auf 3,5% ein ermutigendes Signal. Die Wirkung hängt wie bereits erwähnt vom wirtschaftlichen Vertrauen ab, das von den inländischen und externen Bedingungen beeinflusst wird. Die Krise in Europa ist noch lange nicht vorbei. Auch wenn die EZB das Risiko eines Auseinanderbrechens des Euro weitgehend ausräumen konnte, wird die Ungewissheit in Bezug auf die Lösung der Krise auch weiterhin das Vertrauen der privaten Haushalte und Unternehmen in den USA belasten.
Das US-Wachstum sieht sich also noch kritischen Herausforderungen gegenüber und es dürfte mehrere Jahre dauern, bis eine komplette Erholung erreicht wird. In den kommenden 12 Monaten dürfte das Wachstum jedoch weiterhin bei rund 2% liegen, wobei das schwächste Wachstum aufgrund der maximalen Bremswirkung der Haushaltspolitik im ersten Quartal 2013 verzeichnet werden dürfte, gefolgt von einer Beschleunigung ab dem Frühling. Die Hoffnungen liegen auf einer Beschleunigung durch eine Zunahme des Vertrauens, während Gewissheit herrscht, dass die Makrorisiken und somit eine hohe Volatilität an den Märkten bestehen bleiben."
* im Vergleich zum Vorquartal, annualisiert
** 83,1 im Oktober von 78,3 im September gemäss Index der Universität von Michigan
*** ISM-Index stieg auf 51,5 nach 49,6 im August
Rudolf Besch, Volkswirt, DekaBank (17.10.2012): "Die US-Wirtschaft hat auch in diesem Jahr nicht vollständig überzeugen können. Nach einer durchaus guten Anfangsphase schwächte sich die Beschäftigungsdynamik in den Sommermonaten ab und die Arbeitslosenquote stagnierte. Weiterhin ist hierfür die Beseitigung von strukturellen Problemen im Bankensektor und im Immobilienmarkt verantwortlich. Zum Jahreswechsel droht mit den automatischen Ausgabenkürzungen des Staates sowie dem Auslaufen früherer Steuererleichterungen eine sehr deutliche Wachstumseintrübung. Nach den Präsidentschaftswahlen Anfang November dürfte sich politisch klären, wie diese fiskalischen Belastungen ausgestaltet sein werden. Sieht man von dieser zeitnahen Belastung ab, dann wird die US-Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf 2013 an Dynamik gewinnen. Verantwortlich hierfür ist neben einer extrem expansiven Geldpolitik der Wegfall der strukturellen Belastungen."
Adrien Pichoud, Ökonom der Banque SYZ & CO SA (17.10.2012): "The statistics published at the beginning of October might lead one to believe that the US Federal Reserve has a kind of “magic” influence. Following the gloom of recent months, several activity and confidence indices suddenly recovered in September, as if they were stimulated by the central bank’s third quantitative easing programme. They suggest that the risk of recession which may have developed during the summer has been ruled out for the time being and that the rate of GDP growth should continue to hover at around 2% per annum.
However, it has to be recognized that the outlook for activity in the United States next year is far from gratifying. The intrinsic growth dynamic of the US economy hardly allows one to hope - even in an optimistic scenario - for a significant acceleration compared with the 2% per annum that has characterized it since 2010. Moreover, 2013 will be characterized by a budgetary policy tightening of which only the extent has yet to be determined. While the extreme scenario of a total lack of agreement in Congress and the House of Representatives renders the hypothesis of a negative impact of 4.5% fairly unlikely - since this would certainly plunge the economy back into recession - it appears to be accepted that the beginning of a return to normal of public finances is likely to lop at least 1% off the US economy’s growth rate. Which is half of its current growth. Add to this the uncertainty caused by the November 6 election, and the caution observed among companies in recent months is very understandable. And it urges us to be cautious in interpreting the encouraging signals seen in September. At the beginning of this autumn more than ever, one swallow does not make a summer."
