Die "Altlasten" Chinas

"China steht aktuell vor der Herausforderung mit den Altlasten fertig zu werden und die Wachstumstreiber umzustellen. Das Kreditwachstum war in den vergangenen Jahren mehr als doppelt so groß wie das nominelle Wirtschaftswachstum...", so Gerhard Winzer, Chief Economist, ERSTE SPARINVEST, im Rahmen seines aktuellen Economics Forum Statements. Economics | 06.09.2013 01:50 Uhr
Gerhard Winzer, Chief Economist, ERSTE SPARINVEST
Gerhard Winzer, Chief Economist, ERSTE SPARINVEST
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Das reale Wirtschaftswachstum in China hat zwischen 1980 und 2012 in Durchschnitt knapp 10% betragen (nominell: 17%). Bereinigt um die Kaufkraftparitäten (PPP) beläuft sich der durchschnittliche jährliche Zuwachs auf bemerkenswerte 39%. Der damit verbundene Wohlstandsgewinn ist beträchtlich. Im selben Zeitraum ist das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner von 205 auf 6000 US-Dollar angewachsen, nach Kaufkraftparitäten sogar von 250 auf 9200 US-Dollar. Natürlich sind diese Wachstumsraten nicht nachhaltig. In einer Studie geht die OECD von einer Verlangsamung des Wachstums (real, PPP) auf 6,6% (zwischen 2011-2030) und dann später auf 2,3% (zwischen 2030-2060) aus.

China steht aktuell vor der Herausforderung mit den Altlasten fertig zu werden und die Wachstumstreiber umzustellen. Das Kreditwachstum war in den vergangenen Jahren mehr als doppelt so groß wie das nominelle Wirtschaftswachstum, die Verschuldungsquoten haben damit deutlich zugenommen und das Finanzsystem ist fragiler geworden. Im Immobiliensektor gibt es die Gefahr einer Blasenbildung, die (hohe) Investitionsquote liegt bei knapp unter 50% und der Wachstumsbeitrag pro einer Einheit Investition und Kredit hat drastisch abgenommen. Die Gefahr einer „harten“ Landung ist damit (nach wie vor) vorhanden. 

Die chinesische Führung hat das erkannt und eine langfristige Umstellung von einem investitionsgetriebenen auf ein konsumgetriebenes Wachstum angekündigt. Sie scheint es ernst zu meinen. Denn der Abschwächung des realen Wirtschaftswachstums im 1. Halbjahr (7,6% p.a.) wurde nicht mit einem Fiskalpaket begegnet und die chinesische Zentralbank versucht das Kreditwachstum abzuschwächen. Die Auswirkungen des Platzens einer Kreditblase kann China auffangen, das Rebalancing ist ungleich schwieriger. Immerhin ist der Servicesektor im 1. Halbjahr mit 8,3% p.a. stärker gewachsen als der Industriesektor (7,6% p.a.). Da der tertiäre Sektor pro Output mehr Arbeitseinsatz benötigt, kann die Wirtschaft geringer wachsen ohne dass die Arbeitslosigkeit zunimmt. Der wachsende Dienstleistungssektor ermöglicht es, das Wirtschaftswachstum auf breitere Beine zu stellen.

Eine „harte“ Landung in China würde wahrscheinlich eine globale Deflation auslösen (negativ für die meisten Assetklassen abgesehen von kreditsicheren Staatsanleihen). Das ist nicht unser Basisszenario. Eine „weiche“ Landung (ruppige Umstellung) wird „lediglich“ von Zeit zu Zeit für einen Anstieg der Volatilität auf den Finanzmärkten sorgen.

Gerhard Winzer

Chief Economist, ERSTE SPARINVEST


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