Problem noch nicht gelöst
"Die bisherigen Maßnahmen im Rahmen der Krisenbewältigung haben die fundamentalen Probleme in der Eurozone noch nicht gelöst", erklärt Prof. Werner im Rahmen eines Gesprächs in Wien. "Die BIP Ratios verschlechtern sich weiter und die Bankenprobleme sind auch bei Weitem nicht gelöst", stellt er weiter fest. Bankenunion, Eurobonds, Fiskalunion und Vereinigte Staaten von Europa sind Themen, die am Horizont auftauchen.
Kreditblasen in Europa als Ursache
Eine der Ursachen für die heutigen Probleme sieht Prof. Werner in der raschen und durchaus geplanten Erzeugung von Kreditblasen in Portugal, Irland und Griechenland ab 2004. Zum Großteil wurde die Geldmenge nicht für BIP-orientierte Kredite, sondern für Finanztransaktionen und das Interbanken-Geschäft geschaffen. Bei einem 6-10 fachen Volumen des nicht BIP-orientierten Geschäfts ist von Anfang an davon auszugehen, dass es Probleme gibt. "Diese Mechanik bleibt immer gleich", betont Prof. Werner.
"Echtes Geld" mache heute nur 3 Prozent der Geldmenge aus. 97 Prozent wird durch die Kreditschöpfung der Banken erzeugt, die dieses besondere Privileg in privater Hand haben. Wenn Banken zu viel Geld schöpfen können u. a. auch Immobilienblasen entstehen und die Preise auch wieder stark sinken, wenn die Kredite wieder stark eingeschränkt werden. Ein Übermaß an unproduktiven Konsumkrediten kann auch ein Risiko für Inflation darstellen.
Große Banken und große Kunden - kleine Banken und kleine Kunden
"Einer der Gründe, warum Deutschland so gut durch die Krise steuern konnte, ist auch die Tatsache, dass 70 Prozent der Banken kleine, unabhängige Institute sind. Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sind das Rückgrat. Sie versorgen kleinere und mittlere Unternehmen mit Krediten", stellt Prof. Werner fest.
Die EZB mit der geplanten, umfassenden Bankenaufsicht erinnert nach Einschätzung von Prof. Werner an die Wiederauferstehung der früheren Reichsbank, die sowohl mit der Deflation rundum 1880 als auch mit der Hyperinflation in den 20er Jahren und auch mit dem Aufstieg von Hitler in Verbindung stand.
Die Situation heute - schwache Kreditnachfrage
Aktuell ist die Kreditschöpfung in Europa negativ. Es war geradezu eine Implosion zu beobachten. Die Nachfrage nach Krediten ist schwach, die Staatsschulden / BIP sind hoch, die Defizite auch. Staaten haben grundsätzlich drei Optionen: Austritt aus der Eurozone, Staatsbankrott oder Wachstum. Die ersten beiden sind nach Ansicht von Prof. Werner politisch nicht sehr wahrscheinlich, Wachstum ist aber nicht einfach zu erzeugen.
In Spanien und Portugal ist die Kreditvergabe im Jahresvergleich um 14 Prozent zurückgegangen, ähnlich ist die Situation in anderen von der Krise massiv betroffenen Euro-Ländern, wie etwa Griechenland. In dieser Kreditverknappung sieht Prof. Richard A. Werner den Schlüssel zur Lösung der Schulden-, Banken- und Konjunkturkrise in der Eurozone und hat daraus eine Handlungsempfehlung für die Europäische Zentralbank entwickelt, die nicht nur unkompliziert ist, sondern auch keine weiteren Kosten verursacht.
Ausweitung der Nachfrage als Ausweg
Die Ausweitung der Nachfrage wäre eine positive Entwicklung - jedoch auch abhängig von der Finanzierung. Zum Großteil erfolgt dies durch die Ausgabe von Staatsanleihen. Prof. Werner schlägt eine aus seiner Sicht bessere Lösung vor.
Keine Staatsanleihen mehr?
Prof. Werner: "Staaten sollten eine gewisse Zeit lang keine Staatsanleihen mehr ausgeben und dafür Bankkredite im eigenen Land aufnehmen. Damit wären auf einem Schlag viele Probleme gelöst. In der gegenwärtigen Situation und in den kommenden 4-5 Jahren wäre das sehr sinnvoll. Der Markt für Staatsanleihen ist teuer. Der Kredit bei einer Bank im Land kann zur Prime Rate aufgenommen werden und muss auch nicht nach den Basel Richtlinien unterlegt werden. Die Geldmenge würde ansteigen - jedoch für BIP-orientierte Ausgaben."
Positiv für Anleihenmarkt
Bei dieser Vorgangsweise erwartet Prof. Werner auch positive Impulse für den Anleihenmarkt. "Die Renditen würden sinken, weil das Angebot geringer wird und die Kurse steigen werden", erläutert Prof. Werner, der diese Strategie "ENHANCED DEBT MANAGEMENT" nennt und davon ausgeht, dass dieses Konzept in der Zukunft noch stark diskutiert wird. Er ist auch davon überzeugt, dass sich dies umsetzen lässt.
Die Suche nach einer Lösung zur erfolgreichen Krisenbewältigung in Europa geht weiter und die folgenden Diskussionen bleiben sicherlich spannend.