Dieter Guffens, Senior Economist bei KBC Asset Management in Brüssel (18.10.2012): "Die amerikanische Wirtschaft zeigte sich in den vergangenen Monaten überraschend robust, trotz der Unsicherheit ob die ablaufenden Steuersenkungen verlängert werden und die automatischen Ausgabenkürzungen im Januar 2013 in Kraft treten. Dennoch stieg im September das Unternehmensvertrauen im verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor. Auch die Arbeitslosenquote fiel im September relativ stark auf 7,8%. Das ist das niedrigste Niveau seit Januar 2009. Diese Entwicklung bestätigt den (langsam) fallenden Trend seit Anfang 2009. Sie wird zum Beispiel auch sichtbar in der Steigerung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit, die mittlerweile wieder ihr Niveau von vor der Großen Rezession erreicht hat. Die sinkende Arbeitslosigkeit hat inzwischen auch eine positive Auswirkung auf das Konsumentenvertrauen. Dieses nimmt wieder zu, wenn auch auf noch eher niedrigem Niveau. Die Stabilisierung des Konsumentenvertrauens sorgte auch dafür, dass das Wachstum der Konsumausgaben auffallend robust blieb, trotz der Unsicherheit über die zukünftige Steuerpolitik. Da diese Ausgaben ungefähr 70 Prozent des amerikanischen BIP ausmachen, erklärt dies die bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit des amerikanischen Wirtschaftswachstums. Der unvermeidbare Anfang der Haushaltskonsolidierung Anfang 2013 wird die Wachstumsrate zwar etwas dämpfen. Sie wird die weitere Wirtschaftserholung an sich jedoch aller Voraussicht nach nicht gefährden."
Mag. Gerold Permoser, CIO, Macquarie Investment Management Austria Kapitalanlage AG (18.10.2012): "Die US-Wirtschaft kam auch in den letzten Monaten nicht wirklich in die Gänge. Ein reales Wirtschaftswachstum von etwa 2% im Vergleich zum selben Quartal im Vorjahr ist weder ausreichend um die Arbeitslosigkeit substantiell zu verringern, noch die nationale Haushaltssituation entscheidend zu verbessern. Eine unter Volkswirten bekannte Daumen-Regel besagt, dass bei 1% realem Wachstum die Arbeitslosigkeit um ein Drittel Prozent sinkt. Die Beschäftigung wird daher voraussichtlich auch weiterhin keinen nennenswerten Impuls für die Wirtschaft bringen, insbesondere was den für die US-Wirtschaft so wichtigen Konsum betrifft.
Das vierte Quartal könnte zudem noch einmal negative Überraschungen bringen. Im Juli brachen etwa die Aufträge für langlebige Konsumgüter ein. Diese stellen einen Vertrauensindikator dar, da man nur investiert wenn man optimistisch in die Zukunft blickt. Typischerweise haben Aufträge eine 3- bis 6-monatige Vorlaufzeit zur Produktion. Der Einbruch dürfte sich daher in den kommenden Monaten bemerkbar machen. Aufgrund der schwachen Wirtschaftslage in anderen Regionen, hier ist vor allem Europa zu nennen, ist auch vom Exportsektor wenig zu erwarten.
Die Zentralbankpolitik wird über die nächsten 12 Monate ganz klar expansiv bleiben. Die Botschaft ist klar – solange die Arbeitslosigkeit hoch ist bleibt die Geldpolitik locker. Zu Jahresende ist auf jeden Fall mit einer Verlängerung von Operation Twist, oder einer anderen expansiven geldpolitischen Maßnahme zu rechnen. Dies vor allem auch um die drohende „Fiskale Klippe“ (fiscal cliff) zumindest monetär so weit wie möglich zu entschärfen.
Die Fiscal Cliff ist die mit Abstand schwärzeste Wolke am Himmel der US-Wirtschaft. Mit ca. USD 600 Mrd. an automatischen Steuererhöhungen bzw. Ausgabensenkungen läuft die US-Wirtschaft Gefahr einen „Fiskalischen Schock“ von 4% des GDP auffangen zu müssen. Sogar bei einer rechtzeitigen Einigung der US-Politik ist von einer klar kontraktiven Fiskalpolitik im kommenden Jahr und entsprechenden Auswirkungen auf Konsum und allgemeine Wirtschaftsaktivität, auszugehen. Ein reales Wirtschaftswachstum von über 2% scheint unter diesen Gesichtspunkten über die nächsten 12 Monate bzw. für 2013 schwer machbar. Gerade in Europa lernt man das derzeit auf die harte Tour: 4% seiner Wirtschaftleistung einzusparen ist kaum möglich, ohne seine Wirtschaft in eine tiefe Rezession zu stürzen. In Spanien und Italien konnte man das mit weit weniger ambitionierten Einsparungszielen schon nicht erreichen.
