Zehn Überraschungen des Jahres 2014

Eigentlich dürfte es im nächsten Jahr gar keine Überraschungen geben. Selten gab es einen Jahreswechsel, an dem sich die Analysten so einig waren über den weiteren Gang der Entwicklung. 2014 wird sich die Konjunktur erholen. Die Geldentwertung wird niedrig bleiben. Die Zinsen werden leicht ansteigen. Wo ist da noch Raum für Überraschungen? Economics | 29.12.2013 02:00 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Man könnte es aber auch umgedreht sehen. In einer Zeit relativer Sicherheit über die weitere Entwicklung sind Überraschungen besonders gefragt. Ich bekam diesmal wieder viele Nachfragen nach dieser Zusammenstellung von zehn Überraschungen – und wieder eine große Anzahl von Anregungen. Es waren so viele dass ich sie gar nicht alle verwenden konnte. Vielen Dank für die Hilfe.

Hier also wie in den vergangenen Jahren zehn Entwicklungen, die so niemand auf der Rechnung hat, die aber auch keiner ausschließen kann. Die einzelnen Szenarien sind keineswegs konsistent. Wie üblich sind es – Gott behüte – keine Prognosen.

Erstens: Je näher das Ende der Eurokrise rückt, umso mehr bildet sich eine Aufbruchsstimmung in den Peripherieländern. Das Wachstum im Euroraum beschleunigt sich auf real 3 %. Das ist mehr als in den USA. Das hat es bisher noch nicht gegeben. Es stärkt das Selbstbewusstsein der Europäer und macht die "alte Welt" in der "neuen Welt" wieder attraktiver.

Zweitens: In der Europäischen Zentralbank gibt es Streit (dessen Gründe niemand so richtig versteht). EZB-Präsident Draghi tritt in einem Eklat zurück. Nachfolger wird der deutsche Bundesbankpräsident Weidmann. Eine seiner ersten Amtshandlungen ist die Anhebung der Zinsen. Griechenland überlegt, ob es jetzt nicht doch endlich aus der Gemeinschaft austreten soll. Es wird aber von den guten Wachstumsaussichten zurückgehalten.

Drittens: In Frankreich saugt Präsident Hollande Zuversicht aus seinen Erfolgen bei den militärischen Interventionen in Afrika. Seine Zustimmungswerte in der Bevölkerung steigen unerwartet an. Er nutzt die Gunst der Stunde, erhöht das Rentenalter auf 70 Jahre und flexibilisiert den Arbeitsmarkt. Das stärkt sein Standing auch in der EU. Er verdrängt die deutsche Bundeskanzlerin Merkel als Krisen-Manager im Europäischen Rat.

Viertens: In Großbritannien stürzt Premierminister Cameron. Die Banken in der City setzen durch, dass das Land der Währungsunion beitritt und seine Währung Pfund aufgibt. Der Preis: Die Europäische Zentralbank muss von Frankfurt nach London umziehen. Prinz William verzichtet auf seine Ansprüche auf die Thronfolge und kandidiert als Präsident des Europäischen Rats. Die bayerische Staatsregierung macht eine Eingabe, dass Europa eine Monarchie wird. Die Menschen könnten sich dann eher mit dem Euro anfreunden.

Fünftens: In Deutschland kommt es zu einem Blackout, bei dem vier Millionen Haushalte ohne Strom sind. Um eine Wiederholung zu verhindern, beschließt die Bundeskanzlerin, die Energiewende rückgängig zu machen. Es gibt wieder Atomstrom. Sie gibt den beiden Versorgern E.ON und RWE die Schuld an dem Blackout. Beide Unternehmen sollen wegen "marktwidrigen" Verhaltens verstaatlicht werden.

Sechstens: Die Große Koalition in Deutschland stößt in der Öffentlichkeit immer mehr auf Ablehnung, weil sie keine Reformen wagt. Deutschland fällt beim Wachstum in der Währungsunion zurück und landet auf einem der letzten Plätze. SPD-Chef Sigmar Gabriel erkennt die Gefahren. Er zieht die Notbremse und schlägt gegen den Widerstand von Kirchen und Gewerkschaften vor, die Ladenöffnungszeiten in Deutschland auch auf Sonntage zu erweitern. Das soll den Konsum ankurbeln. Die Bundeskanzlerin drängt, dass Gabriel aus dem Kabinett entlassen wird.

Siebtens: In Russland kommt Präsident Putin bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Sein Nachfolger liberalisiert die Märkte und fördert die Wirtschaft. Russland soll unabhängiger werden von der Ölgewinnung und auch andere Produkte produzieren. Das Wirtschaftswachstum zieht an. Am Ende wird Russland einen Antrag auf Assoziierung bei der Europäischen Gemeinschaft stellen.

Achtens: Der Ölpreis (derzeit 110 Dollar je Barrel) sinkt wegen des zusätzlichen Angebots der Amerikaner und des Iran. Der Verbraucherpreisindex in Europa geht zurück. Es kommen Deflationsbefürchtungen auf. Die Staats- und Regierungschefs in Brüssel diskutieren die Idee, die Internetwährung Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel anzuerkennen, um die Liquidität auf den Märkten zu erhöhen.

Neuntens: Die EZB führt negative Zinsen auf Bankeinlagen ein. Die Kreditwirtschaft gibt dies an ihre Kunden weiter. Es kommt zu einem "Bank Run": Die Menschen stürmen in einem Maße in ihre Filialen, um Bargeld abzuheben, dass der Gesamtbestand an Münzen und Noten in Europa nicht mehr ausreicht. Die Banken verteilen Gutscheine, die einen Anspruch auf Bargeld verbriefen. Das wird eine Konkurrenz zum Euro.

Zehntens: Slowenien bittet den Rettungsschirm ESM um Hilfe. Die Finanzminister lehnen das Gesuch jedoch mit Hinweis auf die "No-Bailout- Klausel" ab. Es kommt zum ersten Staatsbankrott in der Gemeinschaft. Alle sind überrascht, dass die Währungsunion trotzdem nicht Schaden nimmt. Im Gegenteil: Ausländische Investoren legen noch mehr Geld in Europa an. Andererseits denkt mancher, ob es nicht auch anderswo Schuldenschnitte geben könnte.

Dies ist der letzte Hüfners Wochenkommentar in diesem Jahr. Ich bedanke mich herzlich für viele interessante Kommentare, die Sie mir geschrieben haben. Für mich war es eine Überraschung, dass die Zahl der Leser im letzten Jahr noch einmal gestiegen ist.

Dr. Martin Hüfner
Volkswirtschaftlicher Berater
direktanlage.at 
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