In der vergangenen Woche vermieste der schwache Handel am Freitag einen positiven Wochenausklang des amerikanischen Aktienmarktes: Der Dow Jones verlor insgesamt 3,6 Prozent, der S&P-Index 2,1 Prozent und die Nasdaq 1,8 Prozent. Dow Jones und S&P tendierten dabei an oder nur leicht über ihren Juli-Tiefs. "Ausschlaggebend waren weniger die Konjunkturindikatoren - sie übertrafen sogar die Erwartungen - sondern eher die Gewinnrevisionen einzelner Unternehmen", berichtet Klaus Breil, ADIG-Fondsmanager der COMINVEST. Obwohl General Electric die Aussichten für das 3. Quartal bestätigte, schenkten die Analysten diesen Worten wenig Beachtung und stuften GE deutlich herunter. Starke Kursverluste waren die Folge. Der Tabakriese Philip Morris halbierte seine Jahreswachstumsprognose. Daraufhin brach die Aktie am Freitag um etwa elf Prozent ein. Lediglich der Autobauer General Motors ließ mit einem positiven Ausblick Hoffnungen aufkommen. Etwa die Hälfte der 880 von First Call analysierten Unternehmen haben in den vergangenen Wochen ihre Gewinne für das 3. Quartal nach unten revidiert und somit zur Verstimmung am Aktienmarkt beigetragen.
Folgende Konjunkturindikatoren sind erwähnenswert: Der Leading-Indicator vom Conference Board erfüllte die Erwartungen, das Konsumentenvertrauen der Universität Michigan lag leicht über der Prognose und die Auftragseingänge langlebiger Wirtschaftsgüter übertrafen die Erwartungen sogar deutlich. Dabei haben sich die Investitionsgüter (ohne Militärausgaben) zum dritten Mal in Folge positiv entwickelt. "Das lässt durchaus auf eine Belebung der Investitionsgüternachfrage im zweiten Halbjahr schliessen", meint Klaus Breil.
Überraschend war dagegen die Kurstendenz an den europäischen Märkten: Im Gegensatz zu den Vorwochen war sie in der vergangenen Woche per saldo positiv. Da sich die Schweiz (plus 3,6 Prozent) und Großbritannien (plus 2,1 Prozent) als "Nicht-EU-Märkte" deutlich positiv abgehoben haben, konnte Europa insgesamt mit knapp plus einem Prozent besser abschneiden, als die EU-Märkte. Letztere schlossen im Wochenvergleich mit nahezu unverändertem Kursniveau. Trotzdem war die mehrtägige, technisch überfällige Rallye an den europäischen Aktienmärkten Ausdruck einer gewissen Erleichtung darüber, dass der Ifo-Geschäftsklimaindex im deutschen Kernland zwar rückläufig war, aber der Rückgang deutlich moderater ausfiel, als allgemein erwartet. Auch Konjunkturdaten der USA, die auf eine leicht verschlechterte Auftragslage bei langlebigen Güter hindeuteten, blieben letztlich über den noch negativeren Erwartungen. Negative Zeichen setzte jedoch der deutsche Aktienmarkt: Der Wahlausgang sorgte in Verbindung mit der neu entflammten Steuerdebatte für einen Indexrückgang von fast fünf Prozent. Die nun schwächere Mehrheit der Regierung spricht nicht gerade für eine ausreichende Handlungsstärke. Die wird jedoch für die notwendigen Reformen dringend benötigt. Selbst der spanische Aktienmarkt, der unter den Ereignissen in Brasilien gelitten hat, konnte mit minus 2,3 Prozent eine bessere Kursentwicklung als der deutsche Aktienmarkt hinlegen. Am Ende der Woche gab es wieder eine "Rückbesinnung" auf die großen Einflußfaktoren: die schwelende Irak-Krise, die Unsicherheit über den weiteren Konjunkturverlauf sowie der steigende Ölpreis. "Der Preis für den Opec-Korb von Ölsorten (eine wichtige Steuerungsgröße für das Produktionsaufkommen der Opec-Länder) hat am vergangenen Mittwoch seit langem wieder 28 US-Dollar überschritten", berichtet Carsten Roemheld, Fondssprecher und Rohstoffexperte für ADIG-Fonds der COMINVEST. "Sollte er insgesamt mehr als 20 Tage über dieser Marke liegen, müßte die Opec-Produktion nach eigener Aussage erhöht werden, um einen weiteren Anstieg zu verhindern bzw. zu erschweren."
Die japanischen Aktienmärkte konnten nach einem kräftigen Plus in der Vorwoche mit einem Wochenindexrückgang von 0,7 Prozent erneut – wenn auch nur wenig – besser abschneiden als der Durchschnitt der Weltaktienmärkte. Bankaktien standen weiterhin positiv im Brennpunkt des Geschehens. Die geplante Sanierung der Kreditportolios und in diesem Zusammenhang die Bereitschaft der Bank von Japan, den Banken Kreuzbeteiligungen an Unternehmen abzukaufen, hat nach wie vor die Phantasie der Anleger in positiver Weise angeregt. Dagegen konnten Konjunkturdaten wie Außenhandelszahlen und Kaufhausumsätze per August dem Aktienmarkt keine wesentlichen Impulse geben.
Der Ausblick auf die Woche vom 30. September bis 4. Oktober 2002 (KW 40)
Auch in dieser Woche regiert die Angst vor unerwartet schlechten Konjunkturdaten. Grund: Die Zahlen aus den USA - wie der ISM-Frühindikator und der Arbeitsmarktbericht - werden wohl auch für die europäischen Aktienmärkte eine Schlüsselrolle spielen. Noch in diesem Jahr mögliche Zinsimpulse der Fed werden über eine Stimmungsverbesserung an Wall Street auch in Europa begrüßt. Umso mehr, als sich die EZB noch nicht mit monetären Lockerungsschritten anfreunden kann. In den kommenden Wochen stehen zudem die Unternehmen im Fokus. In der kommenden Woche beginnt in den USA die Gewinnberichterstattung über das 3. Quartal. Noch zu Beginn des 3. Quartals wurde mit einem Indexanstieg des S&P 500 von bis zu 17 Prozent gerechnet. Als Folge der jüngsten Revisionen wird er jetzt jedoch nur noch auf etwa plus zehn Prozent prognostiziert. Aus technischer Sicht hat der S&P 500 sein Julitief (780/800) noch nicht unterschritten. Der hohe Pessimismus anhand der Put/Call-Ratio laesst eine kurzfristige Stabilisierung - oder wenigstens keinen stärkeren Rückschlag - vermuten. Diese Woche könnte spannend werden, weil die eher schwächer als erwartenden Konjunkturindikatoren auf den Markt zunächst noch belastend wirken. Zudem hat sich die Kriegsangst mit dem Irak mit der Folge eines höheren Ölpreises noch nicht entspannt.
In Japan geht Ende September für die meisten japanischen Unternehmen das erste Geschäftshalbjahr zu Ende. Der Schlüsselindikator Tankan bringt am Dienstag neue Erkenntnisse über die Stimmungslage der japanischen Unternehmen. Möglicherweise können auch die Bestrebungen der japanischen Elektronikindustrie, nämlich die in Japan noch bestehenden Produktionsaktivitäten für Halbleiter zu konzentrieren, in diesem Sektor zeitweise neue Impulse bringen. Insofern sind die Voraussetzungen für eine relativ günstigere Kursentwicklung in Japan durchaus gegeben.