Positiv hervorzuheben ist zum einen der Unternehmenssektor, dessen Gewinnmargen sich derzeit, ungeachtet aller Interpretationen, auf einem historisch hohen Niveau befinden. Über die vergleichsweise hohen Körperschaftssteuern kommt dies auch dem US Haushalt zu Gute. Zum anderen dürfte sich der Häusermarkt inzwischen stabilisiert haben.
Zusammenfassend fällt das Bild für die kommenden 6-12 Monate höchst durchwachsen aus. Bei einer gelungenen Entschärfung der Fiskalklippe, sowie anderer günstiger Vorzeichen (unterstützender USD, stärker als erwartetes Wachstum im Ausland, etc.), dürfte ein leichter Rückgang der Arbeitslosigkeit möglich sein. Das Realwachstum wird kaum besser ausfallen als 2012, die Konsumentenpreis-Inflation wird entsprechend im Rahmen (bei etwa 2%) bleiben."
Stuart Thomson, Chief Market Economist, Ignis Asset Management (18.10.2012): "At the start of the year we believed that the US economy would initially carry forward the stronger momentum from the fourth quarter but that this momentum would fade in March leading to subdued economic activity over the second and third quarters before activity accelerated once again in the fourth and first quarters. This pattern owes a great deal to the seasonal adjustment pattern in key US economic variables since the Lehman’s crisis. However, while seasonal adjustment is designed to smooth out fluctuations over the year, it cannot transform bad economic trends into good data, faulty seasonal adjustment merely exaggerates existing trends. The slowdown in the second and third quarters reflected the rise in real interest rates over the winter, the lagged impact of higher commodities on real incomes and the slowdown in emerging economies. The acceleration over the next six months should reflect the lagged impact of the sharp fall in real interest rates and commodities over the summer as well as a temporary lull in destocking in emerging economies. This suggests that annualised growth in the US will once again reach 4% in the fourth quarter and that this momentum will continue into the new year as the winner of the Presidential election delays the fiscal cliff until spring. Higher real interest rates in response to stronger economic growth and the application of at least a portion of the fiscal cliff is expected to once again provide the underlying incentives for seasonals to slow the economy back down next summer."
Reinhold Knaus, Senior Economist & Portfoliomanager, BNP Paribas Investment Partners (19.10.2012): "Die USA bewegen sich mit mäßigem Wachstumstempo in Richtung des „fiscal cliffs“ (automatisch greifende massive Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen ohne Gesetzesänderungen). Unabhängig von der Konstellation nach den Präsidentschafts- und Kongresswahlen ist mit einer erneuten Verschiebung einer aggressiven Konsolidierung in die Zukunft zu rechnen. Entsprechend sollte die Fiskalpolitik 2013 zwar spürbar dämpfend wirken, aber keine Rezession zu Jahresbeginn auslösen. Positive Wachstumsimpulse gehen dagegen von den Investitionen der Unternehmen und nach jahrelangem Niedergang von einer Belebung der Wohnungsbauaktivitäten aus. Aber für kräftigen Schub und einen spürbar beschleunigten Beschäftigungsaufbau reicht dies kaum aus. Intern bremsen strukturelle Probleme der US-Wirtschaft und extern ein durch hohe globale Unsicherheiten (Entwicklung der Euroschuldenkrise, der Lage im Nahen Osten oder in China) geprägtes Umfeld. Wir erwarten, dass die US-Wirtschaft sich im historischen Kontext weiter auf einem bescheidenen Wachstumspfad mit Werten um die 2 % bewegen wird."
Gerhard Winzer, Chief Economist, Erste Sparinvest (19.10.2012): "Das reale BIP-Wachstum ist moderat, das Beschäftigungswachstum gering, die Arbeitslosigkeit ist hoch und sinkt nur langsam und die Inflation ist niedrig. Nach der Großen Rezession hat ein schmerzhafter Anpassungsprozess eingesetzt, der die gesamtwirtschaftliche Nachfrage dämpft und den tatsächlichen unter dem möglichen Output (negative Produktionslücke) hält. Das Leistungsbilanzdefizit in Prozent des BIP und die Schulden der Haushalte in Prozent des verfügbaren Einkommens sind immerhin deutlich gefallen und der private Immobilienmarkt weist bereits eine Bodenbildung auf. Aber die Neuverschuldung des Staates ist hoch und nur langsam fallend und die Staatsschuld in Prozent des BIP ist deutlich über 100, Tendenz weiter steigend. Die Geldpolitik steuert entgegen. Die Leitzinsen sind bereits bei null Prozent angelangt, die Fed hat Ankaufsprogramme für Staats- und Hypothekaranleihen initiiert und die Renditen von Staatsanleihen sind nur noch wenig von null entfernt. Neu ist die Ankündigung, dass das Quantitative Easing so lange andauern wird, bis es zu einer substanziellen Verbesserung am Arbeitsmarkt kommt. Einige Merkmale der US-Wirtschaft passen mithin in das Bild einer Liquiditätsfalle. Da der Staat und der externe Sektor für expansive wirtschaftliche Impulse ausfallen, bleibt nur noch Hoffnung, dass die Geldpolitik ausreichend ist, um langfristig ein höheres nominelles BIP-Wachstum zu erzeugen. Neben den externen Risiken (Euro, China) stehen im Inland vor allem zwei Risiken im Fokus. Erstens deuten einige Frühindikatoren auf eine signifikante Abschwächung der Unternehmensinvestitionen. Zweitens beträgt die Summe der automatischen Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen für den Jahresbeginn 2013 rund 4% des BIP. Wenn die politischen Parteien keine Einigung finden - hier hat auch der Ausgang der Wahlen Anfang November einen bestimmenden Einfluss - und damit ein Fiscal Cliff produzieren, würde das wahrscheinlich eine Rezession in den USA auslösen. Die Basisannahme ist, dass zwar ein Cliff vermieden wird, aber die Budgetkonsolidierung rund einen Prozentpunkt vom realen Wirtschaftswachstum abziehen wird (BIP-Wachstum zwischen 1% und 1,5% im nächsten Jahr)."
Dr. Thomas Liebi, Chief Economist, Swisscanto Asset Management Ltd. (19.10.2012): "Die wirtschaftliche Erholung in den USA verläuft weiterhin nur schleppend. Die Arbeitslosenquote ist in den vergangenen Monaten zwar gesunken, liegt aber immer noch deutlich über dem Vorkrisenniveau. Ein Grund zur Sorge ist zudem der weitere Rückgang der Erwerbsquote, wie man ihn seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat. Viele Menschen haben schlicht aufgegeben, nach einer neuen Stelle zu suchen. Neben der Abschwächung der Weltwirtschaft dürften auch die Anfang 2013 drohenden Steuererhöhungen beziehungsweise Ausgabenkürzungen die Investitionslaune der Unternehmen dämpfen. Viel versprechende Signale kommen weiterhin vom Immobilienmarkt, wo sich der zaghafte Aufwärtstrend bei Preisen und Baubeginnen fortgesetzt hat. Der Häusermarkt entwickelt sich langsam von einer Bürde zu einer Stütze für die US-Konjunktur. Wohlstandseffekte durch steigende Immobilienpreise und neue Arbeitsplätze wirken sich positiv auf das Konsumentenvertrauen und die Ausgabenfreudigkeit aus und können so der Binnenwirtschaft neuen Schwung geben."
Economics Forum: Investment Strategen und Ökonomen antworten
Auf monatlicher Basis stellt e-fundresearch.com eine aktuelle Frage mit Bezug zu volkswirtschaftlichen Zusammenhängen und Entwicklungen auf den Kapitalmärkten an eine Gruppe renommierter Ökonomen und Kapitalmarktstrategen. Die Antworten werden im ECONOMICS Channel dargestellt (seit Mai 2011).